12💒

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In einem Zug leere ich mein Glas. Das würzige Aroma des Whiskey kitzelt auf meiner Zunge, breitet sich aus über den Gaumen und die Kehle, sucht sich einen Weg über die Speiseröhre. Brennend heiß, explodierende Geschmacksknospen, der Geschmack von Vanille und Zimt breitet sich aus und die Weichheit der Röstaromen, scharfer Pfeffer und süße Mandel erzeugen eine wohlige Wärme. Lasziv lasse ich meine Zunge über die Lippen gleiten, schmecke wieder Vanille und Zimt. Ein Brummen aus den tiefen meiner Kehle und Alec sieht mich aus dunklen Augen an. Die Kiefer fest aufeinander gepresst und die Zähne knirschend liefern wir uns ein Blickduell.

Ein Blitzen in Alecs Augen, ein lautstarkes Räuspern seinerseits und der Moment ist vorbei. Er katapultiert mich zurück auf die hölzerne Sitzfläche des Stuhls auf dem ich sitze.
"Ich werde bei dir einziehen. Aber wir sollten über ein paar Dinge reden." sagt Alec. Seine Stimme klingt wieder sanft und verströmt dennoch einen Hauch von Resonanz und dem Ergeben unseres Schicksals.
"Worüber? Was möchtest du wissen?" frage ich leicht verwundert über den plötzlichen Wechsel seiner Gestik und Klangfarbe der Stimme. Von abwehrend zu akzeptierend.

"Wo werde ich schlafen?" Er kommt gleich zur Sache.
"In meinem Schlafzimmer."
"Und wo schläfst du?"
"Auf dem Sofa." Ich höre bereits das knacken meiner Knochen, fühle das dumpfe stechen in meinem Rücken wenn ich an die nächsten Nächte auf dem Sofa denke. Es muss eine andere Lösung her. Vielleicht doch das Büro?
"Warum überlässt du mir dein Schlafzimmer?" fragt Alec irritiert. Zu Recht. Denn so wie ich mich ihm gegenüber verhalten habe, hat er sicherlich nicht damit gerechnet. Ich bleibe ihm eine Antwort schuldig. Ich habe selber gerade keine.

"Ich zahle dir Miete. Sag mir wieviel und ich überweise es dir jeden Monat. Ich will dir nicht länger als nötig zur Last fallen." Energisch schüttele ich meinen Kopf.
"Das musst du nicht."
"Doch Magnus. Ich möchte das. Sag mir einfach was ich in deinem Haus darf und was nicht. Gibt es Zimmer die ich nicht betreten sollte? Gewohnheiten die dich an einem Partner stören?" Überrascht blinzele ich ein paar Mal und sortiere seine Worte.

"Mein Büro. Es ist voller Bücher. Das reinste Chaos. Ich brauche diesen Ort als Rückzugsmöglichkeit um ungestört arbeiten zu können. Daher solltest du dich tagsüber ruhig verhalten" Mein Heiligtum. Meine kleine geschützte Oase.
"Kein Problem. Ich gehe früh aus dem Haus und komme erst am Abend wieder. Du bist also frei von jeglicher Störung oder Ablenkung." antwortet er.
"Okay." sage ich zustimmend und wieder schweigen wir. Stille. Immer diese Stille zwischen uns. Und jede Menge unausgesprochene Dinge, viele Fragen und keine Antworten.

"Also doch eine WG." unterbricht Alec die Stille und ich verdrehe seufzend die Augen.
"Ja. Eine WG. Nun gut. Das ist jetzt so. Alec, ich bin auch nicht begeistert davon. Aber es ist unsere verordnete Auflage und dem müssen wir uns fügen. Ragnor hat mir gestern mehr als deutlich klar gemacht, dass ich mich dir gegenüber unmöglich verhalten habe. Dafür wollte ich mich entschuldigen." Ich mache eine kurze Pause und warte auf eine Reaktion von Alec. Nichts. Wieder ist das Buch geschlossen.

