Kapitel 10 - Ihre Autofahrt wurde gesponsert vom Zaubereiministerium

548 32 73
                                    

Am nächsten Morgen wurde ich von Aridias Kreischen geweckt. Mühsam öffnete ich die Augen und erspähte meine Eule auf ihrem Käfig sitzend. Erst stöhnte ich genervt und drehte mich um. Dann fiel mir jedoch ein, was für ein Tag heute war. Ich kullerte halb absichtlich, halb ausversehen aus dem Bett und stolperte zu Severus Zimmertür hinüber. Doch keine Spur mehr von ihm.

Das Bett war feinsäuberlich gemacht, das Fenster war gekippt und ließ von der Straße unten bereits die ersten Stimmen des Tages ins Zimmer hinein. Ich fand es schade, meinen Paten erst heute Abend zum Festmahl wieder zu sehen. Eigentlich hätte ich ihn gerne auch noch mehr über meinen Onkel ausgefragt. Und warum er es auf mich abgesehen haben sollte.

Die Verbindungstür zog ich hinter mir zu und stülpte mir ein Shirt über den Kopf. Unten im Speisesaal saßen schon Hermine, Ginny und Mrs Weasley. Letztere erzählte über ihre Erfahrungen zu Liebestränken und kicherte mit den beiden anderen. Dafür hatte ich aber keinen Bedarf, Dean und ich waren ziemlich glücklich miteinander. Schon allein vom Gedanken an ihn und dass ich ihn in ein paar Stunden wiedersehen würde, machte mein Herz einen Satz.

Ich grüßte die drei kurz. Dann machte ich mich auf die Suche nach Essen und setzte mich schließlich mit mehreren Toasts zu ihnen. Irgendwann trudelte auch der Rest der Weasleys ein, zusammen mit Harry. Er sah aus, als hätte er etwas Dringendes auf dem Herzen. In all dem Trubel kam ich aber nicht dazu, nachzufragen.

Aridia kreischte mit Hermes und Hedwig, den Eulen von Harry und Percy um die Wette. Zusammen mit dem fauchenden Weidekorb, in dem Krummbein eingesperrt war, hätte man glatt ein Orchester bilden können. Wäre es denn melodisch gewesen.

Mr Weasley wich Harry nicht von der Seite und brachte ihn als Allerersten in eines der Autos. Sonderlich unauffällig waren die nicht. Sie wirkten antiquierter als der Rest der Fahrzeuge auf der Straße und die dunkelgrünen Samtanzüge der Fahrer waren schon etwas länger nicht mehr in Mode. Als Harry im Auto untergebracht war und Mr Weasley sich davon überzeugt hatte, dass niemand in der Straße lauerte, durfte auch der Rest von uns einsteigen.

Ron, Hermine und Percy stiegen zu Harry und Mr Weasley. Zusammen mit Molly, Ginny und den Zwillingen kletterte ich ins andere Fahrzeug, das überraschend viel Platz bot. Fred und George hatten es beim Frühstück geschafft, ein Furzkissen auf Percys Stuhl zu schmuggeln. Dafür bekamen sie die ganze Fahrt über eine mächtige Standpauke. Jegliche Verteidigungsversuche schlugen fehl. Ich lächelte nur fein und verschwieg besser, dass dieser Streich von mir stammte. Schließlich durfte doch niemand wissen, dass ich mich auf das Niveau von Furzkissenalbernheiten herabließ. Das war die Rache fürs gestohlene Crumble!

Am Bahnhof selbst wurde es dann etwas hektisch. Aus unerklärlichen Gründen hatten wir nur noch zwanzig Minuten Zeit, uns durch das Gedränge zu kämpfen. Arthur blieb immer an Harrys Seite, der offenbar gar nicht merkte, dass es eine Schutzmaßnahme war. In Paaren sollten wir durch die Absperrung hindurch, wobei Harry und Mr Weasley natürlich den Anfang machten. Dicht hinter ihnen folgten Ginny und Percy, die hindurchrannten. Ich hoffte bloß, dass sie nicht allesamt ineinander krachten. Ron und Hermine waren dann an der Reihe, gefolgt von den Zwillingen. Nun waren nur noch Mrs Weasley und ich übrig.

Wir lehnten uns beide gegen die magische Schranke und blickten scheinbar interessiert auf den Bahnsteig. Das Letzte, was ich sah, war ein großer, schwarzer Hund. Offenbar das Haustier des kleinen Muggelmädchens, das ihn ausgiebig hinter den Ohren kraulte. Trotzdem war sein Blick ungewöhnlich eindringlich für einen Hund.

Auf dem Bahnsteig angekommen schüttelte ich den Kopf, um den Gedanken an das Tier loszuwerden. Mir blieb nur noch wenig Zeit, ein Abteil und meine Freunde zu finden, bevor der Zug abfuhr. Mrs Weasley ergriff meine Hand und führte mich zielstrebig zum Rest der Familie, die ganz hinten im Zug einen relativ leeren Waggon gefunden hatten.

Gemeinsam schleppten wir die vollgestopften Koffer die wenigen Stufen hoch, stellten die Käfige unserer Haustiere ab und kletterten wieder hinaus, um uns zu verabschieden. Mrs Weasley drückte uns alle an sich und verpasste uns Küsse. Peinlich berührt senkte Ginny den Kopf, sodass der Schmatzer auf ihrem roten Haarschopf landete. Auch Hermine, Harry und ich wurden ohne Umschweife mit Umarmungen übersät. Dann verteilte Molly noch Proviantpakete an uns alle. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Arthur Harry beiseitenahm. Vermutlich erklärte er ihm die Schutzmaßnahmen.

Die Schaffner pfiffen und begannen mit dem Schließen der Türen.

„Oh je, schnell hinein mit euch." Mrs Weasley trieb uns wie eine kleine Herde auf die Tür zu und sorgte dafür, dass wir alle einstiegen. „Bei Merlin, Arthur, er wird noch den Zug verpassen!"

Die Zwillinge wurden von Lee Jordan, ihrem besten Freund begrüßt und gingen mit ihm in ein Abteil. Ron wartete nervös auf Harry, dem Mr Weasley immer noch etwas einschärfte. Er sollte besser auch noch Hermine und Ron daran erinnern, dass sie die Schulregeln einzuhalten hatten und sich von Gefahren fernhielten.

Endlich war auch Harry zugestiegen und wir winkten Ehepaar Weasley auf dem Bahnsteig zu, bis sie nicht mehr zu sehen waren.

„Ich muss etwas Wichtiges mit euch besprechen", kündigte Harry mit ernster Miene an. Ginny spitzte neugierig die Ohren.

„Hau ab", blaffte Ron sie an. Vor Wut wurde ihr Gesicht ganz rot.

„Na vielen Dank auch." Aber tatsächlich zog sie mitsamt ihrem Gepäck ab.

Wir liefen an etlichen Abteilen entlang, auf der Suche nach einem freien Exemplar. Besorgt bemerkte ich dir vielen Ausgaben des Tagespropheten mit dem Foto meines Onkels auf der Vorderseite. Und es dauerte nicht lang, bis auch schon die ersten auf die Scheiben ihres Abteils deuteten und bei meinem Anblick in hektische Gespräche ausbrachen. Dabei blieben die teilweise nur halbgeschlossenen Türen unbemerkt. Ich hörte mehr Vermutungen, als mir lieb war. Leider waren Eva oder Dean nirgendwo zu sehen.

Das allerletzte Abteil war schließlich fast leer. Der einzige Mitreisende war ein Mann, der übel vom Leben gezeichnet war. Umhang und Kleidung mehrfach gestopft; das Gesicht und die Hände narbenzerfurcht. Und trotz seines äußerst jungen Gesicht zogen sich schon einige weiße Strähnen durch sein sonst hellbraunes Haar. Wenn es ein Lehrer war, kannte er sein Fach wohl nicht nur in der Theorie.

Jetzt schlief er aber. Meine drei Mitschüler machten nicht unbedingt den Eindruck, als wollten sie mich bei ihren geheimen Gesprächen bei sich haben. Deshalb begab ich mich doch lieber nochmal auf die Suche nach meinen anderen Freunden.

Nachdem ich erfolglos an etlichen Abteilen vorbeigelaufen war und nur Starren zurückbekommen hatte, wollte ich es schon fast aufgeben. Da sah ich jemanden auf dem langen Gang auf mich zukommen. Meine Eule kreischte und flatterte aufgeregt in ihrem Käfig herum.

Die letzten paar Meter rannte Dean auf mich zu, als könne er es nicht ertragen, mich auch nur eine weitere Sekunde nicht in seine Arme schließen zu können. Sanft küsste er mich und sagte dann: „Ich dachte schon, du hättest dich woanders hingesetzt."

„Nein. Ich habe euch nur nicht gefunden."

Er übernahm das Tragen meines Koffers und wechselte die Seiten mit mir, sobald ihm die ersten misstrauischen Blicke auffielen. Hier zeigte sich ein Vorteil seiner großen Gestalt: er verbarg mich vollständig hinter sich.

Etwa in der Mitte vom Zug blieb er stehen und zog die Abteiltür auf. Ein Wirbelwind kam auf mich zugeschossen und knallpinke Haare versperrten meine Sicht. Bevor ich blau anlief, ließ Eva mich wieder los.

„Erzähl mir alles. Wie waren die Ferien mit Snape?" Neugierig sah sie mich an und auch Seamus und Neville schienen interessiert. Dean lächelte nur milde.


_________________________________________

Für alle, die es interessiert, in "Eleonora Black - Zusatzband" gibt es das Kapitel auch nochmal aus Sirius Sicht ^^

Eleonora Black und Askabans Gefangener ∥ Ⅲ ∥ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt