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Mila klingelte heute schon an die zweite Tür. Sie wartete, doch es öffnete ihr niemand. An einem der Vorhänge sah sie eine Bewegung und lief nach kurzem Zögern zu dem Fenster. Sie klopfte mit der Faust dagegen.

Die Haustür öffnete sich und eine Frau trat heraus. „Was willst du hier?"

„Ich möchte Ihnen nur einige Fragen zu ihrem Sohn George stellen. Ich bin vom FBI", sagte Mila und dachte es wäre wohl keine gute Idee zu erwähnen, dass sie dort eigentlich gekündigt hatte.

„Wir haben die Fragen deinen Kollegen bereits beantwortet. Was willst du noch hier?" Mila war inzwischen vom Fenster weggetreten und stand nun auf der untersten Stufe der Treppe im Eingangsbereich.

Trotzdem war sie auf gleicher Höhe mit der Frau, die auf der obersten stand. „Es ist wichtig. Bitte. Darf ich reinkommen?"

„Komm rein." Die Frau seufzte und trat zur Seite, um sie vorbei zu lassen.

„Cassandra, wer ist da an der Tür?" Eine tiefe Stimme, die Mila an einen Bären erinnerte, rief nach der Frau.

„Jemand vom FBI. Die will uns ein paar Fragen zu George stellen." Gelangweilt betrachtete Cassandra ihre Fingernägel.

Milas Augenbraue wanderte wie von selbst nach oben. Es schien sie nicht besonders mitzunehmen, dass sie gerade ihren Sohn verloren hatte.

„Es war doch schon jemand deswegen hier. Was denn jetzt noch." Als der Mann den letzten Satz beendete, erschien er in der Tür und musterte sie misstrauisch.

„Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie einen Brief erhalten haben, als George verschwand." Mila hatte sich nun dem Mann zugewandt und blickte ihm direkt in seine Augen, die dunkelblau waren.

„Was für einen Brief? Willst du uns verarschen? Wer schickt dich?" Cassandra verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie nun genauso misstrauisch wie ihr Mann sie davor. „Natürlich erhalten wir Briefe. Rechnungen, Werbung." Sie zählte alles an den Fingern ab.

„Das meine ich nicht." Mila kam langsam zu dem Schluss, dass sie vielleicht gar nichts wussten. „Ich meine den Brief, wo der Name Mila oder Chance erwähnt wurde. Ich bin Mila, also können Sie mir ruhig sagen, wenn sie so einen Brief erhalten haben", sagte sie und kam sich irgendwie albern vor, da Cassandra und ihr Mann, wie ihre Gesichtsausdrücke ihr verrieten, nicht verstanden, was sie meinte.

„Ich finde das gar nicht lustig. Unser Sohn ist erstickt. Tod. Und du erlaubst dir hier solche Scherze." Cassandras Augen blitzen gefährlich und verdunkelten sich dabei. „Geh jetzt." Sie ergriff Milas Schultern, was sie zum Erschaudern brachte und schubste sie vorwärts.

Kaum wurde sie über die Türschwelle geschoben, fiel sie auch schon mit einem lauten Krachen hinter ihr ins Schloss. Mila überlegte, ob sie weiter versuchen sollte mit ihnen zu reden, ließ es dann aber bleiben, da sie nicht unbedingt herzlich empfangen wurde. Als sie beschloss nachhause zu fahren, vibrierte ihr Handy in der Hosentasche und sie holte es fluchend hervor.

„Ja?" Sie presste es an ihr Ohr und schaltete den Motor wieder aus.

„Wir haben die Todesursache des kleinen Georges herausgefunden. Der Gerichtsmediziner rief gerade an und sagte mir, dass er erwürgt wurde, bevor das Wasser in seine Lungen kam." Jamie sprach schnell und Mila hatte Probleme damit ihr zu folgen.

„Warte mal. Ich war gerade bei seinen Eltern. Die haben mir gesagt er ist erstickt." Sie legte eine Pause ein, ehe sie weitersprach. „Doch du meintest die vermutete Todesursache war ertrinken. Woher wussten die das dann?"

„Sie haben ihr eigenes Kind umgebracht." Jamie sog hörbar die Luft ein und stieß sie genauso geräuschvoll wieder aus. „Wo bist du gerade?"

„Vor dem Haus." Mila sprang ohne zu Zögern aus dem Wagen und stand kurze Zeit später vor der Eingangstür und klingelte, bevor sie wusste, was sie dort überhaupt tat.

Sie drückte Jamie ohne ein Wort des Abschiedes weg und wartete darauf, dass ihr jemand die Tür öffnete.

Kaum stand Cassandra wieder vor ihr, da platzte sie auch schon mit ihrer Frage heraus. „Woher wussten Sie, wie ihr Sohn starb? Die Todesursache lautete Ertrinken. Meine Kollegin rief gerade an – George wurde erstickt. Noch einmal, woher wussten Sie das?", fragte sie, als sie nicht gleich eine Antwort erhielt.

„Komm herein. Ich will es dir erklären." Mila bemerkte den drohenden Unterton in ihrer Stimme nicht und folgte ihr ins Haus.

Sie führte sie bis in die Küche, wo sie stehen blieb und nach ihrem Mann rief. „Donald, komm mal? Die nette FBI-Agentin möchte wissen, woher wir wussten, wie unser Sohn gestorben ist." Den irren Ausdruck in ihren Augen vor Mila verbergend, in dem sie sich mit dem Rücken zu ihr stellte.

Als Mila sich zu Donald umdrehte, als er den Raum betrat, sah sie zu spät, dass er einen Pokal in den Händen hielt. Das letzte was sie tat, war ein O mit ihrem Mund zu formen, als ein starker Schmerz an ihrem Hinterkopf dafür sorgte, dass alles um sie herum schwarz wurde.  

Der SpielmeisterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt