On the run II

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"Wo ist Namjoon?" Tae kann nicht antworten, sein Mund trocken und seine Kehle rau, als würde er Stacheldraht statt Luft atmen. Jimin schüttelt stumm den Kopf. Tae kann nicht denken, etwas in seinem Magen brennt vor Sehnsucht aber sein Kopf schreit, dass er rennen muss. Unten aus dem Wohnzimmer hört man Schreie. Jisung fängt an zu weinen. Jin steigen Tränen in die Augen, dennoch sagt er mit fester Stimme. "Wir schaffen das"

Dann rennen sie los.

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Noch nie in seinem Leben ist Tae so schnell gelaufen. In seiner einen Hand hält er immer noch seinen Vogelführer in der anderen Chanyeol's Jacke, die zur Not auch allen anderen passt.
Sie nehmen die Hintertür und mit Grauen stellt Tae fest, dass es im Wohnzimmer nach Blut riecht. Barfuß rennen sie weiter, über den Rasen, auf das kleine grüne Tor am Ende des Gartens zu. Der süße Geruch von Blut in der Luft wird schwerer und Tae kann den metallernen Beigeschmack auf seiner Zunge schmecken, als er mit jedem Satz nach Luft japst. Er denkt nicht nach, er rennt einfach.
"Wir müssen Deckung suchen" sagt Jin mit tränenerstickter Stimme. Verzweifelt versucht der Omega Ruhr zu bewahren. Wohl wissend, dass man ihren Geruch hier in der Einöde Kilometern weit riecht. "Und wir müssen anders- müssen anders riechen" hilflos versucht er zu denken, aber es fällt so schwer ohne Namjoon, der immer hinter ihm stand und ihm immer den Rücken frei gehalten hat. Jungwoo hat angefangen zu schreien und Jissung kriegt kaum Luft beim Weinen und rennen.

"Warum, warum anders riechen?" Tae ist jetzt schon aus der Puste und dabei sind sie gerade erst durch das Gartentor raus. "Wir- wir riechen nach Omega?" japst Jin. "Omega? was ist das?" "Egal, das ist jetzt egal. Aber wir müssen anders riechen"
Bambam will die Antwort nicht wissen, was auch immer ein Omega ist, es ist nicht gutes.
"Schlamm, es ist Schlamm in dem Wald da vorn" erinnert sich Jimin an all die Ausflüge die er und die kleinen zu der Wildschwein Sule, im Wald, gemacht haben. Doch bevor die den Schutz der Bäume erreichen ertönt ein schreckliches Heulen. Riesige Wölfe springen aus dem Schatten der Bäume hervor. Vor Entsetzten bleibt die kleine Truppe stehen. Nur noch hastiges Atmen und das Donnern der Pranken der Wölfe auf dem Boden, ist zu hören, als die Omega mitten auf dem Feld vor Schock wie festgefroren stehen.

In Jin überschlagen sich die Gefühle. Er weiß er muss handeln, er ist verantwortlich für alle und sein Kopf kann keinen einzigen klaren Gedanken fassen. "Weg weg" kreischt er panisch und zerrt am Bambam und die Kinder mit sich. Aber es ist zu spät. Die pferdegroßen Wölfe wetzten unaufhaltsam über die Felder auf sie zu. Tae packt Jungwoo und hebt ihn hoch, dann dreht er sich und läuft in die andere Richtung davon, Jin und den anderen hinterher.
"Jimin wir müssen-müssen in den Wald" Jimin antwortet nicht. Als Tae über die Schulter sieht ist sein Freund nicht zu sehen. Tae unglaublich reißt er die Augen auf, stolpert, fällt hin. Jungwoo fängt an zu weinen. Angst ist das einzige was Tae erfüllt. Er versucht aufzustehen, schafft es nicht. Der Boden bebt. Die Wölfe kommen immer näher. Warum sind überall Wölfe? Wo ist Jimin? Tae versucht erneut aufzustehen, einen klaren Kopf zu bewahren und nicht völlig den Verstand zu verlieren. Er schafft es, sein Bein blutet und der Schlamm in der Wunde brennt. "Jungwoo versteck dich. Komm nicht raus." Der kleine Wolf zittert und weint bitterlich, aber er versteckt sich trotzdem in dem hohen Gras. Tae riecht Blut, überall Blut. Obwohl sein Wolf in ihm mit aller Macht dagegen ankämpft rennt er hastig zurück, den Wölfen entgegen.

Wo ist Jimin? Er entdeckt ihn. Sein Bein hat sich in einer Wurzel verfangen, pure Panik, ist das einzige, was man in seinem Tränen überlaufenen Gesicht erkennen kann.
Ehe Tae ihn erreicht und ihm helfen kann, ertönt ein angsteinflößendes Knurren. Tae gefriert in seiner Bewegung. Den Blick hebend, starrt er bald einen riesigen grauen Wolf, mit feuerroten Augen, an. Tae kann sich nicht bewegen, kann nicht atmen oder denken. Er hört nur das Blut in seinen Ohren rauschen und fühlt den Horror durch seinen Körper wie Blitze zucken. Der Wolf ihm gegenüber ist gigantisch. Größer als all die anderen, die ihn ignorierend, nun links und rechts an ihnen vorbei rennen. Er fletscht seine Zähne und vorsichtig weicht Tae, gegen seinen Willen, zurück. Er kann nicht anders, egal wie er auch dagegen ankämpft der Omega in ihm muss sich unterwerfen. Jimin winselt vor Furcht und schluchzt lautstark. Er kann nicht sprechen, oder schreien, nicht mal Luft scheint in seine Lunge zu wollen.

Seine Zähne fletschend, schnappt der Wolf nach Tae, einen weiteren Schritt, an Jimin vorbei, auf ihn zu, machend. Tae zittert am ganzen Körper und stolpert einen weiteren Schritt zurück. Er fällt über eine Wurzel, strauchelt, stürzt zu Boden. Seine Hände versinken im eiskalten feuchten Schlamm.
Tae krabbelt rückwärts weiter, nun panisch, schneller. Seine Füße treten mal in die Luft, mal in Schlamm. Mühsam versucht er Abstand zwischen sich und das Monster vor ihm zu bringen, welches immer näher kommt. Sein kleines Herz pocht hilflos und panisch schnell in seiner Brust und in seine Augen steigen Tränen. Sein Wolf ist sich ganz sicher, dass hier ist sein Tot. Er will ohnmächtig werden, nichts mehr fühlend, so schmerzhaft zieht es in seiner Brust bei jedem flachen Atemzug.

Der andere Wolf ist stehen geblieben, seine Aufmerksamkeit gilt nicht mehr dem Omega, doch das spürt dieser nicht. Die Aura der Alphas ist so stark, dass er gar nicht anders kann als zu fliehen.
Tae stoppt seinen Fluchtversuch allerdings abrupt, als sein Rücken gegen etwas stößt, etwas Hartes. Hier mitten auf dem Feld stehen keine Bäume. Langsam sieht der Omega hoch und muss entsetzt feststellen, dass es der Vorderlauf eines genauso gigantischen Wolfes ist, der ihn bereits mit feuerroten Augen ansieht.
Die wasserblauen Augen der Omegas füllen sich mit Tränen. Das hier ist ein einziger Alptraum und er will um jeden Preis aufwachen.
Der Alpha wendet seinen Blick ab, von dem Omega, den er nicht kennt, aber trotzdem beschützten will.

Jungkook sieht voller Hass seinem lebenslangen Rivalen an. Yoongis großer grauer Wolf hat sich vor Jimin gestellt, der wimmernd und weinend versucht sich frei zu machen. Jungkooks Ohren aufgerichtet, sein Nackenfell gesträubt und durchgehend knurrend, beobachtet er jedes Muskelzucken des anderen. Das ist er also: Min Yoongi.

Jimin hat sein Bein befreit. Sein Kopf leer gefegt, unfähig zu denken. Er weiß nur eins: zu Tae und weg. Mit von Schlamm schmutzigen Händen wischt er sich die verschwitzten Haare aus dem Gesicht. Dann steht er auf und läuft, die sich anknurrenden Wölfe ignorierend, an ihnen vorbei. Er kann sich nicht leisten nachzudenken, darf nicht nachdenken. Er muss es einfach tun, einfach einmal was tun. Sein Arm greift nach Tae, zieht ihm hoch.

Weg, Weg, Weg. Er sprintet los, wittert Jungwoo und steuert auf das Versteck seines Quasibruders zu. Der Boden bebt, als die beiden Wölfe ihnen hinterher rennen. Jimin wagt es nicht über seine Schulter zu sehen. Tae weint. Der Schlamm wird feuchter, moorastiger und mit jedem Schritt sinkt Jimin weiter ein. Dennoch rennt Jimin, seine Muskeln brennen, doch die Angst treibt ihn an, nach vorne, weg. Jeder Schritt ist nun ein Kampf, ein Kampf gegen den Morast. Jeder Atemzug, ein Schnappen nach Luft, was ihm schwer fällt. Er krallt seine Hand fester in den Stoff von Taes Pulli, sich vergewissernd, dass der Ältere noch hinter ihm ist.

Gleich haben sie Jungwoo erreicht. Doch ehe Jimin auch nur überlegen kann, wie er das Junge am besten aufhebt, packt ihn etwas und hebt ihn von seinen Füßen. Jimin hängt in der Luft, vor Schreck fängt er an zu schreien. Seine Beine treten ins Leere, als er beginnt wie verrückt zu strampeln. Mit Entsetzten realisiert er, dass der graue Wolf sich in der Kapuze seines Pyjamas verbissen hat, den er immer noch trägt. Mit einem hässlichem Ratschen reißt der Stofffetzten aus Taes Pulli raus und Jimin ballt die Faust nun nur noch um das unbedeutende Stoffstück.

Tränen verschleiern seine Sicht und Jimin kann nicht denken, nur fühlen, wie er immer weiter von Tae wegetragen wird. Er kämpft immer noch, windet sich in dem eisernen Biss des Alphas, wie ein Wurm im Schnabel des Vogels. Es ist lächerlich, armselig und erbärmlich und der Alpha kann nur lachen über den Mut des kleinen Omegas, dabei hat er nur noch nicht verstanden, dass es die Liebe zu Tae ist, die Jimin diese Kraft gibt. Kraft, die gegen seine Natur ist. Jimins Körper gibt auf, als er hart auf den Boden aufprallt, die Auren mehrerer Alphas riechend. Er fühlt Blut aus ihren Mäulern auf sich tropfend. Bildet sich ein zu hören, wie der weiche Frotteestoff seines Pyjamas die rote Flüssigkeit aufsaugt und Taes Geruch nicht mehr witterbar ist. Dann wird alles um den kleinen Wolf schwarz.

Es gibt Tage, an denen spürt Jimin, dass sich etwas verändern wird. Der Wind flüstert es ihm zu, die Sonne kitzelt es aus Jimin heraus. Etwas ist einfach anders. Aber an diesem Morgen hatte Jimin nichts gespürt.

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Hier der  lang ersehnte Teil II. Ich hoffe bald wieder updaten zu können. Danke für all die Rückmeldungen und lieben Worte, dasss motiviert mich sehr :)

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