Kapitel 04 - Angst

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Ich nahm zwei Stufen auf einmal, um so schnell wie möglich zu den beiden zu kommen. Was wenn ein Mörder in dem Zimmer war? Bevor ich zu den Beiden stürmte, hielt ich an und schüttelte wegen meiner Gedanken den Kopf. Als ob ein Mörder...
Ein weiterer Schrei ertönte aus dem Zimmer direkt vor mir. Mutig legte ich meine Hand auf die Klinke und riss die Tür auf.
Ich blickte in den Raum und sah nichts als Dunkelheit.
"Lucy, Ro..."
Gerade als ich nach meinen zwei Freundinnen fragen wollte, spürte ich einen leichten Schlag in meiner Magengrube. Danach folgte ein weiterer spitzer Aufschrei. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass dieser von mir kam.
"Brooke?!", schrie Rose aufgeregt.
"Ja, hier auf dem Boden."
Plötzlich und ohne Vorwarnung ertönte lautes Gelächter. Das Licht ging an und zeigte die wahre Situation.
Ich lag gekrümmt auf dem Boden, mir den Bauch haltend. Lucy stand neben der Tür mit einen Baseballschläger in der Hand und Roseta unter einer Decke versteckt ebenfalls auf dem Boden. Ihre braunen, lockigen Haare, standen ihr wild vom Kopf ab.
"Lucy, du hast wirklich einen harten Schlag drauf.", hüstelte ich.
Daraufhin begann sie zu lachen:"Entschuldigung aber es sollte doch echt wirken. Siehst du? Was habe ich gesagt Rose? Sie hat genauso viel Angst wir wir." Roseta kicherte und ich verdrehte nur die Augen.

Nach einer Weile entschieden wir uns, für einen neuen Film, diesmal aber ohne Horror. Etwas später, als der Film schon zu Ende war, drehte ich mich zu Lucy und Rose. Beide schienen in einen leichten Schlaf gefallen zu sein.
"Wie spät ist es eigentlich?", fragte ich also mit Absicht laut, damit die zwei wach wurden.
"Hä was?" Ich kicherte leise.
"Ich will jetzt schlafen.", jammerte Lucy, erhob sich und zog ihr Nachthemd an. Außerdem band sie ihre langen, goldbraunen Haare zu einem Dutt zusammen.
Wahrscheinlich waren ihre Schlafsachen aus feinster Seide oder so. Ich verdrehte bei dem Gedanken die Augen und zog mich auch um. Lucy hatte ja schon bestimmt, dass wir jetzt schlafen würden.

Nachdem sich alle umgezogen hatten, legte Rose sich in ihr Bett, Lucy auf das große Sofa und ich auf das Kleine. Ich hatte kein Problem damit, da mein Bett eh nicht viel bequemer war.

Und so lag ich also auf dem Sofa, total müde, und trotzdem konnte ich nicht schlafen. Deshalb stand ich auf wieder auf und trank ein Schluck Wasser aus meinem Glas. Ich schaute rüber zu Lucy und Roseta. Die beiden schliefen schon tief und fest. Zumindest soweit ich das beurteilen konnte, mit dem wenigen Licht, das durch das Fenster viel.
Es war draußen zwar dunkel aber die Laternen waren an und erleuchteten den Raum.
So leise wie möglich, tippelte ich durch das große Zimmer direkt auf das Fenster zu. Dabei wisch ich Klamottenbergen und  anderen Stolperfallen geschickt aus.

Als ich aus dem Fenster schaute und das Schneegestöber sah freute ich mich schon. Schnee war einfach super schön.
Ich blieb noch eine Weile vor dem Fenster stehen und beobachtete Flocke für Flocke, wie sie den Weg nach unten fand. Bei der leichten Beleuchtung der Straßenlaternen sah das Schneegestöber so schön aus.

Am nächsten Morgen wachte ich auf der Couch auf. Ich wäre gestern fast vor dem Fenster eingeschlafen, aber ich konnte mich doch noch zurück schleppen.
Deshalb lag ich jetzt bequem eingekuschelt in meiner Decke. Als ich die Augen öffnete zuckte ich kurz zusammen. Direkt vor meinem Gesicht war das Strahlende von Rose.
"Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein.", trällerte sie los und brachte mich so zum Grinsen.
Wieso war sie an einem Sonntagmorgen so gut gelaunt?
"Halt den Mund!", schrie Lucy genervt und drückte sich ein Kissen auf die Ohren.
Das andere warf sie nach Roseta, die sich jedoch elegant duckte. So flog das Kissen an ihr vorbei, direkt an meinen Kopf.
"Heeey!" schrie ich lachend, schnappte das Kissen und schlug der ebenfalls lachenden Rose leicht auf den Hinterkopf.
Gespielt empört drehte sie sich um, nahm mir das Kissen aus den Händen und schlug damit nach mir. Gerade als ich Lucy mit einem anderen Kissen bewerfen wollte, kam ein Kissen von ihr zu mir geflogen. Natürlich war ich viel zu langsam und duckte mich erst, als das Kissen schon in meinem Gesicht gelandet war. Daraufhin bekam sie sich gar nicht mehr ein vor lachen.
'Na warte.', dachte ich mir, als ich leise auf sie zu schlich.
Rose folgte mir und ich gab ihr ein Zeichen leise zu sein. Lucy bemerkte gar nichts, weil sie nach wie vor über mich lachte. Mit den Fingern zählte ich bis drei, um dann "Attacke!" zu schreien und auf Lucy zu springen.
Beide schlugen wir mit unseren weichen Kissen auf Lucy ein, die sichtlich geschockt war, dass wir uns so etwas erlaubten. Ich kicherte vor Freude, seit langem hatte ich mal wieder richtig Spaß.
Wir schlugen alle mit den Kissen um uns, so dass die Federn herum flogen. Damit hatte die Kassenschlacht offiziell begonnen und ich sah nicht ein, zu verlieren.

Unser kleiner Kampf war schnell beendet, da wir alle lachend auf dem Boden lagen und nicht mehr hoch kamen. Noch immer flogen die Federn durch die Luft und landeten langsam auf uns. Es war wie in einem dieser Teeniefilme.

Gerade als wir aufstanden, klopfte es an der Tür.
"Ja?", sagte Rose leise, aber laut genug, dass man sie hörte.
Die Tür wurde von einem Angestellten ihrer Eltern geöffnet, der, als er das Zimmer sah, ein geschocktes Gesicht machte. Daraufhin schaute ich mich im Raum um. Alles war voll mit Federn, leeren Chipstüten und Flaschen. Der arme Mann.
"Ähh, Rose, deine Eltern sind bald da und ich dachte du möchten vielleicht das vorher alles ordentlich gemacht wird?"
Eifrig nickte Roseta und zog uns an den Armen aus ihrem Schlafzimmer, damit die Haushaltshilfe mit dem Säubern beginnen konnte.

Circa eine Stunde später, fanden wir uns vor der Haustür der großen Villa wieder.
Lucy schnaubte:"Wie kann sie es wagen mich raus zuwerfen? Das ist doch wirklich unerhört. Die kann was erleben..."

Während sie in ihr Auto stieg, regte sie sich weiter auf, dass Rose uns mehr oder weniger raus geworfen hatte, weil ihre Eltern bald zuhause waren. Sie waren was Partys oder nur kleine Übernachtungen anging ziemlich streng. Bevor ich noch etwas sagen konnte, trat Lucy aufs Gas und war verschwunden.
"Nein Danke, du musst mich nicht fahren! Ich kann bei der Kälte ruhig alleine nach Hause gehen. Danke der Nachfrage!" schrie ich ihr hinterher und winkte dabei. Natürlich hörte sie nichts mehr von dem, was ich sagte.
Ich schnappte mir meine Tasche und stapfte durch den Schnee nach Hause. Das Leben ohne Auto war wirklich nervig.

Als ich endlich ankam, wäre ich vor Hunger fast gestorben. Verdammt, wann hatte ich das letzte mal etwas Richtiges gegessen?
Ich klingelte an der Tür, aber natürlich war niemand da. Also ging ich zu unserem Gartenhäusschen und holte den Ersatzschlüssel raus.

Ich schloss die Tür auf und ging sofort in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen.
Als ich das Geschirr in die Geschirrspülmaschine stellte, fiel mein Blick auf einen Zettel. Ich erkannte die Handschrift meiner Mutter. Schnell überflog ich den Inhalt. Als ich fertig war zog ich die Stirn in Falten. Auf dem Zettel stand, dass die Besitzer des neuen Geschäftes gegenüber von unserem heute Abend zum Essen kamen. Ich verstand zwar nicht warum unsere Konkurrenz zum Abendessen kam, aber ich wollte mich nicht in die Sachen meiner Eltern einmischen.

Ich ging hoch in mein Zimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch, weil ich noch Lucys und meinen Vortrag vorbereiten musste. Warum konnte sie nicht einfach jemanden dafür bezahlen oder so? Sie hatte sich einen Streber gesucht, der freiwillig ihre Hausaufgaben und Schulsachen erledigte.
Wahrscheinlich war der Arme Tropf in sie verliebt oder hoffte so, im Schulrang weiter aufzusteigen.

Gegen 17:00 Uhr kam mein Vater in meine Zimmer, natürlich ohne vorher anzuklopfen. Ich verdrehte die Augen, da er sich keiner Schuld bewusst war.
"Bist du bitte pünktlich 18:00 Uhr unten?"
Als Antwort nickte ich und warf ihm ein süßes Lächeln zu. Für ihn würde ich immer sein kleines Mädchen sein, dass niemals erwachsen wurde. Es würde sehr schwer werden ihm zu verklickern, dass ich ein Freund hatte, falls ich jemals einen haben sollte.

Schnell warf ich mir etwas anders über und band meine Haare zu einem Zopf. Ich betrachtete mich kurz im Spiegel.
"Nicht schick, aber bequem.", sprach ich zu mir selbst. Lucy hätte bei meinem Anblick wohl nur mit der Nase gerümpft.
Ich ging runter in den Flur und wartete noch eine viertel Stunde bis es endlich klingelte. Als ich auf die Uhr schaute, sprang die Anzeige gerade auf 18:00 Uhr. Da nahm es jemand mit der Pünktlichkeit aber ziemlich genau.
Plötzlich waren alle in heller Aufruhr.
"Gehst du bitte an die Tür?", rief mir meine Mutter aus der Küche zu. Sie war noch damit beschäftigt, die Erdbeeren auf dem Dessert zu verteilen. Ich glaube das letzte Mal hatte sie sich so viel Mühe, mit dem Essen, zu meinem Geburtstag gegeben.
Ich tat wie meine Mutter mir befohlen hatte und lief zur Tür.
Als ich diese jedoch öffnete traute ich meinen Augen nicht. Mein Mund klappte auf...

Sometimes love is not enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt