~Kapitel 22~

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Unruhig tigerte Madoc in seinem Wohnzimmer auf und ab. Es war bereits stockdunkel draußen und immer noch hatte er keine Rückmeldung von Brian erhalten. Der Kriminalbeamte hatte ihm versichert, sich bei ihm zu melden, sobald sie die Spur aufgenommen hatten. Er vertraute darauf. "Wenn du sie umgebracht hast, wirst du der Nächste sein, der stirbt, Defiler." In einem gleichmäßigen Rhythmus schloss er seine Hände zu Fäusten und öffnete sie kurz darauf wieder. Allmählich brummte ihm der Schädel und es fühlte sich so an, als ob jemand mit einem Presslufthammer immer wieder gegen seine Schläfen hämmern würde. Stirnrunzelnd schmiss er sich eine Ibo ein. Die Dritte an diesem Tag. Anscheinend hatte er eine gewisse Resistenz gegen dieses Medikament entwickelt, denn die Wirkung würde auch dieses Mal ausbleiben, das wusste er. Aubreys Schmerzensschrei hallte immer noch in seinem Kopf wider und ließ seine Ohren klingeln. Es war ein Geräusch, welches er verursacht hatte. Wäre er nachsichtiger und aufmerksamer gewesen, hätte er verhindern können, dass seine Klinge Aubreys Schulter traf. "Ich hätte bereits so vieles verhindern können." Nachdem der Defiler mit ihr geflohen war, hatten Luciá und Brian ihn dazu gezwungen, sich zurückzuziehen, da sie Angst hatten, dass bei ihm eine Sicherung durchbrannte. Doch die Beiden hatten Recht gehabt. Madoc wusste nicht, was er sonst alles getan hätte. Er wollte es auch nicht wissen. Schon als die erste Kugel Aubreys Bein durchschlagen hatte, hatte sich sein Vater zu Wort gemeldet. Und nun tat er es erneut. "Inneren Schmerz zu betäuben ist nicht leicht, habe ich recht? Dir bleiben nur drei Möglichkeiten, mein Sohn. Füge dir oder anderen Schmerzen zu, habe Sex oder töte. Und wenn du tötest, hören die Schmerzen auf." Madoc starrte stirnrunzelnd ins Leere. Ja, wie lindernd es wäre, jemandem das Leben zu nehmen ... Er würde zuerst mit den Fingerkuppen anfangen. Eine nach der anderen würde er sie abtrennen. Dann würde er die feinen Knochen in den Händen seines Opfers brechen. Er würde die Schreie mit Genuss in sich aufnehmen und sich im Leid seines Opfers suhlen. Und danach ... "Stop! Hör sofort auf damit!", schrie er mit energischer Stimme, um die Szenarien aus seinem Kopf zu verbannen. "Du wirst daran zugrunde gehen. Du musst dich entscheiden. Das musstest du schon immer." Sero war im Recht. Er hatte sich immer entscheiden müssen, doch bei seinem Vater blieb ihm immer nur die Wahl des Todes. Seufzend begab er sich in seinen Meditationsraum.

Mit einem Händeklatschen gingen die Lichter an und erfüllten den Raum mit sanftem Licht. Madoc schloss die Tür und ließ sich auf dem schwarzen Kissen nieder, welches sich in der Mitte des Raumes befand. Nach einem weiteren Klatschen erloschen die Lichter wieder. So konnte er nicht von anderen Sinneseindrücken abgelenkt werden. Das Einzige, was man hörte, war sein Herzschlag und sein gleichmäßiger Atem. Nachdem Madoc sich seiner kompletten Kleidung entledigt hatte, schloss er die Augen und fuhr unter das Kissen, bis er die kalte Klinge an seiner Hand spürte, welche sich darunter befand. "Wieder einmal entscheide mich gegen den Tod, Vater." Doch wenn seine innere Unruhe durch den Schmerz nicht verflog, musste er zu drastischeren Mitteln greifen, und dass wollte er um jeden Preis vermeiden. "Ich habe an dir versagt", flüsterte Sero enttäuscht, ehe seine Stimme vollends verstummte. Er setzte die Klinge an seinen gesunden Arm und zog sie über seine vernarbte Haut. Währenddessen rief er eine Erinnerung in seinem Verstand hervor. Wie so oft schaffte er es, sie so zu erleben, als wenn das Geschehnis in diesem Augenblick passieren würde.

Der Schmerz, welcher die Peitschenhiebe verursachte, floss wie Gift durch seinen Körper. In seinem Kopf zählte er leise bis zehn, dann kam die lang ersehnte Pause. So dachte er zumindest. Doch sein Vater fuhr ihm in die Haare und riss seinen Kopf nach hinten. "Du glaubst doch nicht, dass es das schon war? Gefühle zu zeigen bedeutet Schwäche. Und genau das bist du. Schwach!" Seros Hand traf auf seinen Wangenknochen und es knackte unangenehm. Stöhnend ging Madoc zu Boden, die Tatsache ignorierend, dass er bereits weinte. Sein Vater knurrte wütend. Er spürte, wie seine Handgelenke mit Stacheldraht zusammengebunden wurden und wie seine Haut unter dem scharfen Metall aufriss. "Dad, du tust mir weh!", schrie er immer wieder, bis seine Kehle staubtrocken wurde und er zu husten begann. "Du bist kein Mörder. Nur ein unfähiger Feigling. Und du weißt, was jetzt passiert", flüsterte sein Vater grollend. Man konnte förmlich die Vorfreude in seiner Stimme hören. "Ich will dich stolz machen, Dad", wisperte er mit weinerlicher Stimme und reckte das Kinn. Sero lächelte sein allerschönstes Lächeln. Hätte er damals bloß gewusst, dass es nur affektiert war ... "Natürlich willst du das. Das ist mein Junge. Jetzt zeig mir, was du gelernt hast." Augenblick spürte er, wie die kalte Klinge sein Fleisch und seine Muskeln durchtrennte. Sein Vater ritzte ihm Buchstaben in die Brust, aber er schrie nicht, denn er wollte ihn stolz machen. Er wollte Papas Champ sein ...

Serial Killer (In Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt