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Shaunee

Es war noch früher Vormittag und sie waren höchstens zwei Stunden gefahren. Der Sonnenaufgang kündigte sich an und die ersten morgendlichen Sonnenstrahlen tasteten sich am Himmel vor. Ein sommerlicher Dunst lag über der Landschaft, der den Tau allmählich verschwinden ließ. Doch Shaunee begann in dieser idyllischen Umgebung langsam das Tempo zu drosseln, ehe sie ihre glühende Maschine gänzlich zum Stehen brachte.

Die Landschaft durch die sie seit einiger Zeit gefahren waren, glich den weiten Wiesen um das Hauptlager herum. Sie hatten die dichten Laubwälder hinter sich gelassen und fuhren in die weiten Steppen hinein. Mit Zarah war sie vor Wochen aus einer anderen Richtung gekommen. Die Vegetation wurde mit zunehmenden Kilometer karger, nur vereinzelt standen Bäumen und hohe Büsche beisammen. In der aufgehenden Sonne erwachten Blumen in den verschiedensten Farben, die der eintönigen Landschaft etwas Leben einhauchten. Doch Shaunee spürte den feuchten Dunst auf ihrer Haut plötzlich viel bewusster, was sie zum stoppen veranlasste. Das Summen und die Vibrationen um sie herum, waren der eindeutige Beweis dafür, dass die Macht der Elemente ab dieser Stelle kräftiger sind.
Sie waren da, das hier war die Grenzzone. Die erste vermeintliche  Hürde ihrer langen Reise.

Maxi und Marlon waren die beiden Ersten die neben Shaunee anhielten. Ihr Geprägter zog sich den Helm über den Kopf, wobei ihm eine Strähne verklebt in der Stirn hing. Am liebsten hätte sie sich zu ihm herüber gebeugt und sie ihm sanft weggestrichen. Stattdessen blickte sie sich nach ihren anderen Freunden um, die sie nun alle um sie herum versammelten.

Als letztes kam Julie auf Zarah an galoppiert, welche aufmerksam ihren Kopf in die Höhe riss. Die schwarzen Ohren der Stute stellten sich neugierig auf, als wäre sie gespannt, weswegen man angehalten hatte. Doch sobald Julie sie durch pariert hatte, schien der Gedanke schon verschwunden zu sein und sie beschnupperte bereits das saftige Gras zu ihren Füßen.

Die blonde Reiterin stellte sich vorsichtig im Sattel auf und verzog etwas gequält den Mund. Shaunee kannte das Gefühl einen neuen Sattel einzureiten nur zu gut. Mitleidig blickte sie zu Julie hinauf. Es würde noch ein paar Tage dauern, bis sich ihr Körper erneut daran gewöhnt hatte, stundenlang in einem Sattel zu sitzen. Die beiden Nymphen waren ihre Stute die letzten Jahre komplett ohne Zaumzeug und Sattel geritten. Dafür hatten sie kein Geld gehabt. Außerdem waren Erin und Julie ausgezeichnete Reiterinnen, sodass ein Sattel für sie nicht sonderlich wichtig zur Fortbewegung war.

Joschka, der neben Zarah gehalten hatte, kramte in seiner Tasche herum, bis er einen Apfel heraus zog. Der cleveren Stute war seine Bewegung natürlich nicht entgangen, weswegen sich ihr Kopf sofort dem dunkelhaarigen Mann zudrehte. Julie entlockte diese verfressene Reaktion ihres Pferdes ein Lachen.

„Ich habe ihn extra für dich eingepackt, hier..." Joschka hielt der Stute den Apfel entgegen, die sich das nicht zweimal sagen ließ. Genüsslich fraß sie aus seiner Hand, während ihr Joschka zufrieden den Hals klopfte.

„Warum halten wir?" unterbrach Raban unsere gemeinschaftliche Beobachtung. Er hatte ebenfalls seinen Helm abgezogen und fuhr sich mit der Hand durch die wilden braunen Locken.

„Wir sind an der Grenze unserer beider Welten angekommen. Zwar sind wir schon die ganze Zeit durch das Zwischenland gefahren, aber ab hier beginnt Nirvana ganz offiziell. Julie hat euch die Stelle gestern auf der Karte gezeigt. " Shaunee blickte von Raban zu Erin, welche ihr warm zulächelte. Die beiden Frauen stiegen von ihren Motorrädern herunter.

„Früher wurde es so gehandhabt, dass der König Wächter für die Grenzübergänge positioniert hat. Doch mit Jasons Machtergreifung hat sich einiges geändert. Die anderen drei Übergänge im Süden, Osten und Westen wurden von ihm zerstört." Fuhr sie ruhig fort, musste aber bei den letzten Wörtern aufsteigende Galle herunterschlucken.

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