Kein besonders wichtiges Fach. Zumal ich so dem Teufel in Person entgehen konnte. Die meiste Zeit redeten wir eh über irgendwas, was nichts mit dem Thema zu tun hat, dann machen wir ne Übung, wo wir viel zu lange für Zeit haben und dann ist die Stunde vorbei. Gut schreiben konnte ich eh, auch wenn Analysen nicht so meins waren. „ Deutsch könnte ich auch ausfallen lassen. Aber dann brauch ich ne Krankmeldung und die krieg ich nicht so ohne weiteres.", fiel es mir plötzlich ein. Sport konnte ich mich rausreden, dass es mir nicht gut geht und dableiben. Aber für den Rest brauchte ich zwangsweise eine Entschuldigung und damit die Unterschrift meines Vaters. Ging nur schlecht. Das hatte ich nun wirklich nicht bedacht. Zwangsweise musste ich mich wohl jemandem anvertrauen, um diese Unterschrift zu umgehen. Stegis Mutter konnte ja schlecht für mich unterschreiben. „ Wenn du dir fünf Stunden zutraust, dann mach. Es ist vielleicht sinnvoll, du vertraust dich deiner Tutorin an, wegen der Krankmeldung und so. Dann würden die anderen Lehrer auch wissen, was los ist wenn du fehlst.", schlug Tim vor. Damit sprach er exakt meine Gedanken aus, was ein wenig gruselig war. Aber so richtig wollen tat ich das nicht. Lehrer mit ein zu beziehen, war das letzte, was ich eigentlich wollte. Gut als aller letztes meine Mutter. Die würde sich nur unnötig Sorgen machen und probieren mich zu sich zu holen. Mehrere hunderte Kilometer weit weg in eine kleine Zweizimmerwohnung. Nein, da hatte ich keine Lust drauf. Klar ich mochte sie, aber hier war mein ganzes Leben, dass wollte ich unmöglich aufgeben. Sie sollte definitiv nichts davon erfahren. Mir wussten jetzt schon zu viele Leute davon, auch wenn es nur vier waren, mein Vater und mich ausgenommen. „ Gibt es ein Problem bei dir Tobi? Du kannst gerne zu mir kommen, wenn was sein sollte.", kam es von einer weiblichen Stimme hinter mir. Erschrocken zuckte ich leicht zusammen und drehte mich um. Ich hatte nicht bemerkt, dass meine Tutorin genau hinter mir stand. Und wenn sie so fragte, hatte sie meinen letzten Satz sicher mitbekommen, wenn nicht sogar mehr. Wieso hatte ich auch so laut gesprochen und nicht darauf geachtet, wer potentiell mithören konnte. Jetzt saß ich in der Patsche. „ Äh ja schon irgendwie.", gab ich kleinlaut von mir. Was machte ich den bloß. Erzählte ich ihr davon? Was würde sie dann machen. Wahrscheinlich musste sie das Jugendamt einschalten und dann käme ich erst recht in Situationen, in die ich nicht kommen wollte. Andererseits ohne Krankmeldung konnte ich nicht fehlen und die Unterschrift meines Vaters würde ich nicht fälschen. Und jedes Mal zu warten, bis meine Mutter mir das eingescant und geschickt hatte, darauf hatte ich noch weniger Lust. Und es war zu kompliziert. Zumal ich ihr dann alles erzählen müsste, womit wir wieder beim selben Punkt waren. Ein Teufelskreis war das. Auch wenn es ein bisschen gemein Rafi gegenüber war, wünschte ich mir gerade, wir wären nie zusammen gekommen. Oder erst viel später, wenn ich mit der Schule fertig war und daheim ausziehen konnte. Irgendwo war ich aber auch dankbar, dass wir jetzt schon zusammen waren. Er gab mir unheimlich viel Kraft. Bis zum Ende des Schuljahres würde ich schon durchhalten. Des uns Willens. „ Magst du drüber reden? Ich nehm mir gerne Zeit dafür raus." Ihre Stimme war sanft und unglaublich einfühlsam. Sie schien sich wirklich Sorgen zu machen. Vielleicht konnte sie mir helfen eine Lösung zu finden. Schließlich hatte ich sie als Tutorin gewählt, weil ich sie mochte und ihr in gewisser Weise auch vertraute. Sie konnte mich immer ganz gut einschätzen und aufbauen, wenn mal was schief ging. „ Wäre glaube ich ganz gut. Aber musst du entscheiden Tobi.", antwortete Tim an meiner Stelle. Es war gut, dass er mir trotzdem noch die Wahl ließ und dennoch einen kleinen Schubs in die richtige Richtung gab. Ich würde mich ihr anvertrauen. Alles im Detail musste sie ja jetzt nicht unbedingt erfahren. „ Von was für Problemen sprechen wir den überhaupt?", fragte sie vorsichtig nach. „ Also ich, es ist, nun ja wie soll ich, mein...", kam es gestottert aus mir heraus. Ich versuchte wirklich sinnvolle Sätze zu bilden, aber je mehr ich an das Thema dachte, desto schwerer fiel es mir darüber zu reden. Ich wollte einfach gar nicht mehr dran denken. Aber ein Mal würde ich das wohl oder übel noch durchmachen müssen. Sofern ich überhaupt ein Wort rausbrachte und nicht in den schlimmen Erinnerungen versank. Statt jedoch zu warten, ob ich noch was gescheites rausbringen würde, antwortete Tim an meiner Stelle und lächelte mich entschuldigend an. „ Tobi hat daheim Probleme mit seinem Vater." Ich merkte, dass meine Tutorin mich mitleidig ansah. Wahrscheinlich hätte sie mich jetzt in den Arm genommen, wenn sie nicht wüsste, dass ich es nicht mochte. Stattdessen legte sie mir eine Hand auf die Schulter und strich ein paar mal hin und her. „ Ok ich geb der Klasse schnell ein paar Aufgaben und dann setzen wir uns wo hin, wo es ruhiger ist und reden. Wenn du mir was nicht erzählen magst, weil es zu privat ist, ist das vollkommen ok.", erklärte sie und ging dann nach drinnen, wo eine unheimliche Lautstärke herrschte. Unsicher griff ich nach Tims Hand, krallte mich in diese. Daraufhin wurde ich von ihm in den Arm genommen. Beruhigend strich er mir über den Rücken, was mich etwas entspannter machte. Ich war wirklich dankbar so gute Freunde zu haben. „ Guten Morgen liebe Schülerinnen und Schüler. Ich weiß ihr habt noch fünf Minuten Pause und die dürft ihr auch machen. Danach macht ihr bitte die Aufgaben von letzter Stunde fertig. Wer die auch hat mach im Buch auf Seite hunderteinundzwanzig bitte noch die Nummer drei. Sollte ich bis dahin noch nicht zurück sein, könnt ihr machen was ihr wollt, solange ihr euch leise verhaltet. Außer nach Hause gehen, aber das versteht sich von selbst.", drang es gedämpft von drinnen zu uns heraus. Tim löste die Umarmung, schnappte sich dann meine Tasche und verschwand im Raum. Das war jetzt nicht sein Ernst. Er konnte mich doch jetzt nicht alleine lassen. Ich brauche jemanden.
DU LIEST GERADE
Nachhilfe Venation FF
FanfictionTobi ist ein ziemlich guter Schüler, muss dafür aber auch viel lernen. Er hat seinen kleinen Freundeskreis und zeigt sich nach außen hin eher schüchtern. Plötzlich ist da ein neuer Schüler, dem er Nachhilfe geben soll. Das dieser ihm noch gehörig de...