Nachhilfe Kapitel 13

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Möglichst leise verließ ich das Wohnzimmer. Dicht gefolgt von Tim. Wir begaben uns in die Küche, wo ich mich auf einen der Schränke setzte. Tim stellte sich so hin, dass er zwischen meine Beine stand und legte seine Arme um meinen Körper. Wortlos ließ ich mich in die Umarmung sinken. Tränen fingen an mir über das Gesicht zu laufen. Behutsam strich Tims Hand langsam meinen Rücken auf und ab. Ich krallte mich etwas in den Stoff seines Shirts und drückte ihn noch näher an mich. „ Es wird alles gut, Tobi schafft das schon. Er ist unglaublich tapfer.", flüsterte er mir beruhigend zu und drückte mich näher an seinen Körper, sodass ich mehr an ihm klammerte, als dass ich wirklich noch auf der Theke saß. Natürlich war Tobi das, aber Tim hatte keine Ahnung, was er schon alles durchmachten musste. Kaum einer kannte diese verletzliche Seite an Tobi. Für viele war er der schüchterne Junge, der ein wenig streberhaft rüber kam. Kaum einer wusste, dass Tobi nicht immer so schüchtern gewesen, wie er es jetzt war und es war ein Wunder, dass er zu Rafi so unglaublich schnell Vertrauen gefasst hatte. Da lief es gerade einmal gut und schon stürzte er wieder in die Tiefe. Das hatte er nicht verdient. Wenn ich konnte, würde ich das ungeschehen machen, damit Tobi nicht so gebrochen war, wie jetzt. „ Du bleibst jetzt erstmal hier sitzen, ich werde deine Mutter anrufen und ihr sagen, was passiert ist und dann sehen wir weiter." Auf mein nicken hin ließ Tim mich los und wischte mir mit dem Handrücken über die Augen. Danach schnappte er sich das Telefon, drehte sich noch mal zu mir um und lächelte sanft, ehe er aus dem Raum verschwand. Seufzend sprang ich von der Theke runter und griff in den Schrank mit den Tassen und holte eine heraus. Ich ließ Leitungswasser in die Tasse laufen, bis sie Dreiviertel voll war, leerte das Wasser dann in den Wasserkocher und schaltete diesen an. Aus einem anderen Schrank nahm ich mir aus den vielen Sorten einen Teebeutel mit grünem Tee und hängte diesen in die Tasse. Mal wieder wischte ich mir über die Augen, die schon wieder leicht feucht waren. Es tat mir wirklich weh Tobi so leiden zu sehen. Klar es lief nicht immer alles perfekt, aber so einen Vater zu haben und dann noch von der Mutter verlassen zu werden, weil sie es selber nicht mehr aushält. Ich konnte wirklich nicht verstehen, dass Tobi hier bleiben wollte. An seiner Stelle wäre ich mit abgehauen, als es seine Mutter getan hatte. Aber er war hier geblieben. Danach wurde es richtig schlimm für ihn. Damals war ich wirklich kurz davor ihn zu verlieren. Hoffentlich passierte es nicht noch mal. Wer weiß, ob es dann nicht vielleicht zu spät war. Nachdem das Wasser kochte goss ich es in die Tasse und setzte mich dann mit der dampfenden Tasse wieder auf den Schrank. Wenig später kam Tim wieder. Er setzte sich zu mir und legte einen Arm um mich. Meinen Kopf an seine Schulter gelehnt nahm ich einen Schluck Tee und reihte sie dann an Tim weiter, der auch einen Schluck davon nahm. „ Deine Mutter sollte in einer halben Stunde kommen. Sie sagt, es sollte nichts all zu schlimmes sein, nachdem ich ihr von Tobis Symptomen erzählt. Wenn Herz und Kopf nichts abbekommen haben, ist alles ok.", informierte mich Tim. Wenigstens eine beruhigende Nachricht heute. Groß Gedanken machte ich mir darum nicht, dass Tobi etwas passiert war. Eher machte ich mir Gedanken darüber, dass er wieder in dieses Loch abstürzte und depressiv wurde. Zwar hattet er es im Moment ganz gut im Griff, aber er konnte auch ganz schnell wieder rückfällig werden und davor hatte ich vor allem Angst. Ich war mir nicht sicher, ob er das Psychisch noch mal verkraften würde. Als ob Tim Gedanken lesen könnte sagte er genau in dem Moment:„ Tobi verkraftet das schon, sowohl psychisch als auch physisch. Für ihn war das doch eh nur eine Belastung, von der er jetzt frei kommt. Außerdem hat er uns als Unterstützung. Es wird alles gut Stegi." Ich ließ mich noch näher an ihn ziehen und genoss einfach die Umarmung, in die er mich zog. Mir wurde ein Kuss auf den Schopf gehaucht, während sich seine Hand an meinen Oberarm legte und diesen sanft auf und ab fuhr. Entspannt schloss ich meine Augen und versuchte die Gedanken aus meinem Kopf zu verdrängen. Ein paar Minuten später löste ich mich von Tim und setzte Wasser für einen zweiten Tee für Tobi auf. Sicher hatte er heute noch nichts getrunken. Spätestens wenn er noch mal Schmerzmittel bekam bräuchte er eh etwas zu trinken. Noch während das Wasser kochte, hörte ich, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Ich lief schnell in den Flur, wo meine Mutter stand und gerade dabei war ihre Jacke aus zu ziehen. „ Hallo mein Schatz.", meinte sie sofort erfreut und zog mich in eine kurze Umarmung, die ich nur so halbherzig erwiderte. Gerade war Tobi wichtiger. „ Das mit Tobi, kannst du ihn bitte untersuchen? Ich mach mir Sorgen um ihn." Zwar verhaspelte ich mich, aber meine Mutter verstand schon, was ich ihr damit sagen wollte. Sie löste sich von mir und gab mir kurz einen Kuss auf die Stirn. „ Schon gut, ich geh kurz von oben was holen und dann schau ich ihn mir an. Mach dir keine Sorgen, es wird bestimmt alles gut sein.", versuchte sie mich zu beruhigen. Das würde ich aber erst sein, wenn sie Tobi untersucht hatte und wirklich alles ok war. Es konnte immer noch sein, dass irgendwas nicht stimmte, was man ihm kaum oder gar nicht anmerkte. „ Danke.", murmelte ich und verschwand in der Küche, wo das Wasser immer noch nicht fertig war. Konnte dieser verdammte Wasserkocher nicht mal schneller machen? Ich wolle schnell noch mal mit ihm reden und ihm schonend beibringen, dass Vivien ihn untersuchen wollte. Er sollte nicht komplett in Panik ausbrechen. Ungeduldig tippte ich mit dem Fuß auf dem Boden rum. Warum dauert das den so lange? Zwei Hände legten sich an meine Taille und Tim hauchte mir einen Kuss in den Nacken.

Nachhilfe Venation FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt