~Kapitel 19~

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Ihre nach Flieder riechende Hand legte sich sanft auf seine erhitzte Wange und fuhr zärtlich darüber. Wie sehr er ihre Berührung vermisst hatte. Eine Geste, welche ihm zeigte, dass er geliebt wurde. Er wollte nicht auch noch sie an die Dunkelheit verlieren, aber er wusste, dass ihm keine Wahl blieb. Tränen brannten in seinen Augen, doch er hielt sie zurück. Sein Vater beobachtete ihn und wenn dieser sah, dass er Schwäche zeigte, würden ihm erneut grausame Torturen bevorstehen. Also biss er die Zähne zusammen und schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter, welcher ihm das Atmen erschwerte. "Kämpfe immer für die, die du liebst", hauchte sie und ihre grauen Augen füllten sich mit Tränen. Jene Augen, welchen den seinen so sehr ähnelten. Es brach ihm das Herz. "Das werde ich, Mum."

Plötzlich hörte er in seinem Rücken die Peitsche knallen. Sein Vater trat näher an ihn heran und sofort machte sich der abscheuliche Geruch von Thymian breit, den er immerzu verbreitete. Hinter ihm lief das Aufnahmegerät. Somit würden seine Schandtaten niemals in Vergessenheit geraten. Als Madoc erneut den Mund öffnete, spürte er bereits den ersten Peitschenhieb, welcher ihm den Rücken aufriss. Mühsam unterdrückte er einen Schrei. "Töte sie und die Schmerzen hören auf", erklang nun die herrische Stimme seines Vaters. "Du hast doch nicht etwa Mitleid mit ihr?" Natürlich hatte er das, doch was blieb ihm denn anderes übrig, als dem Befehl Folge zu leisten? "Nein, Dad. Natürlich nicht." Zitternd hob er die Waffe und zielte zwischen ihre Augen. Das rabenschwarze Haar umrahmte ihr viel zu blasses Gesicht und ließ sie somit kränklich wirken. Als er erneut den Blickkontakt zu ihr aufnahm, spürte er bereits den nächsten Hieb auf seinem Rücken. Ein leises "Ich liebe dich" war das Letzte, was ihren Mund verließ, ehe die Kugel ihr Ziel traf. Ihr ausgezehrter Körper fiel dumpf auf den kalten Steinboden. Er konnte nicht anders. Ihm entfuhr ein vehementes Wimmern und sofort durchschlug eine Kugel seinen Unterschenkel. Mit seinem Schrei wechselte die Sequenz.

Ein großgewachsenes Mädchen mit schulterlangem braunen Haar stand vor einer Höhle, deren Eingang kein Blick ins Innere ermöglichte. Durch ihre schwarze Kleidung wirkte es so, als ob sie mit der Dunkelheit zu verschmelzen schien. Langsam lief er auf sie zu. Ein starker Wind zerzauste ihm die Haare und ließ ihn frösteln. In Madoc schien ein Gefühl der Furcht aufzukeimen und seine Hände wurden schweißnass. Sein innerer Instinkt sagte ihm, dass hier etwas nicht stimmte. Ohne groß darüber nachzudenken, beschleunigte er sein Tempo, bis er schlussendlich rannte. Doch egal wie schnell er auch lief, das unbekannte Mädchen blieb für ihn unerreichbar. Seine Muskeln schmerzten, seine Lunge brannte, aber es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, einfach so stehen zu bleiben. Er wusste nicht, wer diese Person war. Er wusste nur, dass sie eine unglaubliche Ruhe ausstrahlte, sodass selbst seine Dämonen und die Stimme seines Vaters schwiegen. Eine Bewegung am Rande seines Blickfeldes ließ ihn den Kopf drehen. Dort stand Luciá und blickte ihn aus strahlenden Augen an. Die Latina hob die Hand und winkte ihm aufgeregt. Gerade als er stehen bleiben wollte, durchschlug eine Kugel Luciás Kopf und sie öffnete den Mund zu einem stillen Schrei. Madoc keuchte auf und musste mit Schrecken feststellen, dass hinter der Latina die Kopie seiner selbst hervorkam. Sein Klon hatte eine Glock 17 in der Hand und blickte ihm aus hasserfüllten, stahlgrauen Augen entgegen. Das zynische Lächeln verpasste ihm eine unangenehme Gänsehaut. "Und so stirbt auch die letzte Diaz durch meine Hand", lachte er und löste sich dann mitsamt der Latina in Luft auf. Madoc schüttelte wild den Kopf und fand sich dann direkt vor dem Mädchen wieder.

Als sie sich zu ihm umdrehte, zog er erschrocken die Luft ein. "Aubrey ..." Er wollte die Hand nach ihr ausstrecken und sie berühren, jedoch schien eine unsichtbare Wand zwischen ihnen zu sein. Verzweifelt suchte er ihre Aufmerksamkeit. Aubrey erwiderte seinen Blick. "Geht es dir gut? Hat Dan dir etwas angetan?" Madoc wollte erneut die Hand ausstrecken, doch die Dunkelheit formte Speere, welche ihren zierlichen Körper durchdrangen. Fassungslos starrte er auf die schwarze, zähe Masse, welche aus den Wunden floss. Die Sperre formten unzählige schwarze Fühler, die sich kurz darauf um ihren Körper wanden wie eine Schlange. Das Blau ihrer Augen verblasste. Erst wurden sie weiß, bis sie dann wie Löcher in einem Schädel wirkten. Aubreys Körper wurde in die Höhle gezogen. Er konnte nur verzweifelt dabei zusehen, wie sie immer weiter in der Dunkelheit verschwand. "Ich brauche dich doch. Lass mich nicht allein", flüsterte er schluchzend. Seine Knie wurden weich und er sank auf den harten Boden. Nebel umwaberte ihn und eine leise Stimme flüsterte ihm nachdrücklich einen Satz ins Ohr. "Kämpfe immer für die, die du liebst."

Serial Killer (In Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt