Frau Staudt stand wieder auf, sah mich nochmal mitleidig an und verschwand dann in Richtung Sekretariat. Tobi hob seinen Kopf ein Stück von meiner Brust und sah mich verheult an. In mir zog sich alles zusammen, als ich ihn so sah. Ich zog den Ärmel meiner Jacke etwas runter und wischte ihm über die Augen. „ Tut mir leid, ich hätte auf dich hören sollen.", murmelte Tobi erstickt. Tobis Lippe zitterte und ich merkte, dass er wieder anfangen würde zu weinen. Beruhigend drückte ich ihn an mich und strich seinen Rücken auf und ab. „ Du musst dich nicht entschuldigen. Konnte ja keiner ahnen, dass sowas passiert. Mach dir keinen Kopf. Wir gehen jetzt erstmal nach Hause und dann kannst du mit Rafi kuscheln. Das wird schon wieder.", flüsterte ich ihm ins Ohr. Es dauerte kaum mehr als fünf Minuten, da stand Rafi mit unseren Taschen von mir. Er sah mindestens genauso fertig aus, wie ich mich fühlte. Sanft nahm er mir Tobi aus den Armen und drückte ihn an sich. Rafi legte eine Hand unter seine Oberschenkel, versuchte ihn irgendwie oben zu halten, da Tobis Beine nur neben seinem Körper hingen. Er machte sich nicht die Mühe, sich irgendwie an Rafi festzuhalten. Ich hätte das alles verhindern können, hätte ich ihn nicht in die Schule gelassen. Warum musste ich nur nachgeben? Seufzend hob ich unsere Taschen auf und folgte Rafael zu mir nach Hause. Tobi gab die ganze Zeit keinen Mucks von sich und daheim merkte ich auch warum. Als Rafi ihn in meinem Zimmer auf dem Bett ablegte schlief er tief und fest. Na das hatte er sich auch verdient. Einfach mal abschalten und den Körper zur Ruhe kommen lassen. Das hätte er auch heute morgen schon haben können. Aber nein, er hatte sich noch mal Stress obendrauf gepackt. Warum konnten Menschen nicht einfach mal ihre Fresse halten, wenn sie nur solche dummen Kommentare von sich geben konnten. Ja es musste nicht jeder so sein, man musste es nicht unbedingt toll finden, aber dann wenigstens nichts dazu sagen. Ich konnte diese altertümlichen Ansichten gar nicht ab. Wenn ich gedurft hätte, hätte sich Jonas ordentlich eine von mir gefangen. Und von Rafi sicherlich auch, sollte er rausbekommen, wer das gesagt hatte. Kopfschüttelnd ging ich aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter mir und Rafael wieder. Wir gingen runter ins Wohnzimmer und ließen uns da auf der Couch nieder. Toll und was machten wir jetzt? Tim würde voraussichtlich erst in eineinhalb Stunden kommen, solang mussten wir uns was überlegen. Und ich war absolut schlecht im smalltalk führen. Ich zückte daher zu allererst mal mein Handy und schrieb Tim eine Nachricht. Der hatte ja noch nichts davon mitbekommen und wir wollten uns eigentlich nach der sechsten Stunde treffen. Nicht das er da dann ewig stand und auf uns wartete. Sein Handy würde er an haben, da war ich mir sicher.
Hey Tim, wir sind daheim. Die haben Tobi total die Kante gegeben. Der ist erstmal weg und wird ne Weile schlafen. Rafi hat mir geholfen ihn hier her zu bringen, musst also alleine laufen. Mach dir keine Sorgen, es geht ihm gut. Die haben ihm nur nen dummen Kommentar rein gedrückt. Wahrscheinlich weiß morgen die halbe Stufe, dass er schwul ist. Mit Rafi haben die ihn noch nicht in Verbindung gebracht, kann aber sein, dass ich es werde. Ich bin ihm halt nach, als er abgehauen ist. Und ich hab nicht drauf geachtet, ob uns wer gesehen hatte, als ich ihn im Flur in den Armen gehalten hatte. Brauchst nicht eifersüchtig sein, ich liebe nur dich und das weißt du.
Danach sperrte ich mein Handy und wandte mich Rafi zu. „ Lust was zu zocken oder so?", fragte ich in der Hoffnung endlich was machen zu können um diese ganzen Gedanken mal zu verdräng und irgendwie ein Gespräch in Gang zu bringen. Und das klappte bei mir beim zocken ganz gut. Das ganze ging natürlich nicht teilnahmslos vorbei. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mir die ganze Aktion nicht auch Kopfzerbrechen bereitet hatte. In den letzten zwei Nächten hatte ich auch kaum geschlafen und Tim gleich noch mit wach gehalten. Irgendwann hatte Tim es dann aber mal geschafft mich ruhig zu bekommen. Ich hatte natürlich nicht nur gedacht, sondern Tim auch mit meinen Sorgen und Bedenken gelöchert. Etwas genervt war er davon schon, aber Tim war ein sehr einfühlsamer Mensch und er konnte mich auch gut verstehen. Tobi konnte einen schnell an den Rand der Verzweiflung bringen, wenn er wollte. Rafi stimmte dem Vorschlag zu und wir zockten csgo. Bald schon fingen wir an uns über sämtliche Spiele zu unterhalten, uns über csgo selbst auf zu regen, weil wir nur inkompetente Mitspieler hatten und so ging die Zeit recht schnell um. Tim hatte auch bald aus und gesellte sich einfach zu uns ins Wohnzimmer. So ging der Tag erstaunlich schnell um und bald schon hatte ich meine Mutter auch im Wohnzimmer stehen. „ Hallo Jungs, wo habt ihr den Tobi gelassen?" Wir hatten den ganzen Nachmittag nicht einmal nach ihm gesehen. Aber er konnte sich schon bemerkbar machen, oder wäre runter gekommen, wenn er was gebraucht hätte. Ihm ging es ja nicht so schlecht, wie am Wochenende noch. „ Oben. Ich geh schnell mal nach ihm schauen.", meinte ich sofort und verschwand die Treppe hoch. Als ich vorsichtig die Tür zu meinem Zimmer öffnete, lag Tobi immer noch schlafend auf meinem Bett. Zu einer kleiner Kugel zusammengerollt und den Stoffhund umklammernd, den ich seit ich ein Baby war besaß und von dem ich mich auch nicht trennen konnte. Wie süß. Ich setzte mich zu ihm auf die Bettkante und rüttelte sanft an seiner Schulter. Es dauerte etwas, bis er mich verschlafen ansah. „ Komm mit runter. Es gibt gleich essen. Du hast seit Tagen nichts mehr zu dir genommen. Außerdem wird Rafi dann sicher auch heim machen.", bat ich ihn. Ein kurzes nicken kam von ihm und er richtete sich auf. „ Wegen heute Mittag. Gehts wieder?" Ich machte mir da wirklich Gedanken um ihn. Er sagte meistens nichts, wenn er etwas auf dem Herzen hatte und das konnte schon problematisch werden. Ich wollte nicht, dass er den ganzen Kummer in sich hinein fraß. „ Alles gut. Es geht wieder. Ihr steht voll und ganz hinter mir, dass ist das wichtigste."
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Nachhilfe Venation FF
FanficTobi ist ein ziemlich guter Schüler, muss dafür aber auch viel lernen. Er hat seinen kleinen Freundeskreis und zeigt sich nach außen hin eher schüchtern. Plötzlich ist da ein neuer Schüler, dem er Nachhilfe geben soll. Das dieser ihm noch gehörig de...