Dean
„Er kommt nicht", stellte Sam trocken fest und warf einen wiederholten Blick auf seine dunkle Armbanduhr.
„Er wird kommen", zischte ich und fuhr mir durch die Haare. Er wird kommen. Er musste einfach kommen. Seit einer gefühlten Ewigkeit parkten wir in einer dunklen Seitengasse und warteten auf Crowley. Wir hatten vor ungefähr drei Stunden einem Treffen zugestimmt, da laut seiner Aussage das Leben von Nicky auf dem Spiel stand.
Ein Klopfen an der Autoscheibe ließ uns erschrocken aufsehen. Endlich! Mit einem Ruck öffnete ich die Autotür und schlug sie dem Dämon beinahe gegen den Kopf. Er wich fluchend zurück und stolperte fast über seine eigenen Füße.
„Du hast dir ja mächtig Zeit gelassen" stellte ich genervt fest und warf ihm einen finsteren Blick zu, während ich die Tür zuknallte.
„Oh, tut mir leid, dass ich noch andere Termine hatte und mich deshalb etwas verspätet habe!", gab er sarkastisch zurück und lächelte mich zuckersüß an.
„Du bist über eine Stunde zu spät, Crowley!", mischte sich nun auch Sam ein und stellte sich neben mich.
„Aber jetzt bin ich ja hier", antwortete er trocken und leckte sich über die Lippen. „Also, wo ist die Kleine?" Er warf einen prüfenden Blick in den Wagen und hoffte wohl, dass sie auf dem Rücksitz saß.
„Müsstest du das nicht eigentlich selber wissen?", konterte mein Bruder und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Musst du immer so ein Klugscheißer sein, Föhni?", blaffte der Dämon und rückte seinen schwarzen Trenchcoat zurecht.
„Spuck es schon aus, Crowley! Warum brauchst du unsere Hilfe?", fragte ich mit einem genervten Unterton in der Stimme.
„Ihr könnt euch doch bestimmt an den Deal erinnern, den ich mit Jimmy... ähm... ich meine James, den Vater von eurer Kleinen, habe, oder?" Er legte den Kopf zur Seite und sah uns erwartungsvoll an. Wollte er jetzt etwa wirklich eine Antwort auf seine blöde Frage? Natürlich wussten wir, wer James war und auch von dem Deal mit Crowley.
„Komm endlich auf den Punkt!", forderte Sam angespannt und ich konnte im Augenwinkel erkennen, wie er seine Hand zu einer Faust ballte. Am liebsten hätte er seinem Gegenüber vermutlich einen kräftigen Schlag in sein arrogantes Gesicht verpasst. Um ehrlich zu sein, fand ich diese Idee gar nicht mal so schlecht.
„Kein Grund, gleich ungemütlich zu werden", murmelte der Dämon und hob beschwichtigend seine Hände. Es schien fast so, als würde er meine Gedanken lesen können. „Eure kleine Freundin führt irgendetwas im Schilde und ich denke, dass sie in ernsthaften Schwierigkeiten steckt."
„Und das denkst du, weil?", bohrte ich ungeduldig nach.
„Versteht ihr nicht den Ernst der Lage? Ich kann sie nicht aufspüren! Und wenn ich sie nicht aufspüren kann, dann kann ich ihr nicht helfen, wenn es drauf ankommt!", blaffte er mich wütend an. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich gedacht, dass sich Besorgnis in seinen Augen wiederspiegeln würde.
„Du überrascht mich", murmelte ich und konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
„Was grinst du denn so selbstgefällig?", fuhr er mich an und warf mir einen angewiderten Blick zu.
„Du machst dir Sorgen um sie", stellte Sam erstaunt fest und lehnte sich an den Impala. „Du machst dir wirklich Sorgen um sie", wiederholte sich Sam etwas lauter. Nach der Reaktion von Crowley zu urteilen, hatte mein Bruder recht.
„Ich mach mir Sorgen, ja, aber nicht um diese Göre! Ich bin besorgt wegen meines Vertrags!", rechtfertigte sich der Dämon.
„Und warum machst du dir Sorgen um deinen Vertrag?", fragte ich mit ruhiger Stimme. Ich wollte endlich den wahren Grund für sein Verhalten erfahren.
„Wenn ich es nicht schaffe, sie vor einem vorzeitigen Tod zu schützen, dann habe ich meinen Teil der Abmachung nicht erfüllt und das bedeutet, dass der Vertrag ungültig ist!" Er wedelte mit den Armen herum und sah uns mit geweiteten Augen an.
„Soll das heißen, dass der Vater von Nicky dann wieder lebendig wird?", fragte Sam überrascht.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. So einfach konnte das Ganze doch nicht sein. Es musste einen Haken geben. Es gab doch immer einen Haken! Der Dämon schnaubte und zupfte abermals an seinem Mantel.
„Grundsätzlich würde das bedeuteten, dass der Vertrag ungültig ist und somit würde Jones auch wieder von den Toten auferstehen, aber..."
„Ich wusste, dass es einen Haken gibt", seufzte ich und verdrehte die Augen.
„Ich denke, dass diese Göre irgendeine Art Zauber oder was auch immer anwendet, damit ich sie nicht aufspüren kann. Und ich denke auch, dass sie sich etwas antun wird, damit der Deal ungültig wird", presste er zwischen den Zähnen hervor.
„Und das stört dich, weil? Ich dachte, es würde dich sowieso nerven, dauernd ein Auge auf sie zu haben und was kümmert dich schon eine Seele mehr oder weniger in deiner Sammlung?", fragte Sam gereizt.
„Dir liegt etwas an ihr", stellte ich monoton fest und richtete meinen Blick auf den Dämon. Er drehte seinen Kopf zur Seite und leckte sich über die Lippen. Er kam auf mich zu und drückte mich gegen den Wagen. Er packte mich am Kragen meiner Jacke und ließ mich mit seinen Kräften regelrecht erstarren. Unbeeindruckt hielt ich dem zornigen Blick des Dämons stand.
„Sie bedeutet mir nichts! Gar nichts!", zischte er.
„Lass ihn los!", befahl Sam und zerrte ihn von mir weg.
„Mir liegt nur etwas an meinem Deal und den lass ich mir auf keinen Fall von so einer dahergelaufenen Schlampe zunichtemachen!", schrie er und hob bedrohlich seinen Arm.
Im nächsten Moment zersprangen sämtliche Glühbirnen der Straßenlaternen, welche sich im Umkreis von zehn Metern um uns herum befanden. Überrascht zuckten Sam und ich zusammen, doch mein Blick ruhte weiterhin auf Crowley. Er verschwieg uns etwas. Ich konnte mich nicht mit der Tatsache abfinden, dass es ihm nur um seinen Deal ging.
„Und du willst von uns, dass wir Nicky finden und sie davon abhalten, den Deal zu brechen?", stellte Sam nüchtern fest. Crowley nickte langsam.
„Ihr sollt sie davon abhalten, etwas sehr Dummes zu tun."
„Und wie sollen wir das anstellen? Wir wissen doch genauso wenig, wo sie ist oder was sie macht! Wie sollen wir sie davon überzeugen, dass es eine blöde Idee ist, ihren Vater zu retten? Sie will doch nur ihren Vater zurück. Verstehst du das denn nicht?", brüllte ich.
Ich konnte sie nur zu gut verstehen. Damals, als unser Vater von diesem gelbäugigen Scheißkerl getötet wurde, wollte ich auch nichts anderes, als ihn wieder bei mir zu haben. Ich wollte ihn einfach wieder bei mir haben. War das denn so schwer zu verstehen?
Sam legte seine Hand auf meine Schulter und drückte mich etwas zurück. Ich schüttelte ihn ab und sah ihn mit aufgerissenen Augen an.
„Wären wir an ihrer Stelle, dann..."
„Wir sind aber nicht an ihrer Stelle, Dean", entgegnete mir mein Bruder schroff.
„Und was sollen wir deiner Meinung nach tun? Soll ich sie etwa anrufen und ihr sagen, dass der Dämon, der ihren Vater getötet hat, uns schickt, um sie davon abzubringen, sich selbst zu töten? Nein, das kann ich nicht!" Entsetzt über die Gelassenheit meines Bruders wich ich einige Schritte zurück und schüttelte immer wieder den Kopf. Konnte er sich denn nicht mehr daran erinnern, wie es damals bei uns war? Er hätte alles dafür getan, Dad wieder auferstehen zu lassen!
„Dean, ich sage ja nicht, dass mir die Idee gefällt. Aber willst du wirklich, dass sie sich umbringt?" Sam machte einige Schritte auf mich zu.
„Nein, natürlich will ich das nicht", seufzte ich und fuhr mir durch die Haare. „Was sollen wir bloß tun?", fragte ich und sah zwischen meinem Bruder und Crowley hin und her.
„Findet sie und sorgt dafür, dass sie sich nicht umbringt, verstanden? Und wenn ihr bei ihr seid, dann informiert ihr mich!", befahl uns der Dämon mit ernster Stimme.
„Und dann? Was wirst du dann tun?", fragte ich besorgt. Ich machte mir Sorgen um Nicky. Ich wäre gerne bei ihr und würde ihr lieber zur Seite stehen, anstatt mit Crowley gemeinsame Sache zu machen.
„Ich werde ein Treffen zwischen James und seiner Tochter arrangieren und dann wird sich die Lage hoffentlich wieder einigermaßen beruhigen!"
DU LIEST GERADE
Nicky Jones und die Jagd nach Rache ✔️
FanfictionBei einem Fall treffen die Brüder Sam und Dean durch Zufall auf die Jägerin Nicky. Trotz der nicht ganz reibungslosen ersten Begegnung, freunden sich die Winchesters mit ihr an, doch Nicky birgt ein Geheimnis, von dem zu diesem Zeitpunkt keiner etwa...