"Wir wohnen zusammen, bringen dieses Jahr hinter uns und danach geht jeder seiner Wege." beende ich meine kleine Rede und komplett unerwartet leert Alec das vor ihm stehende Glas in einem Zug. Er verzieht leicht angewidert das Gesicht. Dabei kräuselt sich seine Nase und er ringt nach Atem.
"Dein erster Whiskey?" frage ich amüsiert und Alec nickt.
"Ich trinke fast nie. Daher auch mein Absturz mit Totalverlust meines Gedächtnisses in Vegas." gibt er mir eine ehrliche Antwort. Wärme breitet sich in meinem Magen aus. Ich versuche die leicht angespannte Stimmung zwischen uns zu lockern.
"Naja. Es wäre doch auch etwas ungewöhnlich, wenn mein Ehemann mit seinen zarten einundzwanzig Jahren bereits Alkoholiker wäre."

Und schlagartig verwandelt sich die Wärme in meinem Magen zu einem eisigen Klumpen. Wie schafft es Alec mit einem einzigen Blick solch eine Reaktion bei mir hervor zu rufen? Das Funkeln in seinen Augen, welches er gerade noch inne hatte, ist einem eisigen Blitzen gewichen. Irgendetwas an meinen Worten hat ihn erzürnt. Seine Mimik zeigt es deutlich.

"Du hast keine Ahnung Magnus." sagt er leise, aber mit eiskalter Stimme. "Habe ich etwas falsches gesagt?" Das war nicht meine Absicht.
"Nein. Ja. Aber das konntest du nicht wissen."
"Erzählst du es mir?" frage ich vorsichtig, glaube aber die Antwort bereits zu kennen. Alec betrachtet seine Hände. Sie liegen auf der Tischplatte und der Daumen seiner rechten Hand streicht zart über eine feine Narbe auf dem Handrücken seiner linken Hand. Ich betrachte die Linie, sie ist leicht gebogen, hellrosa und etwas erhaben. Deutlich hebt sie sich von seiner hellen Haut ab. Eine bleibende Erinnerung.

In seinem Kopf läuft gerade ein Film ab und ich bin mir nicht sicher, ob ich den Titel kennen möchte. Denn Alec sieht traurig aus. Sehr traurig. Seine langen schwarzen Wimpern glitzern verdächtig, ich bin mir sicher, dass er weint.
Ich bin zwiegespalten. Soll ich ihn trösten? In Ruhe lassen? Soll ich etwas sagen? Lieber schweigen? Möchte er Trost über eine Berührung an der Schulter oder eine Umarmung? Lieber keinen Körperkontakt?

Alec nimmt mir die Entscheidung ab und nie war ich froher als in diesem Moment. Denn ich habe keine Ahnung, wie die passende Reaktion ausgesehen hätte.
Kurz wischt er sich mit den Händen über das Gesicht und ich sehe das Zittern seiner Hände deutlich. Er bettet die Hände in seinem Schoß und sieht mich an. Mit dem schiefen Lächeln das seinen Mundwinkel umspielt sieht er wahnsinnig jung und verschmitzt aus.

"Esgehtwieder." Viel zu schnell sind diese Worte gesprochen, ich kann sie kaum verstehen. Aber sie zeigen deutlich, dass Alec nicht weiter darüber reden möchte.
"Was hälst du davon, wenn wir noch ein paar Dinge besprechen. Und morgen holen wir die ersten Sachen von dir. Ich überlass dir die Hälfte meines Kleiderschrankes. Keine Ahnung wo ich meine Klamotten solange verstaue. Das zeigt sich dann." sage ich mit einem ehrlichen Lächeln und mit Freude sehe ich, dass die Anspannung die Alecs Körper noch soeben fest im Griff hatte, verschwunden ist.

"Ich denke, da kommen wir uns nicht in die Quere. So viele Klamotten besitze ich gar nicht." Zögerlich schiebt Alec seine Hand über den Tisch, ergreift die meine. Ich blicke auf unsere Hände, eine wohlige Wärme bereitet sich aus.
"Danke, Magnus." haucht Alec und streichelt liebevoll über meinen Handrücken. Diese Geste ist zuviel für mich. Zuviel Nähe. Zuviel Verwirrung. Ich räuspere mich und löse meine Hand aus seiner. Reflexartig beginne ich mit dem Ring an meinem Finger zu spielen und sehe Alecs Blick auf mir ruhen.
"Wofür?" frage ich.
"Dafür, dass du keine Szene machst oder versuchst das Urteil zu umgehen. Danke das du uns eine Chance gibst."

What happened in Vegas - Plötzlich verheiratetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt