Ich wische über die dunklen Marmorplatten, als ich den blonden Jungen hinten in der Ecke bemerke. Seelenruhig sitzt er da, konzentriert ist er über das Buch gebeugt, das einen Einband hat, der mir verdächtig bekannt vorkommt.
Oliver Twist.
Meine Ausgabe.
Mein Ex.
Er ist fast am Ende des Buches angelangt, Tränen glitzern in seinen Augen. Eine von ihnen tropft auf die aufgeschlagene Seite, er wischt sich über die Wangen. Seufzend drehe ich mich weg und räume die Schränke auf.
Es ist kurz vor ein Uhr morgens, ich habe viele Gläser zu spülen. Gelangweilt, und Niall schon längst wieder verdrängt, widme ich mich der Arbeit, während ich hin und wieder an meinem Getränk nippe und die kühlen Schlucke prickelnd meine Kehle hinunterrinnen lasse.
Der Lärm der Bar dröhnt mir in den Ohren, Regen prasselt von draußen gegen die Fensterscheiben, viele Leute suchen hier zuflucht, bis sich das Unwetter gelegt hat.
Müde zähle ich das Trinkgeld, das ich heute erhalten habe und schenke noch ein paar letzte Getränke aus, dann löst Josh mich ab, meine Schicht ist zu Ende.
Ich mache mir nicht die Mühe mich umzuziehen, sondern werfe mir nur den Pulli über, den ich vorhin anhatte und zwenge mich in meine Jacke, dann gehe ich nach draußen. Kalte Luft schlägt mir entgegen und peitscht Regen in mein Gesicht.
Natürlich habe ich keinen Schirm dabei. Es dauert nicht lange, bis meine Klamotten durchnässt sind und ich bis auf die Knochen friere. Zitternd beschleunige ich meine Schritte und versuche nicht an die Kälte zu denken, sondern mir ein warmes Bad vorzustellen.
Als ich vor meiner Wohnungstür stehe krame ich verzweifelt nach meinen Schlüssel. Mit der Handytaschenlampe leuchte ich den Innenraum meiner Tasche ab, doch ich finde ihn einfach nicht. Klingeln bringt auch nichts, da Damien über das Wochenende zu einem Freund gefahren ist.
Mit dem Wissen, dass es keinerlei Wirkung haben wird rüttle ich an der Tür. Natürlich funktioniert es nicht und ich trete genervt dagegen. "Fuck.", murmle ich und reibe mir über die Oberarme. Ich muss ihn in der Bar liegen gelassen haben.
Ich will mich gerade auf den Weg zurück machen, als ich eine dunkle Silhouette im Regen wahrnehme. Sie kommt auf mich zu.
Meine Muskeln verkrampfen sich und meine Fingernägel drücken schmerzhaft in meine Handflächen, als ich meine Hände zu Fäusten balle.
Schnell gehe ich die Treppen hinunter und renne um die nächste Ecke. Dort bleibe ich stehen, versuche so leise zu atmen, wie möglich.
Schritte kommen näher, ich presse meinen zitternden Körper so stark gegen die Wand, dass es weh tut.
Die Person bleibt im Licht der Straßenlaterne stehen, auch sie ist komplett durchnässt.
"Caro, ich weiß, dass du hier irgendwo bist."
Erst in dem schwachen Licht sehe ich, wer das ist.
Ich trete aus dem Schatten.
"Niall.", sage ich schlicht und er zuckt erschocken zusammen.
Als er mich sieht leuchtet etwas in seinen Augen kurz auf. Er kommt auf mich zu, doch ich mache einen Schritt zurück.
"Ich versteh' schon, ich versteh' schon. Ich wollte dir nur etwas geben."
Er greift in die Innenseite seiner Jacke und zieht das Buch hervor. "Du hast es gelesen.", sage ich und nehme es vorsichtig entgegen. Der Einband ist zerfleddert, es sieht ziemlich mitgenommen aus. Ich schlage es auf.

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30 Minutes | Niall Horan
FanfictionNiall ist anders. Er hat geschafft, dass ich ihn liebe. Er hat 30 Minuten gebraucht, um mein Herz zu erobern und mir den Boden unter den Füßen weggerissen, als seine Freunde kamen und er zum Gegenteil dessen wurde, was ich an ihm wertschätzte. Es tu...