Forty-Eight | Stillstand | XLVIII

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PoV. Scott 

Schnee knirscht unter meinen Füßen. Irgendwo um mich herum, an den fernen Horizonten tobt ein Sturm. Ein Sturm, den ich nicht wahrnehme. Doch irgendwie weiß ich, dass er da ist. Wo genau ich bin kann ich nicht erkennen. Der Nachthimmel ist übersäht mit Sternen. Es sind so unwirklich viele, dass sie ein mattes Licht auf mich herunterwerfen. Vielleicht erinnert mich dieser Ort an die Straße aus der ehemaligen SafeZone, wo damals Silverstone mit ihrer Mannschaft gelandet ist. Damals, in der Nacht des Kreuzfeuers.

Jetzt ist alles verlassen. Das Ambiente ist leer und trostlos. Und doch liegt etwas in der Luft. Etwas Geheimnisvolles. Ich fröstle leicht. Vor mir, am Ende der Straße, meine ich ein Licht zu erahnen. Langsam schreite ich vorwärts. Als würde mich etwas zurückhalten. Der Wiederstand wird immer stärker und stärker. Doch bin ich gewillt, den grünlichen Schimmer zu erreichen. Egal, wie viel Wind und Eis mir das Wetter entgegenschmeißt. Es fühlt sich an, als würden meine Füße am Boden festfrieren. Jeder Schritt wird schwerer und schwerer. Doch kann ich mehr und mehr erkennen, was vor mir liegt.

Der Schatten einer Person. Umspielt von den Schneeflocken, welche wild herunterrieseln. Ich kneife die Augen zusammen, da mich das grüne Licht hinter der Gestalt blendet. Mit letzter Kraft bringe ich die letzten Schritte hinter mich. Ich erkenne wirbelnde Haarsträhnen. Sie sind zwar kurz, und doch wirbeln sie in dem Sturm, der uns umgibt. Schwarze Haarsträhnen, die im Wind wehen. Die Statur der Person ist etwas breiter, gut gebaut. Ähnlich wie meine. Sehr ähnlich.

Schwer atmend bleibe ich vor der Person stehen. Ein junger Mann, vielleicht knapp zwanzig Jahre alt. Seine Augen sind geschlossen. Reglos steht er da, als würde er auf etwas warten. Ich schlucke. Dann greife ich nach seinen Schultern, um ihn aufzuwecken. Doch egal wie sehr ich an ihm rüttle, es geschieht nichts. Ich schreie ihn an, schlage ihn. Versuche alles, ihn aufzuwecken. Doch passiert rein gar nichts. Der Sturm um uns herum tobt und lässt meine heisere Stimme verwehen, als wäre sie nichts. 

Als wäre sie unbedeutend im Vergleich zu einem gigantischen Kampf. "Wach auf, Scott", wispere ich leise. Doch seine Wangen sind eiskalt. Ich sehe mich selbst an, reglos und starr. Ich zeige keine Wirkung, egal wie sehr ich mich anstrenge. Wut kommt in mir hoch. Wieso reagiere ich nicht? Ich lasse meinen eigenen reglosen Körper los. Ich sehe mich längere Zeit an. Dann schüttle ich den Kopf und wende mich ab. Meine Haare wehen, während ich den Weg zurück stapfe. Zurück durch den Weg, welcher nun fast komplett zugeschneit ist.

Ich lasse mein eigenes Abbild einfach dort stehen.

Als ich erwache, erinnere ich mich nicht mehr an diesen Traum.

... 

PoV. Leo

Vor den großen Fenstern im Speisezimmer rieseln tausende Schneeflocken sanft zu Boden. Obwohl alle Wetterdienste das Ende des großen Schneefalls in Oxion prognostiziert haben, schneit es seit letzter Nacht wieder ununterbrochen. Laut Eva haben wir riesiges Glück gehabt. Wären wir einen Tag später hergekommen, hätte es kein Durchkommen im Schneechaos gegeben. Ich halte eine Tasse dampfenden Kakao, während ich dem sanften Schneetreiben zuschaue. Doch etwas liegt in der Luft. Das Gefühl, dass sich alles ändern wird. Diese Welt hat eine Konstante verloren. Eine Konstante, dessen Abwesenheit alles ändert.

Ich habe Scott schlafen gelassen. Er hat mich die ganze Nacht festgehalten. Ich muss leicht lächeln, als ich daran zurückdenke. Und doch fühle ich mich jetzt erneut so leer. So leer und verlassen. Manchmal sehne ich mich an die Zeit zurück, als wir noch nicht zusammen waren. An die Zeit, in der ich für ihn kämpfen musste. Wo Fabrice zwischen uns stand. Wo wir zusammen gekommen sind. Und ja, auch als wir tausende Kilometer getrennt waren. Meine Liebe zu ihm hat sich so elektrisierend angefühlt. So aufregend und unglaublich. Doch jetzt... 

Different Worlds 🔁 | BoyxBoy OmegaverseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt