Das Gespräch mit Julian war lang und Tränenreich. Wie sich im nachhinein herausstellte, auch längst überfällig. Unterdrückte Gefühle und Emotionen, anklagende Worte und Entschuldigungen. Es lag ein Gewitter in der Luft und der Sturm fegte über uns hinweg. Wir sprachen uns aus, legten alle Karten auf den Tisch. Ich erzählte ihm von Vegas, ließ aber die Tatsache, dass ich jetzt ein verheirateter Mann war, außen vor. Lediglich den Seitensprung gestand ich ihm und der Sturm wuchs zu seiner vollen Größe an. Denn offiziell waren wir noch nicht getrennt.
Der Vertrauensbruch von Julian wiegt schwer. Er fällte eine Entscheidung ohne mit mir darüber zu sprechen. Denn er wusste genau, dass ich dem niemals zugestimmt hätte. So aber, stellte er mich vor vollendete Tatsachen und hoffte, dass ich einknicke. Aber dem war nicht so. Mittlerweile ist ihm sein Fehler bewusst, aber mein Seitensprung mit Alec ist nicht zu verzeihen. Auf dem Weg in mein Zuhause dachte ich an Julian und daran, wie es mit uns weiter gehen soll. Wollte ich das es weiter geht? Das er der Mann an meiner Seite ist?
Die Entscheidung traf ich nicht unbedacht oder aus dem Bauch heraus. Ich traf sie aus tiefstem Herzen. Bevor ich mich Julian und der Wahrheit stellte, sprach ich lange mit Raphael und Andrew. Eine Aussage von Andrew machte mich nachdenklich.
"Irgend etwas musst du in Alec gesehen haben, dass du ihn heiraten wolltest." Eine Antwort hatte ich nicht. Aber ich dachte darüber nach. Alec ist so anders als Julian. Zumindest optisch. Julian ist kleiner als ich, er hat braune Augen und braune Haare. Er trägt immer eine Jeans und ein Poloshirt. In den ganzen sechs Jahren die ich ihn kenne, habe ich ihn nicht einmal in Jogginghose und T-Shirt gesehen.Alec dagegen ist groß, muskulös. Er hat rabenschwarze Haare und strahlend blaue Augen. Seine helle Haut ist das komplette Gegenteil zu Julian. Sein Hautton ist von Natur aus dunkler.
"Kannst du dir eine Zukunft mit Julian vorstellen?" fragte Andrew und mein Herz übernahm. "Nein. Nicht mehr. Nicht so." antwortete ich ehrlich. Und genauso sagte ich das auch Julian. Das ich einfach keine Zukunft mehr für uns sah. Ich gab ihm eine Woche Zeit um seine Sachen aus meinem Haus zu holen. Wir waren nie offiziell zusammen gezogen. Seine Wohnung behielt er und gerade jetzt war ich nie glücklicher darüber.Denn ich setzte Julian nicht einfach auf die Straße, ohne das dieser wußte wo er die Nacht verbringen sollte. Er konnte in seine eigenen vier Wände zurück kehren. Alles andere hätte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können. Aber ich wollte ihn auch nicht länger in meinem Haus.
Ungeduldig warte ich vor dem Gerichtsgebäude auf Ragnor. Heute ist der Tag unserer Scheidung. Oder eigentlich, der Tag der Annullierung unserer in Las Vegas geschlossenen Ehe. Alec hat sich nicht mehr gemeldet. Und ich mich nicht bei ihm. Wozu auch? Wir haben nichts miteinander zu besprechen. Das regeln alles unsere Anwälte. Ich will so schnell wie möglich diesen Termin hinter mich bringen. Und danach geht jeder seiner Wege.
"Hallo Magnus." ertönt eine Stimme hinter mir und die Härchen an den Armen stellen sich augenblicklich auf. Ich bin mir nicht sicher, ob es erlaubt ist wenn wir miteinander sprechen. Aber ich wüsste auch keinen Grund der dagegen spricht.
"Hallo Alec." sage ich gespielt fröhlich und drehe mich schwungvoll um. Dabei gerate ich etwas ins Straucheln und pralle mit meinem Oberkörper gegen seinen. Auch unsere Köpfe haben ein Treffen und beide verziehen wir schmerzhaft das Gesicht.
"Alles okay?" fragt er besorgt und ein Bild schiebt sich in meine Gedanken.Alec der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf hält und ich der beruhigend über seinen Rücken streicht. War das eine Erinnerung? Das muss eine gewesen sein. Denn bis vor kurzem kannten wir uns nicht einmal.
"Ja." hauche ich. Seine strahlend blauen Augen mustern mich eindringlich. Ich habe das Gefühl, er möchte mir etwas sagen. Aber kein Wort verlässt seinen Mund. Er bleibt stumm."Da bist du ja Magnus. Wollen wir hinein gehen? Oh hallo. Sie sind Alec oder? Ragnor Fell." unterbricht dieser die Stille zwischen uns. Noch immer schaut Alec mich an und löst dann seinen Blick von mir.
"Alec Lightwood." sagt er und schüttelt die Hand welche Ragnor ihm entgegen streckt.
"Wir sehen uns im Verhandlungssaal. Kommst du Magnus?" Nickend folge ich Ragnor und blicke nicht zurück.
Es fühlt sich seltsam an wenn Erinnerungen zurück kehren. An eine Nacht, von der ich absolut nichts mehr weiß. Ein bißchen wie ein Deja-vu Erlebnis. Und auch dieses Wiedersehen mit Alec hat einen faden Beigeschmack.Mit jeder Stufe die ich erklimme, mit jedem Schritt den ich gehe, komme ich meiner Freiheit näher. Es ist das erste Mal, dass ich ein Gerichtsgebäude betrete. Und auch einen Gerichtssaal sehe ich das erste Mal von innen. Es ist so anders als im Fernsehen wenn man Filme anschaut, in denen der Protagonist wegen Mordes verurteilt wird. Oder ein Opfer Gerechtigkeit über das Urteil ihres Peinigers erhält. Der Raum ist kleiner als gedacht, die Holzvertäfelung der Wände wirkt erdrückend und der große Adler hinter dem Richterpult sieht streng auf uns herab. Genauso wie der Richter selbst.
Richter Garroway hat schon einige Richterjahre auf dem Buckel. Seine dunklen Augen wirken müde und die Haare sind schon leicht ergraut. Eine leichte Blässe liegt auf seiner Haut und er klingt sehr erschöpft.
"Mr Lightwood. Sie erinnern sich also an rein gar nichts?" fragt er mich zum wiederholten Male.
"Nein. Nur an Elvis." antworte ich und seine Augen formen sich zu schmalen Schlitzen.
"Aber das Video vom Anwalt ihres Mannes ist eindeutig. Sie haben beide ja gesagt. Klar und deutlich." sagt er."Ach wirklich? Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich nie heiraten wollte. Nüchtern hätte ich Mr Lightwood sicher angesprochen und in mein Bett gezogen. Oh ganz sicher sogar. Aber heiraten? Niemals." sage ich aufgebracht. Meine Stimme wurde immer lauter und das ich aufgestanden bin und mich mit den Händen auf der Tischplatte abstütze, bekomme ich nur am Rande mit. Ich blicke zu Alec und funkele ihn wütend an. Das ganze Theater hier dauert schon viel zu lange.
"Niemals würde ich heiraten." presse ich hervor. Pure Traurigkeit liegt auf Alecs Gesicht, seine Augen glitzern verdächtig und ich wundere mich, warum er so aussieht, als wäre das hier der schlimmste Tag seines Lebens.
"Setzen Sie sich Mr Lightwood. Und zügeln Sie ihre Zunge." sagt Richter Garroway in scharfem Ton.
"Ich verkünde nun das Urteil. Eine in Las Vegas geschlossene Ehe ist rechtsgültig. Sie beide haben nicht innerhalb von vierundzwanzig Stunden dagegen widersprochen. Laut Videobeweis haben Sie beide Ja zueinander gesagt. Und wenn Sie mich nach meiner persönlichen Meinung fragen, dann sehen Sie alles andere als unglücklich aus. Im Gegenteil. Sie sehen sehr verliebt und geradezu heiß aufeinander aus."Das mag ja alles sein. Aber kann er nicht zum wichtigen Punkt kommen? Seufzend verschränke ich die Arme vor der Brust und warte auf die erlösenden Worte.
"Und daher habe ich beschlossen, diese Ehe für gültig zu erklären. Auf Probe für zwölf Monate. Nach Ablauf dieser Frist können Sie entscheiden, ob Sie eine Trennung wollen oder nicht."
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What happened in Vegas - Plötzlich verheiratet
FanfictionPart I (abgeschlossen) - Zögerlich wende ich meinen Kopf und blicke auf die andere Hälfte des Bettes. Gebannt starre ich auf den Rücken eines Mannes mit schwarzen Haaren. Das Bild von Elvis flitzt durch meine Gedanken und ich schlucke trocken. Was i...