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"Alec. Sag es mir." fordere ich laut.
"Was willst du hören? Dass ich mich erinnere? Dass ich weiß was passiert ist? Fuck Magnus was bringt dir das?" antwortet Alec ebenso laut und ich habe kurz das Gefühl mich verhört zu haben. Aber dem ist nicht so. Er hat es gesagt. Alec erinnert sich. In meinem Kopf dreht sich alles und ich blinzele ein paar Mal um die dunklen Flecken vor meinen Augen zu vertreiben. Ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen und überlege einen Moment, bevor ich antworte.
"Klarheit. Ist das so schwer zu verstehen?" schreie ich meinem Ehemann entgegen und sehe wie seine Augen lodern. Meine Selbstbeherrschung sitzt schon lange in einem Boot. Nun treibt es auf das offene Meer zu und eine unendliche Leere erfasst mich. Ich frage mich, wie lange er es schon weiß.

"Warum? Um deine Entscheidung zu bereuen? So wie du es immer tust?" fragt er und meine gesamte unterdrückte Wut und die Enttäuschung über seine Tat bricht sich Bahn.
"Bereuen? Das Einzige was ich bereue, ist dir mein Vertrauen geschenkt zu haben. Mich dir zu öffnen und in mein Leben zu lassen, das war ein Fehler. Es fiel mir so unglaublich schwer und ich habe viel gezweifelt. Wenn du es wissen willst, das bereue ich. Denn du hattest nichts Besseres zu tun, als über meinen Kopf hinweg zu entscheiden, ob ich meinen Vater sehen sollte oder nicht." spucke ich ihm zornig vor die Füße.

Meine Atmung geht schnell und ich zittere am ganzen Körper. Ich bin so unglaublich wütend. Aber die Enttäuschung überwiegt. Langsamen Schrittes entferne ich mich von Alec. Die Distanz zwischen uns soll so groß wie nur eben möglich sein. Doch Alec folgt mir mit jedem Schritt den ich mich rückwärts bewege. Dabei blicken wir uns stumm in die Augen und ich schaffe es nur unter Aufbietung meiner letzten Kräfte, seinem durchdringenden Blick Stand zu halten. Ich schüttele meinen Kopf und balle die Hände zu Fäusten. Die Nägel drücken sich schmerzhaft in die Haut. Bis ich einen Widerstand hinter mir spüre und meine Fersen gegen das Sofa prallen. Ich bin gefangen und komme nicht mehr weiter. Die Couch im Rücken und meinen Mann direkt vor mir. Der Geruch seines Shampoos schlägt mir entgegen. Ich öffne meinen Mund, nur ein wenig, aber auch das hilft nicht. Meer und Salz kitzeln meine empfindlichen Geschmacksknospen. Es gibt kein Entrinnen. Halt suchend kralle ich mich in die Oberkante der Rückenlehne. Mein letzter Anker in dieser beschissenen Situation.

"Du musst die Vergangenheit hinter dir lassen. Ansonsten kommst du nie zur Ruhe." Jegliches Gefühl für Raum und Zeit ist mir abhanden gekommen. Seine Worte sollen mich beruhigen. Stattdessen hallen sie wie ein Mantra in meinem Kopf wider und mir ist so unglaublich übel. Heiße Wut mischt sich mit Schmerz und ich drohe den Boden unter den Füßen zu verlieren. Es ist alles zu viel. Die Begegnung mit meinem Vater. Erinnerungen an die letzten qualvollen Stunden meiner geliebten Mutter. Alec, der wie ein Hurrikan in mein Leben trat und alles auf den Kopf stellte woran ich bis dahin glaubte.

"Du wirst immer leiden. Und ich auch." flüstert er und streicht mit seinem Daumen über meine Wange. Feuchte breitet sich aus. Gefangen in meinem Karussell aus Gedanken und Emotionen an eine wie ich glaubte abgeschlossene Zeit, fanden Tränen ihren Raum und nun bemerke ich sie auch. Meine Augen brennen und der Hals ist wie zugeschnürt. Ich fühle mich seltsam erschöpft und möchte einfach meine Ruhe. Alecs Daumen weicht, stattdessen legt sich eine große starke Hand auf meine Wange. Die Wärme seiner Haut brennt wie Feuer und immer mehr Tränen zerplatzen auf der sonst so beschützenden Hand. Aber gerade fühlt es sich falsch an.

"Fass mich nicht an." presse ich zornig hervor. Alecs Daumen streichelt über meinen Wangenknochen, ich schließe kurz die Augen und atme tief durch. Ich ertrage seine Berührung nicht. Seine Nähe nimmt mir die Luft zum Atmen.
"Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen." Lauter, bestimmter. Ein kleiner Hauch einer Regung im Gesicht von Alec. Aber es ist so schnell weg, wie es kam.
"Hör auf." sage ich mit fester Stimme und greife nach seinem Handgelenk. Überrascht schaut er mich an und ehe ich mich versehe, geschieht das, was ich niemals wollte.

"Ich wünschte, du könntest endlich sehen wie viel du mir bedeutest. Dass ich es für uns getan habe." sagt Alec und ein Schalter legt sich in meinem Kopf um. Eine Welle berauschendes und vor allem betäubendes Adrenalin durchflutet meinen Körper. Mein Herz pumpt wild heißes Blut durch meine Adern und vermischt beide Substanzen miteinander. Dieser Cocktail in meinen Venen lässt auch den letzten Rest rationalen Denkens verschwinden und noch bevor Alec seinen Satz ausgesprochen hat, landet meine flache Hand in seinem Gesicht.
"Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen." schreie ich ihm entgegen und sehe das Entsetzen in seinen geweiteten Augen. Ein dunkler Schatten legt sich auf das strahlende Blau.

"Du hast keine Ahnung. Es ist dir egal wie es mir dabei geht." schreie ich und meine Fäuste treffen hart auf seine breite Brust. Meine Fingerknöchel schmerzen, aber das nehme ich kaum wahr. Alec taumelt, zu groß ist die Überraschung über mein unerwartetes Handeln. Der Ausbruch meiner Gefühle ist längst überfällig. War ich meinem Vater gegenüber noch beherrscht, so bekommt Alec meine gesamte Wut und Frustration zu spüren. Wie in Trance schwebt mein Körper über die alten Holzdielen. Es fühlt sich an, als hätte ich meinen Leib verlassen und würde als durchscheinende Hülle nebenher schweben. Ich bin Täter und Beobachter in einer Person. Nun bin ich derjenige, der Alec mit seinen Schritten verfolgt. Abwehrend hebt er die Hände und ich funkele ihn aus vor Wut lodernden Augen an.

"Warum hast du es mir nicht gesagt? Ich habe dich so oft danach gefragt. Du hast mich angelogen. Immer wieder. Nur die Wahrheit. Mehr wollte ich nicht. Du bist ein Lügner Alec Lightwood. Ein feiger Lügner. Du hast es nicht verdient, dass ich dir zuhöre. Du hast dich in mein Herz gestohlen um es dann zu brechen." schreie ich und mit jedem Wort aus meinem Mund prügele ich auf seine Brust und seine Arme ein. Er lässt es geschehen, senkt seine Hände und die Arme. Alec lässt zu, dass meine Fäuste unaufhörlich auf seinen Körper prallen und die Stille um uns herum durch das dumpfe Geräusch meiner Schläge durchbrochen wird. Ein Trommelfeuer aus Wut und Frustration. Alec atmet schwer, steht einfach nur da und rührt sich nicht.

"Hör auf." sagt er bestimmend. Das Trommelfeuer verstummt. Alecs Augen füllen sich mit Tränen und ich frage mich, warum er jetzt derjenige ist der heult.
"Bitte hör auf Magnus. Du machst mir Angst." sagt er und ich lache höhnisch.
"Ich? Dir? Dem großen Alec Lightwood der immer die Kontrolle hat und glaubt über mich bestimmen zu können? Ich habe dir vertraut. Und du..." Mein Finger bohrt sich fest in seine Brust.
"... hast mich..." Jedes Wort ein Stich in seine bebende Brust. Alec sieht mich unsicher an und weicht zurück. Ich folge ihm, schaue ihm fest in die Augen, welche jeglichen Glanz verloren haben.
"... belogen. Ich hasse dich." Alec prallt mit den Beinen an das kleine Tischchen in der Nähe des großen Fensters. Hinter ihm tanzen dicke Flocken ihren Reigen und das Klirren eines zu Boden fallenden Glases zerreißt die erdrückende Stille um uns herum.

Ein Schlag mit der flachen Hand auf seine Brust und ich sehe, wie Alec erstarrt. Seine Augen liegen dunkel und matt in den Höhlen. Seine Haut ist schlagartig blasser geworden als sie sowieso schon ist. Meine Hand ruht an der Stelle seiner Brust, hinter der das Herz unnatürlich schnell schlägt. Kräftig und schnell wie das Trommelfeuer meiner vorangegangenen Schläge. Ich spüre jeden Schlag unter meinen Fingerspitzen und sehe das Zittern seines Körpers. Die Muskeln angespannt und der Blick leer. Das Hämmern von Alecs Herzen nimmt immer mehr zu und seine Atmung geht unnatürlich schnell. Heißer Atem trifft mich und Alecs Worte jagen mir eine Gänsehaut über den Körper.
"Du erinnerst mich an Victor." sagt Alec tonlos und ich verstehe.

What happened in Vegas - Plötzlich verheiratetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt