Hätte man sie von weitem gesehen, hätten sie wie kleine Ameisen ausgesehen, die sich in engerer Reihe, den Berg hinaufkämpfen. Hätte man es von weitem gesehen, hätte man vielleicht Mitleid mit den fast 20 Wölfen, die hier in schwindelerregender Höhe, gegen den bitterkalten Nordwind, kämpfen, gehabt. Hätte man es von weitem gesehen, wäre er vielleicht gar nicht aufgefallen, wie er sich verzweifelt in das zottig Fell des Wolfes klammert, mit eisig roten Fingern und gefrorenen Tränen auf den Wangen.
Sie hatten Jimin mitgenommen, als wäre er ein Gepäckstück, hatten sie ihn auf einen der mächtigen Wölfe geworfen und ihn gestohlen. Was würde der kleine Omega doch alles geben um das hier von weitem zu sehen, anstatt mittendrin zu sein. Er hatte sich gewehrt, hat getreten und geschrien, so sehr, dass sie ihr Anführer im Maul tragen musste. Wie ein kleines Junges, was nicht hört. Damit seine Tritte niemandem verletzten. Doch es hat nichts gebracht und als er nach fast zwei Stunden treten und schreien, so heiser und erschöpft gewesen ist, dass er in Ohnmacht gefallen ist, wusste er bereits, dass er diesen Kampf schon längst verloren hatte.
Mit einer ungeheuren Kraft haben die Wellen der Erkenntnis über ihm eingeschlagen: er würde vermutlich nie wieder nach Hause kommen. Als er aufgewacht ist, waren da nur noch Tränen und so weinte er bis keine mehr übrig waren. Die eisige Kälte hat sein Inneres geflutet und der junge Wolf fühlt nichts als kalte Leere.
Seit dem Sonnenaufgang, den er heute Morgen noch, wie immer mit Tae zelebriert hat, sind Stunden vergangen. Die Sonne neigt sich bereits um den Horizont zu küssen und der Mond wartet, hinter den Hügeln, schon auf seinen Nachtbeginn. Sie haben nicht eine Pause gemacht und Jimin hat gesehen wie sich die Landschaft um ihn wandelte. Aus dem platten Flachland wuchsen erst kleine bewaldete Anhöhen, die zu Bergen wurden, deren Spitzen irgendwann Hüte aus Schnee trugen. Nun sind sie mitten im Hochgebirge, auf irgendeinem verschneiten Pass und kein Ende ist in Sicht.
Alles um ihn herum ist weiß. Der Schneesturm so dicht, dass man kaum eine Armlänge weit sehen kann. Die Alpha kämpfen tapfer gegen den Wind, der hier oben so stark ist, dass sie sich ihm entgegenlehnen müssen. Eis und Schnee umspülen Jimin wie Wasser und Wellen. In dem Fell des Wolfs, der ihn trägt, ist der verfangende Schnee geschmolzen und zu Eis geworden, das nun wie Trauben, an einem Rebstock, tief verflochten, in das zornig schmutzige Haar, hinabhängt. Jimins Pyjamas, ist steif wie ein Brett, all die aufgesogen Feuchtigkeit gefroren. Seine Hände rot geschwollen, krallen sie sich tiefer in die Zotten des Fells. Er zieht sich nähr an den warmen Körper des Wolfes. Leere rotgeweinte jarde Augen mustern die verschneite Landschaft durch das dichte Dickicht des Pelzes. Er hat keine Tränen mehr die er weinen könnte. Und die längst versiegten Ströme sind auf seinen Wangen gefroren. Jimins nackte aufgeschürfte Füße spürt er nicht mehr. Dennoch presst er sie dichter an den warmen Bauch des Wolfes. Aus Angst sie könnte abfrieren, wenn er sie weiter von der einzige Wärmequelle entfernt, die er hat.
Der riesige Alpha der ihn bei der Kapuze gepackt hat scheint ihr Anführer zu sein, seit Stunden läuft sein grauer Wolf an der Spitze des Trupps. Da wo der Wind stärksten ist und die Luft am kältesten. Doch er scheint das nicht zu spüren, zu mindestens bemerkt Jimin keinen Mindlink zwischen den Wölfen und keiner knurrt oder heult, so wie sie es bei dem Waisenhaus getan haben. Er wird nicht abgelöst. Abgesehen von dem Heulen des Windes und dem Knirschen des Schnees unter ihren Tatzen, ist es totenstill. Nur hin und wieder wendet der graue Wolf seinen mächtigen Kopf, der nun weiß ist, von einer sein Fell durchziehenden Eiskristallschicht.
Warum, haben sie ihn mitgenommen? Jimin versteht es nicht. Als er noch ein kleines Junges war, kann er sich daran erinnern, wie ihm Jin und Namjoon immer Geschichten über das verschleppen von Wolfen erzählt haben. Um ihm Angst zu machen, damit er bloß nicht die schützenden Mauern des Waisenhausues verlässt. Und das hat er auch nie. Tae und Jimin sind immer brav drinnen geblieben, haben auf die Jüngsten aufgepasst, gekocht, gespielt. Sie waren glücklich in ihrem kleinen Reich und es gibt nicht einen Moment in dem Jimin Sehnsucht nach draußen gehabt hat. Erst jetzt begreift er langsam, wie schwach er eigentlich ist. Schon im Waisenhaus hat er oft im spielerischen Kräftmessen verloren. Aber hier, mitten unter diesen starken und kräftigen Auren, zwischen pferdegroßen Wölfen, wird ihm erst bewusst, wie schwach er eigentlich ist. Er hat nicht gewusst, dass so die Wölfe jenseits der Mauern ihres Gartens aussehen. Das sie so riechen, so heulen und ihm solche Angst machen. Er hat nicht gewusst, was Schnee und Eis sind, wie es sich anfühlt zu frieren. Warum sind diese Wölfe so riesig? Wenn er sich jetzt verwandeln würde, wäre er so groß wie ein Hund.
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Forced Fate
Fanfiction"Aber das ist purer Wahnsinn!" Die Augen des Wolfes geweitet vor Angst. "Alpha, sie können nicht alle töten!" "Ich kann. Ich will und ich werde." erwiedert Yoongis emotionslos, mit Augen, rubinrot vor Hass. ~~~ Der Krieg zwischen den beiden ältste...