36.

840 44 3
                                    

Im Auto war es erst recht ruhig. Aber dann schaute Cody zu mir mit einem Seufzer.

"Ich würde dich auch nehmen, wenn Mason nicht da wäre." Fing er plötzlich an, was mir die Sprache verschlug.

"Du bist eine tolle Frau. Aber du passt besser zu Mason. Ich bin eher ein Bruderersatz für euch. Kann euch helfen, unterstützen. Aber er traut mir nicht. Außerdem fehlt da eine gewisse Sache. Noch ... was sich glaub, ich auch nicht ändern wird. Gefühle. Liebe. Hat er dir das schon mal gesagt?"

Ich war vollkommen perplex. Er überrumpelte mich mit dieser Frage vollkommen.

"N-Nein. So weit waren wir noch nicht. Kenne ihn noch nicht lang. Vielleicht zwei oder drei Wochen?" Das ich vorhin was sagen wollte deswegen, hatte ich verheimlicht. Ich wusste, was ich fühlte. Irgendwie war ich mir sicher. Aber Mason schien es nicht zu sein.

"Da kann sich schon viel entwickeln. Meinst du nicht? Er ist vorsichtig. Aber aus guten Grund. Er wird es auch, wenn du Pech hast, nicht zuerst sagen. Sei ihm aber nicht böse."

"Ich ... ich habe ihn bis jetzt nur versprochen, dass ich ihm gehöre."

"Mh. Ist das nicht etwas wenig? Das ist doch eher was für eine Spielbeziehung. Jemanden gehören."

"So meinte ich es auch nicht!"

"Was fühlst du, wenn du ihn siehst. Oder was war dein erster Gedanke, als du ihn das erste Mal getroffen hast?" Da musste ich ehrlich nicht lange überlegen. Ich war wie hypnotisiert. Er zog mich magisch an. Ich konnte nicht mehr, aufhören an ihn zu denken. Ich musste dran denken, wie ich ihn fast umrannte. Seine ruhige Art. Ich muss gelächelt haben, denn Cody stupste mich an.

"Du denkst gerade an ihn. An euren ersten Treffen? War es so schön?"

"Eigentlich nicht ... na ja, ich rannte ihn fast um. Beziehungsweise stieß gegen ihn. Ich konnte mein Blick nicht mehr von ihn nehmen. Wie er kurz grinste. Es war ... besonders. Mir fällt kein anderes Wort gerade dafür ein. Und dann, ab der Bar, wo ich ihn endlich öfter näher sein durfte, da ... ich weiß nicht warum, aber ich hatte keine Probleme mit Nähe. Von Anfang an nicht. Ich wollte, das er mich anschaut. Er ist meinen Blicken lange ausgewichen." Dann überlegte ich kurz.

"Mh."

"Was? Was überlegst du?"

"Da war ein komisches vertrautes Gefühl. Beziehungsweise kam es mir vertraut vor, habe es aber noch nie bei jemanden gefühlt. Als ob ich ihn schon gekannt hätte. Es ist schwer, zu erklären ..."

"Eine Verbundenheit. Bei dir hört sich alles nach Liebe auf den ersten Blick an. Ich sag ja ... Schicksal."

"Schicksal?"

"Ja. Ich sprach doch vorhin mit ihm. Er hat mich gewarnt. Ich solle aufpassen, dass es nicht mehr wird. Er wüsste, dass er eh immer den kürzeren zieht. Das ist aber Schwachsinn! Er hat einfach zu wenig Selbstbewusstsein. Nicht weil er schlechter ist als andere, sondern weil er die Frauen warten lässt. Oft abweisend wirkt. Etwas distanziert." Und da hatte er recht. Er wirkt, als würde er mich abstoßen. Als wollte er nur spielen. Machte es mir schwer ihn zu vertrauen. Dann lachte er und fasste mir aufs Knie, was mich erschrak.

"Du bist aber der Burner! Jede Frau fand seine ruhige Art anziehend, waren aber irgendwann genervt, dass er so abweisend, teils kalt und nicht gerade wusste, wie er mit den Damen umzugehen hat. Und obwohl er bei dir dieselben Fehler macht, bleibst du bei ihm. Keine hat sich die Mühe gemacht, ihn richtig kennenzulernen. Du scheinst da anders zu sein. Gehst auf ihn ein. Versuchst tiefer zu graben. Willst wissen, warum er so ist, auch wenn du dir Mal dabei ein Splitter einziehen musst. Und das sogar wortwörtlich." Dann schaute er auf meinem Arm und musste grinsend den Kopf schütteln.

"Bei dir ist es mehr als Sex. Mehr als eine Beziehung. In dir steckt so viel Leidenschaft und Ehrgeiz. Und das habe ich ihm verklickert. Er soll es ja nicht versauen!"

"Das kann er nicht ... denk ich. Jeder hat Fehler. Es gibt wenig, was mich erschüttert wenn ich ..." Die drei Worte halten wieder in meinem Kopf wie ein Echo.

"... Jemanden Liebe?" Beendete Cody meinen Satz.

"Cody. Ich ... ich hatte Angst, als du vor mir standest, dass du ihm wirklich gefährlich werden könntest."

"Mh. Glaub ich nicht. Beziehungsweise, das musst du wissen. Könnte deine Liebe zu ihm wegen mir erlöschen?"

"Im jetzigen Moment würde ich verneinen." Und das gab ich ziemlich sicher wieder. Ich wusste, was ich fühlte. Aber es war schwer, das zu tun.

"Über so was denkt man auch nicht nach. Klar kann ich mich irren. Und er ist nur da, um dich zu mir zu führen. Man weiß nie, was das Schicksal vorhat. Aber wie gesagt, ich sehe dich eher bei Mason. Aber danke ... für deine Offenheit. Das heißt, du vertraust mir."

"Ja." Lächelte ich ihn kurz an. Aber ich wusste nicht Mal warum. Er war mir sogar schon genau so wichtig wie Mason. Wer welchen Platz einnimmt, ist momentan klar, aber ist es genau das, was das Schicksal will? Das wird die Zeit zeigen.

"Egal was passiert. Ich glaube, du wirst uns beide nicht mehr los. Er hängt mehr an dir, als du denkst. Und ich ..." Er atmete kurz tief durch und lächelte mich dann an.

"Du?" Gab ich wieder, weil er sein Satz nicht beendet hatte.

"Ich weiß nicht, wie du damit umgehen kannst. Aber für mich ist eine Freundschaft, eine tiefe Freundschaft, wie eine Partnerschaft. Und Mason weiß das. Aber für ihn kommen weibliche Freunde nicht in Frage, für mich schon. Und er hat Angst, wenn ich mich gebe, wie ich bin, dass du das falsch auffasst, oder dich gar verlieben könntest. Ich würde mit dir anders umgehen. Hätte kaum Tabus. Außer Intime, wie Fummeln, oder gar Sex. Alles andere wäre für mich normal. Na ja, ich komme halt auch gut mit Frauen klar. Mich sahen viele als Kumpeltyp und dann ..."

"Haben sie mehr empfunden." Beendete ich diesmal seinen Satz.

"Richtig. Ich weiß nicht warum. Ich suche nicht mal. Es hört sich eingebildet an. Aber ich will Freundschaft und die Frauen fallen mir reihenweise zu Füßen. Mason verliebt sich und wird verlassen."

"Wegen dir?" Er schaute aus dem Fenster und gab keine Antwort. Und dann wundert er sich, warum Mann und Frau nicht befreundet sein können? Das Mason so denkt und Angst hat? Ihn hat das wohl geprägt.

"Cody?! Was ist vorgefallen?"

"Ja. Zwei Mal. Ich kann aber nichts dafür! Ich hab mich beim zweiten Mal sogar ferngehalten."

"Und das erste Mal?"

"Wollte ich beiden nur helfen. Hab versucht in freundschaftlicher Art, ihr etwas über Mason beizubringen. Ihr Fragen beantwortet. Zugehört, wenn sie Probleme hatte. Bin ihr aber nie zu nah getreten. Aber egal wie ich es machte. Sie kamen immer zu mir." Ihm tat es leid. Man sah es. Aber ich glaube, ich weiß warum es so lief.

"Du selbstverständlich und direkt. Sehr ehrlich und lebensfroh. Lustig und immer einen kecken Spruch auf Lager. Das zieht an. Und leider stehen die meisten Weiber auf so Kerle wie dich. Oder wie Kaylin! Die Aufgeweckten. Und Mason ist genau das Gegenteil. Dann das aussehen. Sie wollen große trainierte Männer! Sie müssen makellos sein. Selbstbewusste, Schöne und Erfolgreiche Männer. Das typische Klischeebild eines Mannes. Mason strahlt nichts davon aus, auf den ersten Blick zumindest. Viele machen sich aber auch keine Mühe zu hinterfragen und hinter die Fassade zu gucken. Dazu hat Mason noch ein Schönheitsmakel, den ich übrigens sexy finde. Narben. Und nicht nur im Gesicht. Wie ich sah auch auf dem Körper. Mir ist die Narbe ehrlich gesagt erst nicht aufgefallen. Er hat sich geschickt weggedreht und die Haare hingen ihn immer im Gesicht."

"Ach ja. Seine Punkfrisur." Lachte er.

"Siehst du?! Du bist der Wahnsinn und so tiefgründig. Perfekt für ihn. Und hey ... danke für die Komplimente." Ich hörte die Ironie in seinem Satz. Dabei war es gar nicht böse gemeint.

"Schön das ich ein einfaches Klischee bediene. Das merke ich mir." Fügte er noch hinzu und schaute mich mit hochgezogener Augenbraue an. Dann musste er aber doch schmunzeln. Nein. Ein einfaches Klischee war er nicht. Auch wenn er es ausstrahlte. Auch er hatte was ganz besonders an sich.

Different Faces Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt