--28.1--

12 1 0
                                    

Ich war mir mittlerweile nicht mehr sicher, was hier vor sich ging

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Ich war mir mittlerweile nicht mehr sicher, was hier vor sich ging. Anscheinend galt ich nun als Mitglied eines neuen Clans, dessen Name von meinen silbrigen Streifen inspiriert wurde.
Artiglio d'argento.
Silberkralle.
Ein Traum, in dem mich mein Onkel Ben verraten hatte und sich auf die Seite der einen Frau stellte, die ich begann, abgrundtief zu hassen. Eine Mutter, die ihr eigenes Kind, Seth, verletzt hatte und ihm nicht das gab, was er eindeutig verdiente.
Diese Hexe war der Anfang von seinen Schmerzen und als seine Gefährtin würde ich ihn vor den seelischen Qualen der orbis alius und der Menschenwelt beschützen. Zusammen. Ob aus dem Traum ein Alptraum wird?
Im geschmolzenen Raum herrschte nur noch gedämpftes Licht, was daran lag, dass sich außer Seth, Lara, Nikolai und mir weder Gregory noch Ratsmitglied hier aufhielten. Leider hieß das, Abigail erst einmal missen zu müssen. Zum Glück war mein Onkel ebenfalls verschwunden, denn so, wie mein Gefährte ihn nach der Befragung angeguckt hatte, wäre er ihm wohl am liebsten hier und jetzt an die Gurgel gegangen.
Obwohl er mich ohne ersinnlichen Grund verletzt hatte, sterben sollte Onkel Ben meinetwegen nicht. Was ich mir von ihm wünschte waren Rede und Antwort; einen triftigen Grund, ihm zu verzeihen und wieder zurück zu finden, zu dem unbeschwerten Umgang, den wir miteinander teilten.
„Seth." Mein Flüstern hallte unbeschreiblich laut und weit durch den Raum. Es war das erste gefallene Wort seit Nikolais Beschluss, uns eine Chance zu geben. Pluspunkte für den Vorsitzenden. Vielleicht werden wir ja doch noch Freunde. Miss Domane jedoch leidet anscheinend unter einem Anfall von Tollwut.
Tatsächlich waren Laras Zähne zu einem Fletschen verzogen. Sie sah keinen Vorteil darin, sich noch länger wie ein domestiziertes Tier zu geben, wenn sie doch lieber ihre roten Nägel in einen warmen Körper graben und mit Blut nachfärben wollte.

Seth wandte sich mir zu und küsste mich vor den Augen seiner Mutter, sehr zu ihrem Missfallen und meiner Verwirrung. Was war aus dem Nicht-schwach-wirken geworden? Jetzt hieß es wohl eher: Stachel die größenwahnsinnige Mutter an bis zur Weißglut. Kann er haben!
Ohne viel nachzudenken küsste ich ihn zurück und ließ unsere Zungen einen Tanz beginnen, der schnell zum Gefecht würde. Hitze stieg mir ins Gesicht und als ich die Augen öffnete, sah ich zunächst nichts als den Schein von Seths wundervoll seidigem Haar, das sowohl rot als auch schwarz glänzte und die dazu passenden, leuchtenden Augen. Sein inneres Feuer drang wieder einmal nach außen. Meine Zähne ebenfalls. Ihre scharfen Kanten kratzten über seine Unterlippe sodass Blut floss, welches ich genüsslich ableckte. Meine Tigerin liebte ihre Portion Blut. Schon bald würde sie die Krallen ausfahren und um mehr betteln, doch wir hatten Publikum und die Show war eher privater Natur.

Etwas außer Atem lösten wir uns voneinander. Unsere Augen dunkel vor Lust und der Macht, die in uns wuchs. Nicht nur Seth war dank unserer Verbindung stärker geworden, wir pushten uns gegenseitig immer höher und höher. Wo das noch hinführen mochte?
Und meine Anfälle? Geschichte! Jedenfalls im Moment.
Lara Domane hatte sich während unserer Liebkosung wie der Rest der Versammlung verflüchtigt. Ich kicherte und teilte meine Gedanken Seth mit, der mir ein leichtes Ziehen seiner Mundwinkel schenkte, bei dem mir das Herz in die Hose rutschte. Solch ein Gesicht sollte verboten sein. Dazu dieser Körper...
Ein zurückgehaltenes Husten weckte unsere Aufmerksamkeit. Ich meinte sogar, ein Lachen in den Augen der beeindruckenden Gestalt des Ratsvorsitzenden zu sehen, doch es war schnell verschwunden, bevor ich es genauer unter die Lupe nehmen konnte. Enttäuschend.
Ich fragte Seth, welche Art von Clanangehöriger Nikolai wohl war und prompt forderte er mich auf, zu raten. Als wäre ich nicht schon längst aus dem Ratealter hinaus. Irgendwie machte es mich jedoch kribbelig, solch Banalitäten mit Seth auszutauschen. Mein Hauskater mochte es also, zu spielen. Wir sahen uns sonst immer nur mit lebensbedrohlichen Szenarien konfrontiert, dass dies eine willkommene Abwechslung darstellte.
„Ich tippe mal nicht auf Wolf, dafür hat er sich zu gut unter Kontrolle. Bär könnte er allein aufgrund seiner Statur her sein, doch seine Füße sind zu klein. Bären haben riesige Füße, keine Ahnung woher sie ihre Schuhe bekommen. Reptilien sind ausgeschlossen, ihre Population macht einen zu kleinen Teil der orbis alius aus, um als Ratsmitglied eingesetzt zu werden. Bleiben noch Vögel aller Art, doch die scheuen bekanntlich bindende Aufträge, wie eine Position wie seine mit sich bringt. Muss an ihren Zugvögelgenen liegen. Also eine Katze, fragt sich nur welche", teilte ich ihm in Gedanken mit. Nikolai sollte ja nicht gleich über all unsere Gespräche Bescheid wissen. Meine Stirn legte sich in Falten und Seth fing an meinen Nacken zu massieren. Das half mir nicht gerade beim Konzentrieren, doch mit einem Mal machte es klick.
„Ich hab's! Löwe!", rief ich aus und erntete sogleich zwei tiefe Lachen. Mein Tiermann schüttelte nur den Kopf.
„Eine interessante Frau hast du da. Ein Tigerherz und Krallen einer Königin würdig, dabei so verspielt wie ein neugeborenes Kätzchen. Ich würde annehmen, Mutter Erde hat euch beide nicht grundlos zusammengebracht." Unter dem Gemurmel der Massen hatte Nikolais Stimme bereits voll und kräftig geklungen, doch der satte Klang im mitgenommenen und leeren Saal stellte alles zuvor Vernommene in den Schatten. „Außerdem sehr gut geraten. Man könnte meinen, du wärst schon seit Jahren mit den Clanangehörigen im Bunde, auch wenn ich weiß, dass dem nicht so ist."
Seth deutete eine Verbeugung an. „Ich danke für das Lob. Unser Band ist noch sehr frisch, jedoch genieße ich jede Minute."
„Das sehe ich, das sehe ich", stimmte der Löwe zu. „Meine Tochter würde sicherlich Gefallen an dir finden. Sie hat ihren eigenen Clan, dabei kommt es mir vor, als wäre sie erst gestern das erste Mal lachend in meine Arme gelaufen." Väterliche Liebe sprach aus jedem seiner Worte.
Von dieser Wendung geschockt konnte ich ihm nicht sofort antworten. Wer hätte auch gedacht, dass der Vorsitzende des Trogovats mich mit seiner Tochter befreundet sehen möchte?
Wie um mich zu erden legte sich Seths Hand an meine Hüfte und sein Kopf ruhte nunmehr auf dem meinen. Innerlich schnaubte ich etwas empört. Dann war ich eben klein, na und?
„Henna war gesund und munter als ich sie das vor nicht allzu langer Zeit im Dagger gesehen habe. Immer noch so lebendig wie eh und je."
„Verbringt sie ihre Zeit immer noch mit dieser Frau, Serena?"
„Die beiden sind sich wirklich nähergekommen", bestätigte ihm Seth. Ich staunte noch immer über diese unerwartete Unterhaltung.
„Und dieser... wie war sein Name noch gleich?", fragte Nikolai.
„Vincent?", half ihm mein Gefährte auf die Sprünge.
„Ja genau. Wenn dieses kleine Prinzchen seine Finger nicht von meiner Henna lassen kann, wird es womöglich noch Krieg geben."
Augenblicklich lachte nun Seth aus vollem Hals. „Ich denke nicht, dass sie sich darüber Sorgen machen müssen. Ihre Tochter weiß, wie man mit einem verliebten Vampir umzugehen hat. So viel anders als mit einem unserer Männchen ist das ja nicht. Was die Politik angeht denke ich, oder eher weiß ich, dass Vincent ihre Tochter eher verlassen würde, als sie zwischen die Fronten geraten zu lassen. Vampire, vor allem der Vampiradel hat die Fähigkeit, Intrigen zu wirken, bereits mit dem ersten Blutkuss aufgenommen."
„Hoffen wir mal, du liegst mit deinem Urteil richtig, junge Feuerklinge. Was wir im Moment nicht gebrauchen können, ist ein Krieg zwischen den Völkern, so gerne ich ein paar von ihnen auch unter meinen Pranken haben würde." Ich sah den geteilten Blick der beiden Männer. Manche Dinge würde eine Frau nie verstehen.
„Ratsvorsitzender Nikolai, wenn sie uns nun entschuldigen würden? Bevor sich mein Gefährte auf den Weg macht, müssen wir noch ein paar Dinge besprechen. Wir werden in unserem Zimmer sein, sollte es noch etwas geben, worüber Sie mit uns sprechen wöllen." Der große Löwenwandler hob nur eine Augenraue und sah mir zu, wie ich Seth gekonnt am Arm packte und mit geschmeidigen Schritten zügig einen Abgang machte. Jahrelanges Versteckspielen und das Meiden von jedweden Gruppierungen hat mich dies gelehrt.
„Sag jetzt nichts! Ich bin sauer auf dich!" Ich zog ihn weiter hinter mir her bis wir unser Zimmer erreicht hatten. Dort stellte ich mich ihm gegenüber und sah ihm in die Augen. „Seth...", flüsterte ich und ungeweinte Tränen bettelten herausgelassen zu werden. Sofort nahm mich mein Tiermann in die Arme.
„Schschsch, Engelchen. Es kommt alles wieder in Ordnung", redete er sacht auf mich ein, doch seine Worte konnten mich nicht überzeugen.
„Und wie stellst du dir das vor? Ägypten ist nicht gerade um die Ecke. Dir kann wer weiß was passieren! Wahrscheinlich ist das Ganze auch nur irgendeine Falle und dann hilft dir deine Stärke auch nicht mehr aus dem Schlamassel!"
„Unsere Stärke, Miranda. Wir sind ein Team, hast du das etwa schon vergessen?" Ich starrte ihn erbost an.
„Natürlich nicht! Mir missfällt nur der Gedanke, von dir getrennt zu sein." In meinem Kopf spielten die Gedanken Achterbahn und mit jeder Sekunde wurde ich angespannter. Seth streichelte mir durchs Haar, auch als ich ihm wahrscheinlich mit meinen Krallen die Haut vom Rücken zog, so fest trieb ich sie ausgefahren in sein Fleisch. Seine Schmerzen hielt er sorgfältig vor mir verborgen. Wie konnte er das alles, dieses ganze Getue, einfach so hinnehmen?
„Es ist alles so unfair! Ich habe dich gerade erst gefunden, und jetzt soll ich dich ziehen lassen?" Die Hand in meinen Haaren packte zu, sodass ich keine andere Wahl hatte, als nach oben zu sehen.
„Hör mir zu. Die Welt ist kein fairer Ort. Nirgendwo ist man vollkommen sicher. Das ist so, weil in jeden von uns die Dunkelheit wohnt, ein Schatten unserer Selbst, den das Licht nur dunkler macht."
„Soll mich das jetzt aufheitern?", schniefte ich. Seine Worte hinterließen bei mir einen seltsamen Nachgeschmack.
„Nein, das nicht. Es soll dir vor Augen führen, wie viele glücklichen Momente du im Leben erfahren hast, die nur noch heller erstrahlen, je dunkler der Rest dagegen scheint. Licht und Schatten sind nur zwei Seiten einer Medaille, was sie als Ganzes verändert. Reinheit ist dabei nur eine Illusion, Engelchen. Wir alle sind dreckig, ob von vorne oder von hinten. Doch wollen wir diejenigen sein, welche die Dunkelheit verbrennen und zu Asche werden lassen oder lassen wir uns einschüchtern, von den Worten alter Männer und dem Blut, das angeblich in uns fließt?" Seths Lippen waren zurückgezogen und seine Reißzähne unnatürlich verlängert. Feuer brannte durch seine Adern. Es durchströmte ihn wie das Wasser einen unbeugsamen Stamm. Unter seiner Rinde pulsierte es vor Leben. Seine nächsten Worte klangen feierlich:
„Wir sind Katzen. Wir jagen in der Nacht. Und wenn es sein muss, machen wir die Dunkelheit dunkler und das Licht heller. Wenn es sein muss, finde ich etwas Unauffindbares, zerschlage etwas Unschlagbares und lege mich sogar mit einer Gottheit an."
Vorsichtig löse ich mich von ihm. Meine Hände waren von seinem Lebenssaft ganz glitschig. Ich sah das Licht, wie es sich auf ihnen spiegelte und steckte mir einen Finger in den Mund.
Seth stöhnte.
Er zog mich zu sich heran.
Küsste mich und frage:
„Wirst du mich ziehen lassen?"

Ich stellte ihr die eine Frage, welche mir auf der Zunge brannte, denn meine wilde Gefährtin musste verstehen, dass es keine andere Möglichkeit gab

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Ich stellte ihr die eine Frage, welche mir auf der Zunge brannte, denn meine wilde Gefährtin musste verstehen, dass es keine andere Möglichkeit gab. Wirst du mich ziehen lassen?
Vielleicht nicht die beste Wortwahl, vor allem da ich die tatsächliche Antwort schon kannte: Nein. Wäre es anders herum, ich weiß nicht ob ich es gekonnt hätte.
Mit geschlitzten Pupillen sah mein Engel zu mir herauf. Die animalische Veränderung verlieh ihrem herzförmigen Gesicht eine Härte, die den Panther in mir weckte. Etwas Blut klebte ihr noch am Mundwinkel und ich sah ihre vorwitzige Zunge hervorschnellen, um es abzulecken. Oh du süße Folter.

Miranda hatte einen Teil der Tigerin zum Vorschein kommen lassen, obwohl ihr wahrer Körper eingesperrt blieb. Wie sehr lockte es mich mit ihr über die Dächer unserer schönen Stadt zu hetzen und an nichts denken zu müssen, als an das Hier und Jetzt. Ihr Silber und mein Schwarz würden einen wundervollen Kontrast abgeben, das Mondlicht würde ihre Schönheit nur noch unterstreichen.
Ich war überrascht, als mein Engel mich letztendlich um ein Versprechen bat, doch viel mehr überraschte mich die Wirkung, die dieses auf mich ausübte. Zu sehr erinnerte es mich an den Tag der Flammen und an Lizzies letzte Worte.

Hey Seth, du kommst doch zurück, oder? Du weißt, dass ich es ohne dich hier nicht lange aushalte. Vater wird mich nicht mal mehr vor die Tür lassen, dabei bin ich doch schon so lange gesund. Du bist der einzige, den ich hier mehr liebe als meine Bücher." Sie nahm mich bei der Hand und drückte ganz fest zu. Ihre dünnen Finger, die sonst nur Papier und den Stoff ihrer Bettdecke berührten, hielten die meinen. Ich fühlte mich auf angenehme Art und Weise gefangen, bis ich die Tränen sah, die in ihren dunklen Augen glitzerten.
„Komm zurück. Egal wie, versprich mir, du kommst zu mir zurück. Versprich es!" Und ich tat was sie von mir verlangte, nur um das kleine, atemberaubende Lächeln auf ihren Lippen zu sehen. Ich versprach ihr alles. Ich schenkte ihr alles, bis auf ein kleines, entscheidendes, zerstörerisches Geheimnis. Ich sagte ihr, dass ich sie ebenfalls liebe. Hätte ich es doch nicht getan. Alles.
Meine Rückkehr bedeutete gleichzeitig das Ende. Lippen, die ich einst vergötterte, suchten mich mit ihren vorwurfsvollen Worten heim und zerstörten die Erinnerung an ein ganz besonderes Lächeln.
Rauch und Asche überall.
Die Schreie eines Mädchens.
Eine Box, die aus dem Fenster geworfen wurde und Glassplitter in alle Richtungen verteilte. Schmerz. Noch mehr Schmerz. Unerträgliche Qual.
Das Feuer brannte lichterloh, es schmolz, versengte und fraß alles auf.
Ein Lächeln aus verbranntem Fleisch. Nein, ein Schrei. Ein schwarzes Loch ins Nichts.

My other Half - Panther's chains Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt