Kapitel 23 - Captain Obvious

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Am nächsten Tag in der Schule waren, natürlich, alle Blicke auf mich gerichtet. Mittlerweile hatte wohl jeder von meiner gestrigen Aktion gehört, für die ich mich, ehrlich gesagt, ein wenig schämte. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich vor einer riesigen Menschenmenge rumgeschrien hatte. Für das, was ich gesagt hatte, schämte ich mich aber kein bisschen. Das war nach wie vor nichts als die Wahrheit.

"Hey Brooke.", hörte ich Rosetas Stimme. Ich drehte mich zu ihr um und sie umarmte mich. Verwundet sah ich sie an.
"Ich dachte Lucy hätte dir schon längst verboten mit mir zu sprechen?", murmelte ich, während sie sich bei mir einhackte und wir so die Flure entlang liefen. Rose zuckte mit den Schultern.
"Lucy ist meine "Freundin", aber...", kurz stoppte sie, so als wäre sie sich nicht sicher, ob sie das nächste sagen dürfte," Aber du bist meine beste.", griff sie den Satz wieder auf. Verwundert blickte ich sie an.
"Hast du nicht auch das Gefühl, dass unsere Freundschaft in letzter Zeit besser und irgendwie stärker geworden ist?" Sie sah mich mit großen Augen und süßen Lächeln an.
"Doch, habe ich." Das war tatsächlich die Wahrheit. Rose lächelte noch breiter und wir liefen gemeinsam zum Unterricht.

Als wir im Raum ankamen, saß Lucy schon auf ihrem üblichen Platz und starrte uns finster an. Man sah ihr die Wut an, jedoch nur für knapp zwei Sekunden. Sofort wurde ihr Miene weich und ich war mir sicher, dass ich die Einzige war, die alles gesehen hatte. Rose zog mich weiter auf einen leeren Platz. Ich sah mich im Raum um und war erstaunt was sich seit dem Auftauchen von Dylan alles geändert hatte. Unsere ursprüngliche Gruppe gab es nicht mehr. Ich wollte nichts mehr von Lucy wissen und die nichts von mir. Rayn und Rose waren mehr als zerstritten und Blake tauchte noch weniger zum Unterricht auf, als früher. In dem Moment betrat jemand den Raum und meine Gedanken stoppten. Dylan... Ich versuchte ihn unauffällig zu beobachten. Er würdigte weder mir noch Lucy einen Blick und bahnte sich einen Weg durch den Raum in die hinterste Ecke. Als er schon saß, betrachtete ich ihn immer noch. Seine strahlend grünen Augen waren selbst von hier deutlich zu erkennen. Als er meinen Blick bemerkte spannten sich seine Muskeln an und ein Lächeln huschte über seine Lippen bevor er wieder weg schaute. Dieses Lächeln ließ mein Körper verrückt spielen. Eine wohlige Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Wenn ich nochmal die Wahl hätte, dann würde ich mich für ihn entscheiden...

In der Pause saß ich mit Rose draußen auf der Bank und wir unterhielten uns ausgelassen. Es wurde langsam wärmer und heute schien die Sonne sogar schon durch die Wolken.
"Ich habe ein Date.", platzte Rose plötzlich in meinen Satz. Verwundert sah ich sie an. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
"Mit einem Mädchen? Das ist ja toll!", rief ich aufgeregt und nahm ihre Hände in meine. Sofort entzog sie sie mir jedoch und hielt ihren Zeigefinger auf ihre Lippen.
"Nicht so laut. Es muss ja nicht gleich jeder wissen.", schimpfte sie und ich bekam sofort Schuldgefühle. Ich blickte mich um, sah aber Niemanden, der uns hätte hören können.
"Du musst mitkommen! Bitte. Du hast es versprochen." Jetzt nahm sie meine Hände und setzte einen Hundeblick auf. Ich konnte mich zwar an kein Versprechen erinnern, trotzdem sagte ich ja, da ich wusste wie wichtig es ihr war.
"Oh mein Gott! Danke Bro." Schon wieder sah ich sie verwundert an. Sie kicherte. Bro? Von Brooke?
"Das ist mein Spitzname für dich." Ich sah sie ein wenig skeptisch an, nahm es dann aber so hin, da es zum Unterricht klingelte.

Da wir nur Mathe hatten, berichtete sie mir alles über das Mädchen, mit der sie sich treffen würde und wie sie sie kennengelernt hatte. Online Dating... Noch ein Grund, warum ich Rose nicht allein gehen lassen konnte und wollte.
"Brooke, möchtest du der Klasse nicht mitteilen, worüber du sich so angeregt mit Rose unterhalten hast?" Ich schüttelte nur ertappt den Kopf.
"Das war keine Frage Brooke."
"Na ja. Eigentlich war es das schon. Das erkennt man allein schon daran, wie sie es formuliert haben.", meldete sich Rose neben mir plötzlich zu Wort. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen und senkte meinen Blick deshalb schnell auf den Boden.
"Frech kannst du zu deiner Mutter sein, aber nicht zu mir. Eine Stunde nachsitzen, Roseta."
Mein Mund klappte auf.
"Das ist doch unfair! Rose hat gar nichts gemacht außer Ihnen die Wahrheit zu erzählen. Wenn Sie nunmal zu inkompetent sind, eine Frage von einem normalen Aussagesatz zu unterscheiden..." Ich stoppte, als ich merkte, was da aus meinem Mund gesprudelt kam. Für unsere Mathelehrerin reichte das jedoch trotzdem aus, um mir auch noch zwei Stunden Nachsitzen aufzubrummen.

Am Ende der Stunde waren Rose und ich die Ersten, welche den Raum verließen. Unsere Lehrerin ließ es sich jedoch nicht nehmen mir noch hinterher zurufen:"Das Leben ist nicht immer fair, Brooke." Erzählen Sie mir was Neues.

Als alle Schüler schon die Schule verließen, liefen meine beste Freundin und ich noch durch den Gang. Rose musste ja nur heute nachsitzen, aber mir wurde für morgen auch noch eine Stunde aufgebrummt. Wir betraten den Raum und die schlimmsten Gestalten der Schule saßen schon am Ende des Raums. Ich schluckte und war froh, dass noch ein Aufsichtslehrer hier war. Und Roseta.
"Das wird sicher lustig.", murmelte diese und setzte sich. Etwas perplex machte ich es ihr nach.

Am Anfang lief alles gut. Roseta und ich schickten uns hinter den Büchern versteckt Nachrichten und niemand bekam etwas mit. Doch dann meinte der Lehrer plötzlich, er müsse irgendwo hin und mit einmal waren wir Schüler unter uns.
"Wenn haben wir denn da? Die kleine Brooke und ihre Freundin Rose.", murmelte einer der Jungs bedrohlich. Er sprach ihren Namen wie die Blume aus, auf Deutsch. Wir drehten uns zu den fünf Schulbösewichten um. Sie lächelten uns an. Jedoch war es mir nicht möglich, das Lachen zu deuten. Es könnte sein, dass sie uns als ihre Beute ansahen. Vielleicht wollten sie sich aber auch nur nett unterhalten. Haha...

"Hey. Gut beobachtet, Captain Obvious." Innerlich klopfte Rose sich, für diesen Spruch, gerade bestimmt selbst auf die Schulter. Dieser Gedanke brachte mich zum schmunzeln.
"Was ist so lustig?", fragte jemand aus der Ecke. Wir schüttelten beide synchron den Kopf.
"Nichts.", murmelte ich dann noch.
"Ey! Ich glaube, die machen sich über uns lustig!", rief wieder ein anderer. Der Typ vom Anfang schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte anschließend den Kopf. Er ignorierte seine Kumpels und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf uns.
"Du bist echt cool. Wir dachten du wärst so eine Bitch wie diese Rothaarige." Eigentlich waren Lucys Haare ja eher braun, aber gut. Ich wollte ihn nicht verärgern. Er war groß und muskulös und mehr als angsteinflössend. Deshalb überraschte mich das, was er gesagte hatte um so mehr.
"Jedenfalls, dass was du gestern gesagt hast... Wir sehen das genauso und auch viele andere Leute auf dieser Schule.", sprach er weiter. Ich musste sagen, dass mich diese Nachricht überraschte. Damit hätte ich nicht gerechnet. Immerhin ging es um Lucy. Na ja... Vielleicht hätte ich gerade deshalb damit rechnen sollen.
"Die ganzen Pisser sind aber zu feige, um der mal die Meinung zu sagen. Sie bestimmt wer hier das Sagen hat und wer nicht und das sind nun mal die Beliebten. Also auch du Brooke..." Wenn er wüsste, wie viel Überwindung es mich gekostet hatte, um ihr so eine Szene zu machen.

Gerade als er noch etwas sagen wollte, kam der Lehrer wieder rein und wir drehten uns schnell um. Rose und ich warfen uns Blicke zu, die so viel bedeuteten wie "Hast du das gewusst?" und "Oha, krass."
Als die Stunde endlich um war, eilten wir davon. Vor der Schule blieben wir jedoch nochmal stehen. Der komplette Parkplatz war wie leer gefegt.
"Gruselig.", sprach Rose meine Gedanken aus. Zur Bekräftigung nickte ich nochmal.
"Wie findest du das, was die Typen uns heute erzählt haben?" Ich zuckte mit den Schultern. Wie sollte ich das schon finden? Letztendlich würde sich sowieso nichts ändern. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, stieß sie mir in die Seite und sagte:"Sei nicht so negativ. Stell dir doch mal vor, was du alles an dieser Schule ändern kannst. Keine Tyranneien von Lucy mehr. Du bist sowas wie eine zweite Katniss!" Begeistert schlug sie in die Hände und sprang leicht auf und ab. Ich verdrehte nur die Augen.
"Was soll ich schon verändern? Und wie? Nein. Das wird alles nichts bringen." Roseta schlug mir leicht gegen die Schulter.
"Du wirst schon sehen."

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