Kapitel 01 - Mr. Geheimnisvoll

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"Brooke, Babe? Trägst du meine Bücher?" Lucy klimperte mit ihren langen Wimpern und drückte mir ihre Bücher, jedoch ohne eine Antwort abzuwarten, zusätzlich zu meinen eigenen, auch noch in die Hand. "Natürlich eure Hoheit...", nuschelte ich so leise, dass sie es unmöglich hören konnte.
Lucy war so etwas die beliebteste Schülerin der Schule und hielt es aus diesem Grund für richtig, die anderen herumzuschubsen. Langsam gewöhnte ich mich daran... Das musste ich auch, da sich hier wahrscheinlich eh nichts ändern würde. Ich meine, Lucy hatte Geld oder zumindest ihre Eltern und dadurch hohes Ansehen, ähnlich wie ihre drei Brüder. Wenn sich jemand gegen Lucy stellte, dann schickte sie ihre Brüder vor und mit denen war wirklich nicht zu spaßen. Dass hatte sie mir gleich am ersten Tag klar gemacht, als ich vor sechs Monaten an die neue Schule gewechselt hatte. Roseta - ein nettes, zartes Wesen -, welche leider auch unter Lucys Kontrolle stand, hatte mir im Nachhinein erzählt, dass ich wohl eine 'Bedrohung' dargestellt hatte und sie mich deshalb in ihre Clique der Beliebten aufnahm.

Als ich einen Moment unachtsam war, stolperte ich über meine eigenen Füße und flog der Länge nach hin. Mir den schmerzenden Kopf haltend, stand ich wieder auf. Lucys und meine Bücher waren auf dem ganzen Boden verteilt. Schnell beeilte ich mich, diese aufzuheben.
"Trödel doch nicht so rum Brooke." Lucy war abrupt stehen geblieben und hatte sich zu mir umgedreht. Sie schüttelte nur den Kopf und stolzierte weiter Richtung Klassenraum. Mich ließ sie fassungslos zurück. Langsam rappelte ich mich auf und sammelte alle Materialien, die auf dem gesamten Schulflur verteilt waren wieder auf.
"Hier, das gehört auch noch dir." Ein Mädchen, welches mir gar nicht bekannt vorkam, gab mir mein Geschichtsbuch. Daraufhin lächelte ich sie freundlich an, bedankte mich und eilte schnell zu unserem Klassenraum. Dort wartete auch schon ihre Hoheit auf die Bücher.

Der Raum war schon voll gefüllt. Lucy saß neben Roseta, die wiederum neben ihrem festen Freund Ryan saß. Daneben saß eigentlich noch Blake, aber dieser schwänzte wahrscheinlich wieder mal die Schule. Der Unterricht begann und unser Lehrer betrat den Raum. Ich nahm auf meinem Stuhl, neben Lucy, platz, welche mich mich hochgezogener Augenbraue ansah, während ich dies mit einem Lächeln quittierte.
"Schüler. Schlagt bitte euer Gesichtsbuch Seite 46 auf und lest die Quelle bis Seite 47."
Ein allgemeines Raunen ging durch den Raum. Offensichtlich war ich nicht die Einzige, die Geschichte und Quellenarbeit hasste.

Irgendwie schaffte ich es, mich durch die Stunde und den Rest des Schultages zu quälen.
Kurz vor der letzten Stunde kam Blake auch noch vorbei. Er machte sich nicht viel aus Noten oder seiner Zukunft, da er irgendwann eh die Firma seines Vaters übernahm. Blake war schon volljährig und lebte deshalb alleine in einer Wohnung. Er sowie Lucy, Rose und Rayn bekamen das Geld ihrer reichen Eltern in den Arsch gesteckt. Noch ein Grund warum sie so beliebt waren. Niemand von ihnen wusste, dass meine Eltern nicht mal halb so viel Geld besaßen, wie ich behauptete. Wenn sie wissen würden, dass meine Eltern nur einen kleinen Kiosk am Ende einer Straße hatten, dann wäre ich ganz schnell abgeschrieben.
Wahrscheinlich hätte das auch positive Auswirkungen. Als ich an dieser Schule ankam, nahm ich mir vor, anders als früher aus mir heraus zukommen und auf eigene Faust Freunde zu finden. Ich war immer sehr schüchtern, weswegen ich in der Vergangenheit auch eher zur Mittelschicht gehörte. An meiner alten Schule gab es aber auch keine so extreme Einteilung in Schichten, wie hier.
Eigentlich wollte ich nur wahre Freunde, mit denen ich alles bereden konnte und die alles von mir wussten, ohne Geheimnisse und ohne Lügen...
"Wir treffen uns gleich an meinem Auto.", sagte Lucy und holte mich so in die Wirklichkeit zurück.
Netterweise fuhr sie mich, da sie schon 18 war, immer nach der Schule nach Hause. 'Das machen Freunde so.' sagte sie immer. Lächerlich uns beide als Freunde zu bezeichnen.

Bevor ich jedoch zu Lucys Auto ging, musste ich nochmal zu meinem Spind. Mit schnellen Bewegungen packte ich meine Bücher in meine Tasche und beeilte mich dann auf den Parkplatz zu kommen. Dabei achtete ich leider nicht auf meine Mitschüler und rannte prompt gegen jemanden.
Was war heute nur los? So tollpatschig war ich doch sonst auch nicht!
"Entschuldigung.", murmelte ich schnell.
Ich schaute hoch um das Gesicht des Jungen, gegen den ich gelaufen war, zu erkennen. Doch alles worauf ich achten konnte waren diese grünen, stechenden Augen. Sie glänzten mit zwei Diamanten um die Wette. Als ich seinen komplett tätowierten, linken Arm sah, wäre mir fast ein 'Wow' entwichen. Der Junge bemerkte wohl seine Reaktion auf mich und schmunzelte leicht, bevor er weiter lief als wäre nichts gewesen.
Wirklich seltsam, der Junge. Wieso war er mir vorher noch nie aufgefallen oder war er vielleicht neu an dieser Schule? Nicht das ich alle Schüler an dieser Schule kannte, aber er schien ungefähr in meinem Alter zu sein und überhaupt wäre er mir sicher aufgefallen. Vielleicht wusste Lucy etwas über ihn. Sie kannte immer den neusten Klatsch und Tratsch.

Sometimes love is not enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt