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Alec


„Alec, du solltest schlafen. Wir können dich aufwecken, wenn etwas sein sollte.", kommt meine kleine Schwester besorgt zu mir. Ich bin den ganzen restlichen Tag hier gesessen und mittlerweile ist es mitten in der Nacht. Es ist niemand mehr hier und das einzige Licht, das brennt, ist die Schreibtischlampe auf diesem Tisch. „Ich kann nicht schlafen, Isabelle!", fahre ich sie leicht an und vergrabe dann meine Hände in meinen Haaren. „Ich kann nicht schlafen, während ich nicht weiß, was mit Magnus ist.", wiederhole ich noch einmal ruhiger und spüre Izzys Hand an meiner Schulter. „Ich bin mir sicher, es geht ihm gut. Aber wenn wir kein Signal haben, um ihn zu orten, wird er auch keines haben, um uns anzurufen. Versuch es wenigstens und währenddessen kann Jace hier warten.", kniet sie sich fürsorglich vor mich.

„Wahrscheinlich hast du recht, aber das ändert nichts daran, dass ich nicht einschlafen kann.", sehe ich sie abwartend an. „Dann werde ich mich zu dir legen. Früher hast du mir geholfen einzuschlafen und jetzt mache ich das. Komm mit. Jace wird gleich hier sein.", zieht sie mich lächelnd auf und auch ich kann nicht verhindern, dass sich meine Lippen zu einem leichten Lächeln formen.
Wenig später sitzen wir im Auto und ich fahre uns nach Hause. Natürlich habe ich gewartet bis mein Bruder uns abgeklatscht hat, damit wir keine Sekunde verpassen, in der Magnus anrufen könnte.

Mittlerweile sind wir Daheim angekommen und liegen schlaffertig in meinem Bett. Meine Eltern schlafen schon lange.
Es ist ungewohnt Izzys Körper anstatt Magnus' zu spüren, aber nicht schlimm. Ich habe mich früher immer zu ihr gelegt, da sie Angst hatte. Inzwischen hat sie kein bisschen mehr Angst und ist zu einer starken jungen Frau herangewachsen. Ich denke, stolzer könnte ich auf meine kleine Schwester nicht sein.

„Und? Kannst du einschlafen?", fragt Isabelle nach einer Weile schon halb schlafend. „Nicht wirklich, aber du kannst ruhig schlafen." Sie schlingt ihre Arme um mich und wenig später schon merke ich ihren regelmäßigen ruhigen Atem, der mir signalisiert, dass sie schläft.
Meine Gedanken allerdings kommen nicht zur Ruhe. Was, wenn Asmodeus Magnus irgendetwas angetan hat? Wenn es ihm nicht gut geht? Ich kann hier nicht liegen und die Wärme genießen, während Magnus zeitgleich möglicherweise leidet.
Vorsichtig und darauf bedacht, Izzy nicht zu wecken, stehe ich auf und ziehe mir eine Jogginghose an. Ich hole mir mein Telefon und stecke es ein. Ich beschließe zum Gebäude des FBIs zu laufen, vielleicht beruhigt mich das etwas und bringt mich auf andere Gedanken, auch wenn ich das stark bezweifle.
Ich kann nur an Magnus denken. Magnus wie er leidet.

Als ich bei der Zentrale ankomme, verschwinde ich zuerst im Trainingsraum. Ich schlage auf den Boxsack ein bis meine Knöchel wund sind und noch höre ich nicht auf. Ich bin froh, dass die Wunde an meiner Schulter mittlerweile fast geheilt ist und sie mich jetzt nicht behindert.
Still läuft mir eine Träne über die Wange, als ich plötzlich eine Hand an meiner Schulter spüre und ich mich abrupt umdrehe. „Mann, du musst dich beruhigen." Jace will mir seine Hand beruhigend an den Oberarm legen, doch ich schlage sie weg. „Nein. Ihr versteht es einfach nicht, du verstehst es nicht!", fahre ich ihn an und wische mir, während ich aus dem Saal stürme, die Tränen von der Wange.

Ich eile in den dunklen Raum, in dem wir noch immer darauf warten, dass wir Magnus' Standort herausfinden. Nach einigen Minuten kommt Jace zu mir und reicht mir eine Wasserflasche.
„Du hast recht. Ich kann es nicht verstehen. Ich kann nicht verstehen, wie es ist, wenn mein Partner nichts mit dem FBI zu tun haben will. Ich kann es nicht verstehen, wenn ich nicht mit meinem Partner zusammen arbeite. Und vor allem kann ich und werde ich es hoffentlich auch nie verstehen können, wenn mein Partner bei einem Psychopathen ist.", setzt er sich ruhig auf den Stuhl mir gegenüber.
„Du weißt hoffentlich, dass ich nur das Beste für dich will. Ich habe mich für dich gefreut, als du dich mit Magnus verstanden hast und es schlussendlich offiziell war, dass ihr ein Paar seid. Ich kann mir nicht im entferntesten Vorstellen wie schlimm es gerade für dich sein muss. Aber du warst immer so stark und konntest deine Gefühle und Emotionen im Griff halten, während ich sie an jedem ausgelassen habe. Dafür habe ich dich immer bewundert. Und dich jetzt so fertig zu sehen, macht auch mich in gewisser Weise fertig.", gibt Jace zu und ich sehe ihn leicht überrascht an.

„Die Gefühle für Magnus sind zu stark, um sie verbergen zu können.", sage ich leise und schraube die Flasche langsam auf. „Wir finden ihn.", sieht mich mein Bruder aufmunternd an und legt mir eine Hand an die Wange, um sie dann leicht zu tätscheln, was mich lächeln lässt. „Siehst du, wir schaffen das.", lacht er und wendet sich wieder dem schwarzen Bildschirm mit den zwei grünen Wörtern zu. „Da würde ich auch verrückt werden, wenn ich das die ganze Zeit anstarre.", zeigt er darauf. „Spielen wir Schere, Stein, Papier.", hält er mir seine Faust hin, während ich nur mit den Augen rolle.
Er kann echt keine zwei Minuten ernst bleiben. Aber schließlich willige ich ein. Vielleicht bringt mich das auf andere Gedanken und die Zeit vergeht schneller. Auch wenn ich jede Minute überprüfe, ob der Standort bereits angezeigt wird oder jemand anruft, kann ich ein wenig lachen, denn ich gewinne immer.

-

Bis in die Früh sitzen wir hier und spielen verschiedenes, bei dem man keine Materialien dazu braucht. Doch irgendwann geht Jace, er will sich für ein paar Stunden aufs Ohr hauen und kommt dann wieder.
Ich sitze den ganzen Tag hier und genehmige mir einen Kaffee um den anderen.
Ich ignoriere die Menschen, die am Morgen an die Arbeit gehen und am Abend wieder gehen. Sie ignorieren mich ebenfalls. Was sollen sie auch tun?
„Nichts?", kommt Hodge am späten Abend noch zu mir. Verwundert drehe ich mich zu ihm um. Ich dachte, es sind schon alle gegangen.

„Nichts.", hauche ich und nehme einen Schluck von dem schwarzen Kaffee. „Es muss doch etwas sein. Und Bane hat auch noch nicht angerufen? Vielleicht können wir nach ihnen suchen?", setzt er sich auf den Platz, an dem Jace die ganze Nacht saß.

Ich verstehe seine plötzliche Dringlichkeit nicht. Er hat sie auch schon letztes Mal aufgewiesen. Eigentlich jedes Mal, wenn wir darüber sprechen, würde er am liebsten sofort zu Asmodeus. Aber wer kann es ihm verübeln? Ich würde Asmodeus schließlich auch gerne das Handwerk legen. Aber im Moment können wir nichts tun. Sie könnten überall sein und wir können schließlich nicht alles abfahren oder -fliegen.
„Magnus? Du kannst ihn gerne bei seinem Namen nennen. Und nein, kein Anruf, kein Standort, nichts.", erwidere ich seufzend. „Kann es nicht sein, dass Magnus gar keinen Kontakt mit uns aufnehmen will? Vielleicht wollte er nur zu seinem Vater zurück und hat uns dafür ausgenutzt. Hat dich und deine Gefühle ausgenutzt.", überlegt er, während ich ihn verletzt ansehe. „Warum sagst du sowas? Ich weiß, dass er das nicht getan hat.", wende ich mich von meinem Chef ab und sehe wieder den schwarzen Bildschirm an. Ich nehme wieder einen Schluck meines Kaffees und spüre wie die heiße Flüssigkeit meine Speiseröhre hinunterbrennt.

„Tut mir leid. Es war nicht gegen dich gerichtet. Ich würde den Psycho nur gerne endlich schnappen.", steht er abrupt auf und verschwindet ebenfalls. Verwirrt sehe ich ihm hinterher, bevor ich mich auf dem Stuhl weiter hinunterrutschen lasse und den Kaffeebecher mit beiden Händen umfasse.

Undercover (german Malec ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt