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Wie eine Fuchsjagd zum Beweis erblicher Gaben und brüderlicher Liebe wurde


„Frost liegt auf den Wiesen. Bist du sicher, dass das Wetter gut genug ist?",

Elladan stand vor der beschlagenen Scheibe eines großen Fensters. Der Blick in das Tal von Imladris bot ihm eine durch und durch blendende Schönheit. So sanft lag der Schnee über Nadelbäumen und kahlen Laubkronen. Die Wiesen waren grade noch so erkennbar. Das satte Grün des Sommers legte sich bereits nach ersten Herbsttagen. Es war so glanzlos zu Winterbeginn. Elrond zumindest war der Meinung, dass nur der Schnee selbst den grünen Wiesen wieder Ansehen verschuf.

„Ohnehin sind die Pferde verspannt. Sie brauchen gewiss Bewegung". Es war Arwens zarte Stimme, die aus der warmen Karminecke des Raums ertönte.

„Bewegung ja. Warum denn so privilegiert? Ein Ausritt würde allemal genügen. Wir müssen ja nicht gleich wie die Verrückten über das Eis heizen, als wenn unsere Pferde stolperfest wären."

Der Blick des dunkelhaarigen Elben ruhte auf den verschneiten Pferdeställen. Unten waren bereits alle Vorbereitungen im Gange. Die Fuchsjagd war in den letzten Tagen des Jahres seit jeher Tradition.

Jeder in Bruchtal geborene Elb wuchs mit diesem Ereignis auf. Und wie alle anderen stand auch Elladan mit seinem Bruder Elrohir einst vor den Toren seines heiligen Hauses und spitzte gespannt die Ohren wann man die ersten Hufschläge zu hören wagte. Denn schon immer war der Reiter zum Sieger gekrönt worden, der den Fuchs seines Schwanzes beraubte und damit als erster durch den Torbogen galoppierte.

„Also bitte. Du tust so als gäbe es gar jedes Jahr einen Unfall. Das kommt doch gar nicht so oft vor!", nörgelte Arwen.

„Worum geht es?". Elrond kam im selben Moment durch den Türrahmen und sah seinen Sohn und seine Tochter skeptisch an.

„Elladan befürchtet, dass das Wetter zu Unfällen führen könnte."

„Ist dem so? Ich empfinde das Wetter als genauso gewöhnungsbedürftig wie jedes Jahr. Das hat nichts zu sagen. Man hat selten das Glück eine Fuchsjagd bei klarem Himmel reiten zu können. In all den Jahrhunderten ist das vielleicht zehnmal passiert und wie gesagt... - Wir brechen jedes Jahr auf, um den Fuchsschwanz zu rauben."

„Dieses Jahr ist es anders...". Elladan drehte sich mit einer besorgt gerunzelten Stirn um. „Ich spüre es."

Kaum sprach er seinen Satz aus, wich Elrond durch die Anzahl der Sessel um den Kamin und stellte sich zu seinem Sohn an das Fenster. Dicke Schneeflocken legten sich an die Scheiben. Sofort lösten sich ihre kleinen Kristalle auf. Der Raum glühte ganz und gar vor Wärme und die Scheibe erwärmte sich von Zeit zu Zeit. Dementsprechend liefen kleine Wassertröpfchen lautlos und flink das Glas hinab und gefroren erneut sobald sie das steinerne Bänken darunter erreichten. Der Wind heulte draußen. Elladan seufzte.

„Also gut. Dann lasst uns die Jagd schnell hinter uns bringen. Ich vermute, dass das Wetter nicht besser wird je länger wir warten."

Gesagt getan.

Wenig später hatten alle Bewohner Bruchtals in die Pferdeställe gefunden. Sie hatten dicke Mäntel an. Einige trugen sogar Mützen aus weißem Pelz. Die Pferdeställe bestanden aus zwei Stalltrakten, die sich gegenüberlagen. In ihrer Mitte ein Hof und in seiner Mitte ein wunderschöner, dunkelgrüner Tannenbaum. Beleuchtet mit funkelnden Lichtern als hätte man die Sterne des Himmelszelt aufgesammelt und ihm verliehen. Weinrote Girlanden zogen sich von Zweig zu Zweig und goldene Kugeln machten die Nadeläste schwer. Die Spitze des Prachtbaumes wurde von einem goldenen kleinen Krönchen geschmückt. Sie hatte eine abstrakte Sternform. Man konnte erkennen, dass es ein Stern war, aber irgendetwas war eben doch abstrakt. Etwas ganz besonderes eben.

Mittelerde Adventskalender 2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt