Kapitel 5 - Vernichtende Zukunftsaussichten

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Ich hing gerade noch meinen Gedanken nach und starrte aus dem kleinen Fenster auf die verdreckte Straße und die heruntergekommenen Häuser. Da hörte ich das Schlagen der Haustür unten. Hastig lief ich ihm entgegen, er musste nicht unbedingt wissen, dass ich herumgeschnüffelt hatte.

Gleichzeitig mit ihm traf ich im Wohnzimmer ein. Zusätzlich zu meinem Koffer, den ich vorhin einfach im Flur hatte stehen lassen, ließ er auch noch einen zweiten vor sich herschweben. Beides stellte er aber neben dem klapprigen Couchtisch ab und sah mich prüfend an. Sichtlich froh, keine Tränen mehr zu finden, berichtete er von seinem Abstecher zu Malfoy Manor.

„Narcissa hat nach dir gefragt. Offenbar hat sie erst von Lucius Plänen zu deiner Vormundschaft erfahren, als er bereits beim Zaubereiministerium gewesen war."

Ich runzelte die Stirn. „Das ist schön für Narcissa, erklärt aber nicht ihr Verhalten in den anderen Fällen, als Lucius mich vor die Tür gesetzt und über mich hergezogen ist. Oder warum sie mir gesagt hat, ich solle mich von ihr und ihrer Familie fernhalten."

Severus zog eine Augenbraue hoch und erwiderte: „Nun, ich werde mich nicht einmischen. Sie hatte deine Sachen aufgehoben und dein Zimmer in Malfoy Manor leergeräumt. Alles befindet sich nun in diesem Koffer." Er wies darauf.

„Vielen Dank. Auch dafür, dass du mein Vormund geworden bist."

Er neigte den Kopf. „Keine Ursache. Regulus hätte es nicht anders gewollt."

Nach kurzem betretenem Schweigen, in dem wir beide an meinen Vater dachten, schlug er vor: „Du wirst feststellen, dass dein Zimmer deinen Wünschen wohl nicht entsprechen dürfte. In den nächsten Tagen und Wochen kannst du es aber noch umgestalten. Und da du deinen Zauberstab nicht benutzen darfst, kann ich diesen Teil übernehmen."

Es stellte sich heraus, dass er in den nächsten Tagen und Wochen erst gar nicht so oft überhaupt im Haus war. Er war ja davon ausgegangen, dass ich erst gegen Ende der Ferien bei ihm sein würde und so hatte er noch einige Erledigungen zu machen. Was genau er tat, dazu sagte er nichts genaueres und ich fragte auch nicht nach.

Allgemein bemühte ich mich, ihm so wenig Arbeit wie nur irgend möglich zu bereiten. Mithilfe von Muggelputzutensilien machte ich mich an die Entfernung des ganzen Staubs und der Spinnweben. Das dauerte, aber ich hatte genug Zeit. Im Haus fand ich trotz der geringen Größe immer irgendetwas, was getan werden konnte. Und wenn ich nicht gerade Glühbirnen wechselte – wobei ich mir anfangs einen elektrischen Schlag geholt hatte – oder die unzähligen Bücher abstaubte, dann las ich oder schrieb meinen Freunden.

Eva hatte mir gleich am Tag meiner Ankunft Aridia geschickt, die zum Zeitpunkt meiner Abreise auf einem Jagdausflug gewesen war. Die kleine Eule leistete mir im stummen Haus Gesellschaft, die ich dringend gebrauchen konnte. Da die Nachbarn misstrauisch werden würden, konnte ich sie nur weit nach Sonnenuntergang frei fliegen lassen, sodass sie tagsüber drinnen herumflatterte.

Ich schickte sie aber auch mit Briefen an meine Freunde los. Meine beste Freundin schrieb mir noch einmal, wie leid ihr es tue, dass ich nicht bei ihnen hatte bleiben können und quetschte mich über Severus Haus aus. Ihrer Vorstellung nach lebte ich nun in einem dunklen Anwesen mit riesigen Kellergewölben. Leider musste ich sie enttäuschen, denn das Haus war zwar äußerst dunkel, aber nicht groß.

Außerdem schlug sie vor, dass ich bei Langweile doch einfach zu ihr zurückkehren könnte, ihre Schwester plante nämlich einige Wochen bei ihrem festen Freund Isaac in Rumänien zu verbringen. Das Angebot musste ich leider ausschlagen, so gerne ich es auch angenommen hätte. In den letzten Tagen hatte ich sogar gelernt und ein Buch von Severus über Runen angefangen, als Vorbereitung für mein Wahlfach Alte Runen. Das hätte ich niemals von mir gedacht, sondern nur Hermine zugetraut. Wenn ich nun aber wieder bei Eva wäre, hatte ich Angst, dass das Ministerium davon Wind bekommen könnte und Severus die Vormundschaft wieder entziehen würde. Und dann würde ich vielleicht doch noch im Heim landen.

Eleonora Black und Askabans Gefangener ∥ Ⅲ ∥ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt