~Kapitel 23~

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Rastlos wälzte Luciá sich im Bett ihres Hotelzimmers hin und her, fand jedoch keinen Schlaf. Das laute Tosen der landenden Flugzeuge drang in ihre Ohren. “Was solls, ich kann sowieso nicht schlafen.” Seufzend öffnete sie die Augen und warf einen flüchtigen Blick auf das helle Display ihres Handys. Es war 02:22 Uhr morgens. Frustriert fuhr sie sich übers Gesicht. Sie hatte noch nicht einmal zwei Stunden geschlafen. Nach dem gestrigen Tag brauchte sie jedoch unbedingt eine Mütze Schlaf, aber ihr Kopf kam einfach nicht zur Ruhe. Dem Defiler war es gelungen, mit Aubrey zu fliehen, und sie hatte es noch nicht einmal über sich gebracht, ihrem Vorgesetzten ihr erneutes Scheitern zu beichten. Dieser Sexualmörder war mehr als nur gerissen. Er hatte Knox ausgespielt und die gesamten Truppen des BKA allein mit Aubrey in Schach gehalten. Im Endeffekt mussten sie sich ihm fügen - um Aubrey Willen. Somit war er mit seinem Wagen geflüchtet und hatte, natürlich nicht ohne ihres Wissens, den nächstbesten Flieger nach Amerika genommen. Wäre es nach dem BKA gegangen, hätten sie ihn mit allen Mitteln am Flughafen abgefangen, aber sowohl das FBI als auch das MI5 hatten andere Pläne. “Ein Zusammentreffen starker Persönlichkeiten. Sie sind wie kleine Kinder, die sich nicht einig werden und sich um einen Lutscher streiten. Typisch Männer.” An sich sollte es ihr recht sein, denn alles, was Luciá tat, war Befehle zu befolgen.

Sie und Brian hatten Knox abkommandiert und ihn mehr oder weniger erfolgreich, vorerst gezwungen, sich zurückzuziehen. Dies hatte er verwunderlicherweise auch getan. Brian kannte den Killer besser und länger, als sie es tat, und als er Alarm geschlagen hatte, hatte sie ihm zugestimmt. Der Kriminalbeamte hatte sie auf Madocs Körpersprache aufmerksam gemacht und wenn man wusste, was ihn abgesehen von seinen Augen verriet, übersah man es nie wieder. Das rhythmische anspannen seiner Kiefermuskulatur, die verkrampfte Körperhaltung, der starre, analytische Blick und das leichte Zucken in seinen Fingern. Meistens war es da jedoch schon zu spät.

Am Ende hatte sich ihr Entschluss als eine brachiale Fehlentscheidung erwiesen. Knox hätte womöglich die Beherrschung verloren, aber es wäre ihm dennoch gelungen, den Defiler zu fassen. Zumindest irgendwie. "Wieso habe ich ihn angefleht, mir zu helfen, wenn ich ihn dann vom Geschehen fernhalte? Er ist unsere stärkste Waffe." Ihr Vorgesetzter würde schreien vor Wut, denn zu lange schon war Dan auf freiem Fuß. Es faszinierte sie immer wieder, wie ein augenscheinlich normaler Mensch zu solchen Schandtaten fähig war. “Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten”, hatte sie sich bei Knox immer gedacht. Doch lieber befasste sie sich mit einem Sexualmörder, als mit dem gefährlichsten Killer der Welt. 

Luciá schlug die Decke beiseite und erhob sich. Nachdem sie die Kaffeemaschine angemacht hatte, öffnete sie das Fenster, um die stickige Luft aus dem Appartement zu lassen. Sie stellte sich ans Fenster. Die kühle Morgenluft wehte ihr entgegen und zerzauste ihr die Haare. Unbewusst schloss sich ihre Hand um das faustgroße Amulett an ihrem Hals, welches das Bild von ihr und ihrer Zwillingsschwester enthielt. Es war ihre bestgehütete Erinnerung an sie. Nichts war kostbarer als dieses kleine, silberne Amulett. Und nichts hatte Knox und sie zuvor so sehr verbunden als diese Erinnerung. “Sophia wäre bestimmt enttäuscht, wenn sie wüsste, dass ich ihren Mörder liebe.” Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sich dem Killer mit all ihren Emotionen hinzugeben, aber sie bereute es nicht. Sie bereute es nur, sich von ihrer Vergangenheit eingeholt zu fühlen. Denn seit dem Tod ihrer Zwillingsschwester hatte sie sich immer gewünscht, an ihrer Stelle gestorben zu sein. “Ich sollte dich hassen, Madoc.”

Währenddem sie nach draußen blickte und das Lichtschauspiel der abhebenden Flugzeuge genoss, rief sie ihren Vorgesetzten an. Auch wenn sie ihn womöglich weckte, Luciá musste ihm Bericht erstatten. Es klingelte dreimal, ehe er abnahm. "Ich hoffe, es gibt einen triftigen Grund, weswegen Sie mich um diese Uhrzeit anrufen, Luciá", erklang die erschöpfte Stimme Godrics. Sie holte ein paar Mal tief Luft, da sie Angst vor seiner Reaktion hatte. "Entschuldigen Sie vielmals, Sir. Aber ich muss Ihnen ...", setzte sie an, aber er machte sich gar nicht erst die Mühe, sie ausreden zu lassen. "Ersparen Sie sich das", schnitt ihr seine schneidende Stimme prompt das Wort ab. "Ich weiß es bereits. Sagen Sie mir eines, Luciá. Weswegen denken Sie, dass das FBI und das MI5 Knox haben ziehen lassen? Denken Sie wirklich, dass wir den gefährlichsten Serienkiller der Welt ohne triftigen Grund auf freiem Fuß lassen?" Ihre Gedanken überschlugen sich und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Aber bevor sie das überhaupt gekonnt hätte, fuhr ihr Vorgesetzter bereits mit seiner Schimpftirade fort. "Sie sollten ihn gottverdammt nochmal um seine Unterstützung bitten und zu was haben Sie es gebracht?! Genau, zu nichts! Zweimal ist Ihnen der Defiler bereits entwischt! Das sind zweimal zu viel!", schrie er lautstark und seine Stimme wurde immer lauter, je länger er sprach.

Serial Killer (In Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt