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Shaunee verabschiedete sich mit einem Lächeln von den Priesterinnen des Lufttempels, sobald die Morgenmeditation von Soralin beendet wurde. Sie griff nach ihrem hellblauen Mantel und legte sich den wärmenden Stoff um die Schultern. Es war noch immer früh am Morgen, die meisten Menschen lagen jetzt noch unbekümmert in ihren Betten. Shaunee schob den Gedanken ihres weichen Bettes mit der kuscheligen Decke und Maxi schnell beiseite, während sie den Mantel um ihren Körper enger wickelte.

Sie blickte in den grauen Himmel. Die Sonne hatte erst vor wenigen Minuten den Horizont berührt und kämpfte sich nun mit aller Kraft durch den immer dichter werdenden Wolkenvorhang.
Wie ironisch, dachte sich Shaunee insgeheim. Sie schritt durch die stillen Tempelräume, das Wetter hat sich heute eindeutig meiner Stimmung angepasst.

Sie war bereits hellwach gewesen, bevor Louanna sie wie jeden Morgen durch ein zartes Klopfen an ihrer Tür zur Meditation weckte. Die innere Unruhe und Anspannung vom Vortag waren bereits zurückgekehrt, bevor sie überhaupt die Augen aufgeschlagen hatte. An Schlaf war seitdem für sie nicht mehr zu denken. Während Maxi weiterhin friedlich neben ihr schlummerte, versuchte sie grübelnd die Ursache für ihren inneren Zustand zu finden.

Es juckte sie in den Fingerspitzen, unter ihrer Haut. Ihr entging etwas wesentliches, doch sie hatte keinen blassen Schimmer was das sein könnte. Auch wenn die Meditation ihr geholfen hatte, die Anspannung zu lindern, war sie genervt von der Ungewissheit die zurückblieb. Sie hatte das Gefühl langsam verrückt zu werden.
Irritiert schüttelte sie den Kopf. So konnte es nicht weitergehen.

Eine plötzliche Gänsehaut breitete sich auf ihrem gesamten Körper aus. Shaunee harrte verwundert in ihrer Bewegung inne. Wohltuende Wärme schob sich ihre Blutbahnen entlang, ohne dass sie bewusst etwas dafür tat.

Shaunee musste ihren Blick nicht heben um zu wissen, wo sie gedankenversunken gelandet war. Es herrschte eine angenehme Stille in dem ansonsten leeren Raum. Vor ihr thronte die imposante Feuerschale, die sie schon bei ihrem ersten Besuch fasziniert und in den Bann gezogen hatte. Ihr Körper glänzte im Schein der Flammen, die heute weiß-bläulich leuchteten. Ruhe und Gewissheit begannen von ihr besitz zu ergreifen. Die Wogen an Sorge in ihrem Kopf glätteten sich, wie jedes Mal, wenn sie sich dem Feuer näherte. Dankbar genoss sie die Wärme der beruhigenden Wirkung der Flammen.

„Was mache ich hier bloß..." seufzte sie verwirrt.

Shaunee gab dem Drang zu Verweilen nach und setzte sich im Schneidersitz vor die Feuerschale.
Ein leises Tapsen in ihrem Rücken ließ sie hellhörig werden. Die Haut an ihrem Nacken begann zu kitzeln. Ihr Körper reagierte manches Mal schneller als ihr Verstand, wenn sich jemand an sie heran schlich. Sie hatte sich daran gewöhnt, dieser körperlichen Vorahnung zu trauen. Sie versuchte keine ruckartigen Bewegungen zu machen. Shaunee wollte ihre Gesellschaft nicht verschrecken oder gar reizen. Jedes Mal wenn er eine Pfote anhob, kratzten die scharfen Krallen über den Boden. Es hörte sich an wie ein leises Klimpern.

Plötzlich tauchte Kito's gigantischer Kopf direkt neben ihr auf. Der Tiger war ihr so nah, dass seinen feuchten Atem ihre Wange streifte. Mit einem tiefen, gleichmäßigen Knurren streckte er sich elegant neben ihr auf dem Boden aus. Selbstverständlich legte er seinen schweren Kopf auf ihrem Oberschenkel ab, als würde er es jeden Tag tun.

Shaunees Herz pochte stark gegen ihren Brustkorb. Sie hatte es hier immerhin mit einem wilden, ausgewachsenen Raubtier zu tun. Und im Gegensatz zu den Nymphen konnte sie nicht mit Tieren kommunizieren. Doch Kitos sanftes Schnurren, gepaart mit der Wirkung die die Flammen auf sie hatten beruhigte sie schnell.
Zögerlich hob sie ihre rechte Hand und bewegte sie langsam vor den wachsamen Augen ihres neuen Freundes, auf seine Stirn zu. Sie war überrascht wie weich sein kurzes Fell sich unter ihren Fingerspitzen anfühlte. Shaunee begann abwesend seinen Kopf zu kraulen.

DWK - Zwischen Zwei WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt