Nineteen | Trümmer | XIX

406 33 20
                                    

Wenn deine Freunde dich verraten...

Freunde, die du Jahre kanntest. Wenn sie deine ganze Existenz über's Feuer halten. An einem seidenen Faden. Wenn sie dich ansehen, als würden sie das richtige tun.

Wenn diese Person lange Zeit die einzige war, der du vertraut hast...

Wenn du dies erlebst, dann weißt du...

dass du gereift bist. In einem Maß, in dem selten jemand reift.

Noch mehr, wenn es ein Lebenspartner war...

...

PoV. Leo:

Verschwommen ziehen die nächsten Minuten an mir vorbei, als wäre ich nicht anwesend. Dauernd laufen Leute um mich herum und rufen meinen Namen, doch ich ignoriere sie. Als hätte ich verlernt, meine Stimme zu benutzen. Noch immer sitze ich an der Stelle, wo mich Jamies Messer festgehalten hat. Eben dieses halte jedoch jetzt ich in den Händen. Das Gefühl des kalten Silbers erinnert mich an den Blick von der Frau, die sich vor wenigen Minuten noch vor mir befand.

"Steh' auf, Leo!", höre ich Pia schreien. Doch ist ihre Stimme nur ein weiteres Flüstern eines gigantischen Sturms. Stumm sehe ich sie an. Wie sie in Zeitlupe gestikuliert. Ich nehme wahr, wie meine Eltern zu mir gelaufen kommen. Sie hocken sich vor mich hin, reden auf mich ein. Doch ich höre sie nicht durch das tosen des stummen Hurrikans. Meine Gedanken und die Realität werden Eins. Verzerrte Bilder von Silverstone und den Agenten wabern an mir vorbei. Dazwischen befinden sich die anderen. Pia, Mrs. Perkins, meine Eltern, Kenneth...

Scott...

Er steht etwas von mir entfernt bei Rick und Jason, welche sich grade erholen. Dabei liegt sein Blick auf mir. Seine smaragdgrünen Augen, welche sogar jetzt dieses gewisse Kribbeln auslösen. Auf einmal zeichnet sich ein minimales Lächeln auf seinen Lippen ab. Kurz meine ich, dass seine Augen mir etwas sagen wollen, dann nickt er leicht.

Und auf einmal läuft die Zeit weiter. Alle Eindrücke dringen wieder zu mir durch, alle Leitungen stehen wieder. Etwas verwirrt sehe ich mich um. Um mich herum herrschen immer noch Unruhen. Pia läuft auf und ab, Kenneth diskutiert mit Jason und Rick, während Scott jetzt abwesend zu Boden schaut. Perkins redet auf meine Eltern ein, welche immer noch vor mir hocken.

Sie reden auf mich ein, doch sind die Eindrücke so viel, dass ich sie nicht verarbeitet bekomme. Sie schütteln meine Schultern, legen ihre Hände an meine Wangen. Doch ich erkenne keine Wörter in ihren hektischen Stimmen. Die Erde vibriert pausenlos. Häuser stürzen ein, Trümmer fliegen durch die Gegend. Die NERO-Agenten brüllen uns etwas zu und beginnen, die Menschen in eine Richtung zu treiben.

Meine Mutter greift nach meiner Hand und zieht mich mit, während wir mit dem Menschen-Strom mitgespühlt werden. Es geht in ein Gebäude, welches von NERO-Agenten bewacht wird. Doch ich erkenne nicht, welches es ist. Später werde ich merken, dass es die Kathedrale ist. Es geht einige Treppen hinunter, was ich stumm zur Kenntnis nehme. Apathisch werde ich durch Betongänge buxiert, bis sich irgendwann eine schwere Metalltür krachend hinter uns verschließt.

"Wir sind in Sicherheit, Leo!", ruft mir meine Mutter zu, während sie meine Hände hält. Ich sehe sie stumm an und lasse ihre Hände dann los. Langsam entferne ich mich von ihr und streife durch die unruhige Menge. Mrs. Perkins beginnt, irgendwelche Anweisungen an die Dorfbewohner zu verteilen, doch ich höre nicht hin. Als ich endlich Scott gefunden habe bleibe ich vor ihm stehen und sehe ihn an. Das erste mal sehe ich ohne Unterbrechung aus nächster Nähe in seine Augen.

In dieses tiefe, toxisch-strahlende Grün. "Deine Augen sehen radioaktiv aus", wispere ich dann. Ein leichtes Grinsen zeichnet sich auf seinen Lippen ab. "Danke?", wispert er leise zurück.

Different Worlds 🔁 | BoyxBoy OmegaverseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt