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Einige Minuten waren bisher verstrichen, ohne dass jemand ein Wort gesagt hatte. Mittlerweile fühlte ich mich etwas unwohl in meiner Haut. Was, wenn sie gemeinsam dagegen entscheiden würden, Erin, Julie und mir nach Nirvana zu folgen? Dann war ich dafür verantwortlich, diese Familie und Beziehungen auseinander zu reißen! Mit dieser Bürde würde ich nicht so leicht fertig werden. Zu wissen, dass man der Grund dafür war, dass die besten Freundinnen ihre Gefährten verließen, hatte einen sehr bitteren Beigeschmack.

„Ich muss das erstmal alles verarbeiten, wenn ich ehrlich bin..." gestand Leon. Er hatte sich von der Wand gelöst lief um die Sitzgruppe herum auf mich zu. „Ich merke, dass es dich viel Überwindung gekostet hat und das zu offenbaren. Aber kannst du noch etwas auf eine finale Antwort warten?"

So aufrichtig kannte ich Leon bisher nicht. Diese rücksichtvolle Seite von ihm, hatte wohl etwas gebraucht um mit mir warm zu werden.

„Natürlich Leon." Antwortete ich.

Er schenkte mir ein kurzes Lächeln, dann wanderte sein Blick von mir zu Julie und Joschka. Er verharrte dort einen Moment und schien bei dem Anblick des Pärchens einem Gedanken nachzugehen. Schließlich wendete er sich den anderen zu.

„Leute, ich denke die Zeit ist vorbei, dass wir als Gruppe eine Entscheidung treffen. Manche von uns sind tiefer in diese Nirvana-Sache verwickelt, als andere. Ich möchte, dass sich jeder von euch Gedanken macht, wie ihr Handeln wollt und nicht, was das Beste für unsere Gruppe ist. Wir sind eine Familie und das werden wir auch immer bleiben, egal in welchen Ecken wir verteilt sind. Ich werde niemanden von euch für eure Entscheidung verurteilen. Seid bitte ehrlich zu euch selbst, okay?"

Nerv nickte bestätigend. Sein Blick war erst auf Horizon gerichtet und wanderte schließlich zu seinem Bruder. Ich war mir sicher, für ihn würde nur infrage kommen, gemeinsam in dieses Abenteuer zu gehen. Er war immerhin der jüngste der Gruppe und hatte die Hälfte seiner Lebzeit mit diesen Menschen verbracht. Mir war klar, dass diese Familie für ihn Sicherheit, Vertrauen und Geborgenheit bedeutete. Es würde ihm schwerfallen, genau dem Abschnitt seines Lebens den Rücken zuzuwenden.

„Wie wäre es, wenn wir heute Abend nochmal zusammen kommen und uns unsere Entscheidungen mitteilen? So hat jeder genügend Zeit, sich einen Kopf zu machen..."

„Gute Idee Klette." antwortete ihr Vanessa mit einem Nicken.

„Und wenn ihr noch etwas wissen, oder verstehen wollt, dann fragt uns." Julie deutete mit ihren Händen auf ihre Schwester und mich. "Ihr habt ein Anrecht darauf, so viel über Nirvana zu erfahren, wie ihr wissen müsst!"

„Alles klar." Klette stand eilig von ihrem Sitzplatz auf und warf ihre braunen Haare über die Schulter. Sie wirkte auf mich etwas angespannt und definitiv unruhig. „Wir sehen uns dann heute Abend."

Während sie sich schnellen Schrittes von uns entfernte, gab Maxi seinen kleinen Bruder einen sanften Stoß. Er warf ihm einen fragenden Blick zu. „Was ist denn mit ihr los?"

„Ich habe keine Ahnung..." antwortete Nerv verunsichert. Doch auch er stand, nachdem er einmal tief Luft geholt hatte, auf, um ihr zu folgen. „Aber ich werde es herausfinden. Bis dann Leute!"


Eine Stunde später hatte sich alle nach und nach verteilt. Ich blieb noch einen Moment bei den anderen sitzen, doch hielt es für am besten, ihnen etwas Freiraum zu geben. Nachdem Klette und Nerv im Wald verschwunden waren, hatten sich Erin und Raban erhoben und waren in eine andere Richtung gegangen. Sie wollte ihm unbedingt Zarah vorstellen und wahrscheinlich in Ruhe mit ihm über die Situation besprechen. Ich konnte es ihr nicht übel nehmen.

Seufzend entschloss auch ich mich dazu, auf Abstand zu gehen. Ich musste mich beschäftigen und etwas Ruhe in meine Gedanken bringen.

„Ich werde ein bisschen trainieren gehen. Bin am See, wenn mich jemand sucht." Mit diesen Worten verschwand ich hinter der Lagerhalle. Mit einem kurzen Abstecher zu meinem Bike, griff ich mir ein paar meiner Waffen. Erin hatte sie nach meiner Ankunft sorgfältig zurück in meine Satteltasche verstaut.

DWK - Zwischen Zwei WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt