Pow-Pows Und Pew-Pews

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Kaum waren wir alleine, stützte Joshi seine Ellbogen auf dem Tisch ab und umfasste dann mit beiden Händen sein eigenes Gesicht. Mit dem Blick, mit dem er mich gerade ansah, konnte man ihn glatt mit einem Kleinkind verwechseln, welches gerade das neuste und auch coolste Spielzeug in einer Fernseh-Werbesendung entdeckt hatte. Ihr wisst schon, mit all diesen bunten Lichtern, den Pow-Pows und Pew-Pews und dem großen roten Sticker mit der Aufschrift "NEU" in der oberen, rechten Ecke. Diese Werbesendungen.
»Jean, wie findest du es hier?«, begann Joshi diese Konversation mit einem leichten, hoffnungsvollen Unterton. Erwartete er eine bestimmte Antwort von mir? Welche genau? Ich konnte es mir nicht denken, also war ich einfach ehrlich:
»Es sieht hier etwas marode aus. Das äußere war schon nicht einladend, und das innere sieht heruntergekommen aus. Und dieser komische Kerl da, der Koch, er sieht nicht besonders vertrauenserweckend aus. Wenn du verstehst, was ich meine.«
Joshi blinzelte ein paar mal, dann fing er an zu lachen. Ziemlich lautstark, was dann aber in einem dunklen, rauen Lachen abebbte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, einen Witz erzählt zu haben. Also fragte ich direkt: »Was gibt's denn zu lachen? Gedenkt du, mich auch darin einzuweihen?«, und hob dabei die Augenbrauen. Er winkte ab, fuhr dann aber dennoch fort: »Ach, nur so. Weißt du, als wir in diesem Gebäude da waren, von der Zeitung, da wirktest du teilweise ziemlich eingeschüchtert. Immer noch so abwesend und in Gedanken versunken wie auch zuvor, aber dich hat an einigen Stellen der Mut verlassen.«, er machte eine kurze Pause, in welcher er mich eindringlich musterte. »Besonders aufgefallen ist es mir dann, als wir vor dem Chef standen. Als hätte eine Katze deine Zunge verschluckt, weißt du? Und dabei hatte ich mich so darauf gefreut, die Kaskade an einfallsreichen Worten aus deinem Mund zu hören, die nötig gewesen wären um den schmierigen, alten Kerl in seine Schranken zu weisen. Ich konnte dir doch ansehen, dass du mehr gedacht als wirklich ausgesprochen hast. Ist das nicht so?«
Ein paar Sekunden vergingen, die sich wie Minuten anfühlten. Und selbst diese Minuten fühlten sich so an, als würden sie sich ziehen wie Kaugummi. Ich hatte mit Joshi schon einige Zeit verbracht. Es war nicht viel Zeit gewesen, wahrlich nicht. Selbst meine Topfpflanzen kannten mich länger. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er mich in so kurzer Zeit so weitgehend verstehen gelernt hatte. Seine Beobachtungsgabe war unglaublich. Aber nun kroch in mir ein anderes, unangenehmes Gefühl auf. Eher war es jedoch eine Realisation von einer ganz bestimmten Tatsache: Joshi hatte die Zeit genutzt, um mich kennen zu lernen. All die Zeit, die ich mit meinem Gedanken über die Kamera und die Bilder verschwendet habe, hat er genutzt. Und ich verstand dass ich, obwohl wir schon eine Weile gemeinsam auf Reisen waren, fast gar nichts über ihn wusste. Diesen Gedanken behielt ich jedoch für mich und erzählte ihm stattdessen vor und während dem Essen darüber, was mir über den Schlingel-Boss durch den Kopf ging. Und wir lachten über diese Oberflächlichkeit, auch wenn sie eigentlich nicht den Elefanten addressierte, der pink und trompetend im Raum stand.

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Moin moin, lange ist es her. Ich stecke mitten in Abi, trotz Corona, uff. Aber dennoch, heute präsentiere ich euch das 41-e Kapitel dieser Geschichte, welches ich auch ein bisschen länger gehalten habe als es eigentlich die Norm bei dieser Geschichte ist. So oder so, da ich seltener update, will ich die Kapitel auch allgemein etwas länger halten wenn möglich. Und nur noch eine kleine Anmerkung: Seid nicht wie Joshi, fasst euch nicht ins Gesicht. Bleibt gesund, leckt keine anderen Menschen ab, und bis zum nächsten Mal.

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