Kapitel 13

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Auch am nächsten Morgen schlurfte Sienna wenig begeistert in die Küche. Sie sah um einiges schlechter aus, als gestern. Ihr Gesicht war nach wie vor aschfahl, die Haare waren strähnig und die Augen blutunterlaufen und geschwollen. Mitfühlend betrachtete ich sie: „Ist dir noch immer übel?“ Sie nickte, sah aber nicht auf. „Sind die Kopfschmerzen weg, oder immer noch da?“, hakte ich weiter nach. „Sind immer noch da… und ich hab keinen Hunger.“, murmelte sie leise, als ich ihr das Brotkörbchen reichen wollte. Was hatte sie nur, dass sie so aussah? Eine Grippe allein konnte es bestimmt nicht sein. Unruhig rutschte sie auf dem Stuhl hin und her, als ob sie meine Gedanken hören könnte. Ich hoffte nur, dass Julia heute sagen würde, dass sie zu Hause bleiben konnte. Man sah es ihr doch an, dass es ihr scheiße ging. Sienna wurde von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Obwohl ihr Blick stur auf die Tischplatte geheftet war, sah sie aus als würde sie in jedem Moment in Tränen aus brechen. Es zerbrach mir das Herz sie so zu sehen, doch ich hatte leider keinen blassen Schimmer wie ich ihr helfen konnte. Ich wusste ja noch nicht einmal was sie hatte!
Sienna versuchte nicht einmal Julia zu fragen, ob sie zu Hause bleiben könnte. Sie blieb einfach still sitzen. Die Angst war zu groß, erneut angeschrieen zu werden. Ich wollte gerade Julia auf Siennas fürchterlichen Gesundheitszustand hinweisen, wagte es jedoch gar nicht erst denn Mund auf zu machen, als mir Julias eisiger Blick begegnete. Die Eiskönigin lässt Grüßen.

Da Julia heute ihren Freien Tag hatte, beschloss ich kurzerhand, den Vormittag in der Stadt zu verbringen. Ich hatte wirklich keine Lust mit ihr und ihren Stimmungsschwankungen alleine in einem Haus zu sein. Ich schnappte mir also meine Kamera bevor wir los fuhren, um etwas Sinnvolles zu tun, während ich Sydney erkundete.

Aber wie immer brachte ich zuerst Sienna in die Schule. Auch wie am Vortag, stürmte eine kleine Gruppe von hysterischen Mädchen auf Sienna zu, sobald sie aus dem Auto stieg. Sie warf mir einen beinahe flehenden Blick zu. Ich zuckte nur mit den Schultern da ich wie immer keinen Plan hatte, was hier überhaupt los war. Nachdem ich auch Finnlay in den Kindergarten gebracht hatte, hatte ich endlich ein wenig Zeit mich in Sydney umzusehen. Mit meiner Kamera bewaffnet, schlenderte ich also durch die belebten Straßen Sydneys und fotografierte wild drauf los.

Nach ungefähr eineinhalb Stunden taten mir vom vielen laufen, die Füße weh, weshalb ich mich dazu entschied eine kleine Pause im nächstgelegenen Starbucks zu machen. Eigentlich war ich nicht unbedingt ein riesen Fan dieses Ladens, aber ab und zu tat es dennoch gut, sich einen der Kaffees zu gönnen.
Mit meinen Vanilla Latte in der Hand, wollte ich mich eigentlich gerade nach einem ruhigen Platz umsehen, stieß jedoch mit jemanden zusammen. Das war jetzt nicht diese typische Filmszene, in der die weibliche Hauptperson mit einem attraktiven Mann zusammenstößt, ihr Getränk verschüttet und sich beide unsterblich ineinander verliebten, sondern ich wollte dem jenigen gerade so gehörig die Meinung geigen. Leider kam mir mein gegenüber zu vor.
„Hey Reagan, wie geht’s dir so? Ich hab gehört du hattest am Sonntag ziemlich einen Kater.“, grinste mich Lucia fröhlich an. „Hey. Oh Gott, wer weiß das denn noch alles…“, stöhnte ich frustriert auf. Allein der Gedanke an Sonntag ließ mich erschaudern. So einen schlimmen Kater hatte ich wirklich noch nie gehabt. „Wenn du Zeit hast könnten wir uns doch gemeinsam hinsetzen und einwenig quatschen, oder? Ich bin nämlich nur alleine hier.“, bot mir Lucia an. Ihr breites Grinsens ließ ihre strahlendweißen Zähne hervorblitzen. Dankend nahm ich ihr Angebot an, da es schön war sich wieder einmal mit einem Mädchen in meinem Alter von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten, ohne befürchten zu müssen, abgewiesen zu werden.

Keine fünf Minuten später, saßen wir also an einem Tisch, in einem ruhigen Eck, des Ladens. „Jetzt erzähl mal, was war da am Sonntag los?“ Neugierig starrte mich Lucia an. „Naja… ich bin am Morgen aufgewacht, hatte unglaubliche Kopfschmerzen und mir war spei übel. Leider hat sich mein Mageninhalt dazu entschieden noch mal guten Tag zu sagen… ich hab mir quasi die Seele aus dem Leib gekotzt, während Luke mir die Haare aus dem Gesicht gehalten hat.“, antwortete ich schulterzuckend.
„Awwww ich wusste doch, dass da etwas zwischen euch läuft! Calum schuldet mir jetzt fünf Mäuse.“ Lucias quietschen war im ganzen Geschäft, und bestimmt noch weiter, zu hören. „Da läuft gar nichts zwischen uns!“, bestritt ich sofort. „Habt ihr etwa gewettet?!“, fügte ich Verständnislos hinzu, als Lucia nur wissend mit den Augenbrauen wackelte. „Ja… wir haben gewettet wie lange es dauern würde, bis ihr euch näher kommt. Anscheinend hat’s ja nicht wirklich lange gedauert.“ Diesmal war sie es die mit den Schultern zuckte. Ihr anzügliches Grinsen, beim letzten Satz ignorierte ich bewusst.

„Wie lang kennt ihr euch schon? Also du und Calum?“, wechselte ich das schnell Thema, um von mir abzulenken. „Wir kennen uns schon seit wir klein sind. Unsere Mütter waren so etwas wie Best Friends Forever. Wir sind also quasi mit einander aufgewachsen.“ Lucias Augen strahlten mehr und mehr, je länger sie von Calum erzählte. „Und wann hast du dich dann in ihn verliebt?“, bohrte ich interessiert nach. „Ich glaub das war damals, als wir im Sandkasten gespielt haben und er mir mit der Schaufel auf den Kopf geschlagen hat… Ne spaß, ich war glaub ich so 13 Jahre alt und auf einmal fand ich ihn nicht mehr nervig, sondern süß und wollte am liebsten meine Zeit nur mit ihm verbringen. Hast du eine Ahnung wie verwirrend das war?! Zuerst war er immer wie der nervige große Bruder für mich und auf einmal drehten Schmetterlinge ihr Kreise in meinem Bauch, wenn ich ihn sah.“ Mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit und Melancholie starrte sie mich an, als ob sie mir zeigen wollte wie verwirrt sie damals war.
Lachend nickte ich jedoch nur, da ich nur zu gut wusste wie sich das erste Mal verliebt sein anfühlte. „Auf jeden Fall hab ich mich laaaaaange nicht getraut ihn darauf anzusprechen, weil ich irgendwie Angst um unsere Freundschaft hatte. Außerdem wusste ich ja nicht einmal ob er mich überhaupt mochte. Es endete damit, dass er mir an einem warmen Sommerabend gestand, dass er schon total lange in mich verliebt war. Seit dem sind wir ein Paar. Und das ist jetzt ungefähr zweieinhalb Jahre her.“ Ihr verklärter Blick wanderte ins Nichts über mir. Man sah ihr deutlich an, dass sie Hals über Kopf verliebt war, was mich irgendwie total freute.

„Aber wie ist das eigentlich mit den Fans? Akzeptieren die dich oder machen die Stress, so wie man’s von anderen Fans auf Twitter kennt?“ „Die meisten Fans sind in der Hinsicht total gechillt. Ich bin ja gewissermaßen schon seit dem Anfang da, deswegen hat eigentlich keiner ein Problem damit. Die wissen mittlerweile schon, dass die mich nicht so schnell loswerden.“, erklärte sie mir augenzwinkernd. Dennoch blieb ich skeptisch. Seit wann waren diese kleinen, hormongesteuerten Fanatikerinnen so friedlich? „Klar, gibt’s manchmal ein paar Mädchen die denken sie müssen aus der Reihe tanzen und mich haten, aber das sind nur wenige.“, räumte sie schließlich doch ein. Sie tat es jedoch mit einer lässigen Handbewegung ab, als wäre es keine große Sache. Man muss eine Person wohl sehr lieben um sich ihretwegen Anfeindungen gefallen zu lassen.

There's No Place Like Home || Luke Hemmings FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt