Kapitel 16 - Von Vätern und Onkeln

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Gerüchte über die Unterrichtsstunde bei Lupin verbreiteten sich wie Lauffeuer und katapultierten ihn quasi über Nacht auf den Platz des Lieblingslehrers der Schule. Er ließ uns weiter praktisch arbeiten. Und nahm weitere Kreaturen mit uns durch, die Zauberern gefährlich werden konnten.

Schließlich war nichts schief gelaufen, es war nur unerwartet für alle gewesen, dass Sirius Black meine größte Angst war. Am meisten für mich selbst. Seit dieser Stunde gab es noch mehr Getuschel über mich, als ohnehin schon.

Nun war ich nicht länger „das Mädchen, dessen Onkel als Erster aus Askaban ausgebrochen war", sondern „das Mädchen, das sich am meisten vor ihrem Onkel fürchtete, der aus Askaban ausgebrochen war und versuchen könnte, sie für du weiß schon wen zu gewinnen". Ich hatte mich noch nicht entschieden, was von beidem ich schlimmer fand.

Wenigstens schlug mir so weniger Misstrauen entgegen und ich konnte in den Blicken meiner ungebetenen Beobachter etwas wie Mitleid erkennen. Schließlich verdächtigte man mich nun weniger der Mittäterschaft.

Die neuen Gerüchte blieben auch meinem Paten nicht verborgen, der mich nach einer Zaubertränkestunde wieder beiseitenahm. Er führte mich in einen Nebenraum, in dem er einen Trank zubereitete und immer wieder Zutaten hineinschmiss. Das Rezept hatte er nur aufgeschlagen in der Ecke liegen, orientierte sich aber nur wenig dran. Mit seiner Erfahrung war das wohl auch gar nicht nötig.

„Was braust du da eigentlich?", wollte ich wissen, während ich mich auf einen Stuhl fallen ließ.

„Wolfsbanntrank", antwortete er gesprächig wie immer. „Ich würde dich ja bitten, mir zu helfen, aber es gibt einen dringenden Abnehmer hierfür."

Ich nickte nur langsam. Ganz verstanden hatte ich es nicht, vielleicht verkaufte Severus fertige Tränke als Nebentätigkeit. Denn hier an der Schule hatte wohl kaum jemand Bedarf für ein solches Gebräu.

„Wie geht es dir mit den anderen Schülern?", wollte er wissen und schabte einige zerhackte Florfliegen in den Kessel.

„Es ist ja nicht so, als hätte es in den Jahren zuvor weniger Getratsche über mich gegeben." Gespielt warf ich mich in die Brust. „Schließlich bin ich Eleonora Black, mehrfache Retterin der Schule und gerüchteweise Erbin Slytherins."

Mahnend blickte er mich an und quetschte ohne hinzusehen eine Springbohne aus. „Nicht zynisch werden."

„Das sagt der Richtige." Ich verdrehte die Augen. Dann fiel mir etwas ein und zauberte ein Grinsen auf mein Gesicht. „Aber vielen Dank, dass du selbst zum Schulgerücht geworden bist wegen der Irrwichtsache. Sehr lieb von dir."

Severus sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, als ob er mich am liebsten würgen würde. Ihm war durch Neville unfreiwillig zu zweifelhaftem Ruhm verholfen worden. Wenigstens gab es keine Fotos vom Irrwicht in seiner Gestalt und in den Kleidern von der alten Dame.

Das Gesicht meines Paten wirkte immer noch äußerst grimmig, als er sich die Gespräche der Schüler vergegenwärtigte. Ich lachte nur.

Am ersten Wochenende hatte ich mich eigentlich schon auf Hogsmeade gefreut, aber es stellte sich heraus, dass wir nur zu bestimmten, von der Schule festgelegten Zeiten dorthin durften. Und das erste Mal war leider erst an Halloween.

Wirklich traurig war ich aber nicht, denn Dean überraschte mich mit Ersatzprogramm. Mit einem zugedeckten Korb bewaffnet führte er mich an meiner Hand zu der Nifflerwiese, wo es zu unserem ersten richtigen Kuss gekommen war. Und wo wir zum Pärchen zusammengekommen sind.

Für einen Moment hielten die drolligen Wesen bei unserem Eintreffen inne, dann tollten sie weiter über die Wiese. Sie kannten uns ja schon von letztem Jahr.

Eleonora Black und Askabans Gefangener ∥ Ⅲ ∥ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt