Mila fühlte sich so unglaublich schlecht. Sie hatte das Gefühl versagt zu haben. Ella schien verletzt zu sein, als sie das Zimmer verließ, auch wenn sie versucht hatten ihr deutlich zu machen, dass sie es auf keinen Fall glauben sollte. Das schlimmste war, dass sie ihr nicht einmal hinterherlaufen konnte, denn sie konnte nicht riskieren, dass der Spielmeister etwas davon mitbekam. Mit dem Zettel hatten sie sowieso schon viel zu viel riskiert. Es konnte so viel schiefgehen. Sie hatte zehn Leben in Gefahr gebracht, nur, weil sie Ella nicht verletzen wollte. Mila hätte jetzt am liebsten ihren Kopf gegen den Tisch gehauen, doch das brachte ihr auch nichts weiter, also ließ sie es bleiben. Kopfschmerzen waren jetzt das letzte was sie gebrauchen konnte. Sie sollte lieber einen klaren Kopf behalten und sich überlegen was sie nun tun sollte. Das Babysitten für Lenna hatte sie für die gesamte nächste Woche abgesagt. Sie brauchte alle Zeit, die sie kriegen konnte um herauszufinden, wer der Spielmeister war.
„Hör auf an deiner Unterlippe zu kauen", sagte Jamie schließlich und durchbrach die Stille, die sich schon eine gute halbe Stunde hielt.
Mila hatte gar nicht bemerkt, dass ihre Lippe angefing zu bluten und hielt inne, als sie gerade dazu ansetzte erneut draufzubeißen.
Dann schrieb sie auf einen Zettel. Wieso hast du mich nicht davon abgehalten, Ella die Warnung zu schreiben. Ich habe alles vermasselt und die Geiseln gefährdet. Ich bin eine miese FBI- Agentin. Mila hielt sich die Stirn und massierte mit der anderen Hand ihre Schläfe.
„Nein, bist du nicht." Jamie legte ihr die Hand auf die Schulter. „Du wolltest nur dein Kind beschützen. Dafür musst du dich nicht verurteilen." Sie nickte ihr aufmunternd zu. Außerdem hätten wir schon eine Nachricht bekommen, wenn er es mitbekommen hätte.
Genau in dem Moment flog etwas gegen das Fenster und ließ einen Regen aus Glassplittern auf sie fallen, denn sie saßen genau darunter. Es klirrte laut und Mila spürte einen stechenden Schmerz in ihrer Schulter, als sie sich danach umsah, entdeckte sie einen Splitter, der sich in ihre Haut gebohrt hatte.
„Scheiße, was war das?" Jamie sprang auf und schaute aus dem kaputten Fenster. „Ich sehe niemanden", sagte sie schließlich enttäuscht.
„Du siehst nicht gut aus. Alles in Ordnung?", fragte Mila besorgt, denn Jamie war von oben bis unten mit Schnittwunden übersät, die meisten im Gesicht und an den Armen.
„Du siehst schlimmer aus als ich. Mach dir um mich mal keine Sorgen", sagte sie und schaute sich aufmerksam im Raum um, bis sie fand, wonach sie suchte. „Ein Stein", stellte sie erstaunt fest.
„Da steht was drauf." Mila deutete mit ihrem Finger auf die Seite des Steins, die ihr zugewandt war.
Mit roter Farbe stand nur ein Wort darauf geschrieben – Regelbruch. Jamie und Mila sahen sich an und hatten die gleiche Befürchtung die in ihren Köpfen auftauchte. Er hatte es herausgefunden. Jetzt würden alle zehn Geiseln sterben und sie allein war schuld daran. Mila spürte so viele verschiedene Gefühle in sich aufkommen, sie konnte sie gar nicht alle beschreiben. Es fühlte sich an, als würde ihr jemand gleichzeitig mit voller Wucht in den Magen treten, sich auf ihr Herz setzen und ihre Luftröhre zudrücken. Sie schluchzte auf und hielt sich die Hand vor den Mund, um die Geräusche zu unterdrücken, die drohten aus ihr herauszubrechen.
„Meinst du er hat hier irgendwo eine Kamera installieren lassen? Warum bin ich nur so blöd und habe nicht nach sowas gesucht." Mila nahm vorsichtig ihre Hand vom Mund.
„Ich habe auch nicht dran gedacht. Es ist nicht deine Schuld, genauso gut ist es dann auch meine", sagte Jamie und suchte mit ihren Augen wachsam die Umgebung ab.
Doch egal was Jamie sagte. Sie fühlte sich schuldig. Zwar hatte sie den Spielmeister nicht dazu gezwungen solch ein Spiel zu erfinden, doch sie hatte seine Regeln missachtet, obwohl sie wusste was das für Konsequenzen haben würde.
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Der Spielmeister
Mystery / ThrillerInfo: Dies ist ein zweiter Teil. Um alles verstehen zu können, solltet ihr "Der Wahrheitsfinder" gelesen haben. „Aaron ist tot. Er wurde erhängt in seiner Zelle gefunden." Mila ließ vor Schreck fast ihr Handy fallen, als sie die Worte hörte. Dann...