Kapitel 21

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Ich wachte erst um halb 11 auf, da die Nacht viel zu lange war. Leider hatte ich sie mehr mit weinen, als mit schlafen verbracht hatte. Dementsprechend fühlte ich mich nicht unbedingt danach, früh aufzustehen und zusammen mit der ganzen Familie Hemmings zu Frühstücken. Generell wollte ich heute niemandem Begegnen, egal wer es war.

Dennoch kämpfte ich mich antriebslos aus meinem warmen Bett, nur um kurz darauf meinem schrecklichen Spiegelbild gegenüber zu stehen. Meine Haare standen in alle Richtungen, was eigentlich nichts Ungewöhnliches war, doch in Kombination mit der verlaufenen Wimperntusche, den geröteten und geschwollenen Augen und dem fahlen Teint sah ich extrem scheiße aus. Ich versuchte mein Unterbewusstsein erst gar nicht zu überzeugen, dass ich nicht so schlimm aussah wie ich mich fühlte.

Doch ehrlich gesagt sah ich genauso aus wie ich mich fühlte: als hätte man mich mit einem Truck namens „Ja Luke, brich ihr nur das Herz“ überfahren. Wahrscheinlich dachten sich manche, ich würde vollkomme übertreiben, aber ich fühlte mich als hätte Luke gestern mit mir Schluss gemacht, nachdem wir eine langjährige Beziehung hinter uns hatten. Schon ironisch das wir überhaupt nie eine Paar gewesen sind…

Bewusst mied ich es den ganzen Tag aus meinem Zimmer zu gehen. Und wenn ich es tat, dann nur wenn ich mich auch ordentlich versicherte, dass ich auf keine Personen des Hauses treffen würde. Ich verbrachte den ganzen Tag also damit in meinem Zimmer zu hocken, Musik zu hören und Bilder zu bearbeiten. Nicht einmal um etwas zu essen verließ ich mein Zimmer.

Man glaubt es kaum, aber traurig sein zehrt verdammt an den Kräften, weshalb ich schon um acht Uhr ins Bett ging. Ich fand zwar schnell in den Schlaf, erholsam war er aber nicht. Unruhig wälzte ich mich hin und her, während mich fürchterliche Albträume plagten.

Schwer keuchend schreckte ich erneut von einem Albtraum hoch. Ich musste erst gar nicht auf die Uhr schauen um zu wissen, dass es noch mitten in der Nacht war. Ich atmete tief durch und ließ mich wieder in mein Kissen fallen. Ich war viel zu aufgekratzt um jetzt noch einmal einzuschlafen…

Ich sog die stickige Luft meines Zimmers in meine Lungen und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Es war nicht viel zu hören, bis auf den röhrende Auspuff eines Autos. Doch je länger ich ruhig war, desto klarer hörte ich eine leise, deprimierende Melodie. Ohne lange zu Zweifeln wusste ich, dass es nur Luke sein konnte. Wollte er es mir wirklich noch schwerer machen, indem er mitten in der Nacht tieftraurige Musik machte?

Ich hatte keine Ahnung was mich in diesem Moment ritt, doch vorsichtig schwang ich meine Beine aus dem Bett und tapste aus meinem Zimmer. So leise wie möglich schlich ich den Flur hinunter. Die Melodie war mittlerweile verebbt, jedoch konnte ich Lukes herzzerreißendes Seufzen aus Richtung der Küche hören. Auf Zehenspitzen tippelte ich bis ich in die Küche hineinsehen konnte. Das fahle Licht umspielte seine traurigen Gesichtszüge und ließ ihn noch schöner wirken, als er ohnehin schon war.

Die Akustikgitarre lag achtlos auf dem Boden während Luke sich dem halbvollen Nutella Glas in seiner Hand widmete. Schlagartig fühlte ich mich an unseren ersten Tag, beziehungsweise unsere erste Nacht, in der wir uns kannten zurückversetzt. Auch damals erwischte ich ihn mitten in der Nacht mit dem Nutella Glas, nur mit dem kleinen Unterschied, dass er damals keinen Löffel benutzt hatte. Diesmal hatte Luke also wirklich auf mich gehört…

Das zehrende Bedürfnis mich in seine Arme zu kuscheln und den ganzen Mist einfach nur zu vergessen überkam mich. Einfach bei ihm zu sein und uns gegenseitig von unserem Kummer zu befreien. Aber fühlte er sich überhaupt so wie ich mich? Mein Unterbewusstsein zweifelte an meinen eigenen Gedanken. Natürlich machte er sich über andere Dinge sorgen, als dass er über mich nachdachte. Wie naiv war ich eigentlich?!

There's No Place Like Home || Luke Hemmings FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt