f ü n f u n d d r e i ß i g

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~ Life went on,
but it was never the same again ~

Katies Sicht:

Einige Monate sind vergangen, seit Harry und die anderen von Dracos und meiner Beziehung erfahren haben und seitdem Draco mich abgewiesen hat. Monate voller Gerüchte, voller Lügen und voller Theorien. Nichts also, was nicht nach einiger Zeit wieder uninteressant wird und aus den Köpfen der Leute verschwindet.

Um einiges schlimmer jedoch ist die Tatsache, dass es zwischen Draco und mir in diesen Monaten wahnsinnig still geworden ist. Ich habe versucht, ihn zu hassen, doch ich bin kläglich gescheitert. Auch habe ich uns noch lange nicht aufgegeben, aber der Gedanke daran, es könne vorbei sein, schmerzt tief in meinem Herzen und ich will es nicht akzeptieren.

In den ersten Wochen habe ich immer wieder versucht, mit ihm ein Gespräch zu beginnen, doch er war abweisender und kühler, als je zuvor. Dennoch habe ich jedes Mal eine höllische Schuld und tiefen Schmerz in seinen Augen gesehen und hätte ihn am liebsten einfach in den Arm genommen und ihm gesagt, dass alles gut werden würde. Aber da war diese unüberwindbare Mauer zwischen ihm und mir. Eine Mauer aus Lügen, Furcht und Verboten.

Er verheimlicht mir irgendwas und ich weiß, dass es etwas mit dem Auftrag des dunklen Lords zu tun haben muss. Es tut einfach weh zu denken, dass er mir vielleicht nicht genügend vertraut, um mit mir darüber zu sprechen. Aber ich kann auch deswegen nicht böse auf ihn sein - ich sehe ihm an, wie sehr ihm alles zu schaffen macht und ich schaffe es nicht zu ihm durchzudringen und ihm zu helfen. Ich kann nur hilflos dabei zu sehen, wie es uns beiden von Tag zu Tag schlechter geht.

Nicht einmal ein halbes Jahr hatte man uns gemeinsam gegönnt. Es sind die schönsten Monate in meinem Leben gewesen und ich kann nicht begreifen, dass diese nun vorbei sein sollen. Dracos Abfuhr fühlte sich einfach surreal und unglaubwürdig an. Und obwohl sie eben schon Monate her ist, zieht sich noch immer meine Brust zusammen, wenn er an mir vorbeiläuft. Noch immer verschlägt es mir den Atem, wenn sich unsere Blicke versehentlich treffen. Noch immer träume ich nachts von eisblauen Augen und platinblonden Haaren.

Und, weil ich aus Angst vor solchen Träumen, seit Monaten nicht mehr richtig schlafen kann, liegen unter meinen Augen mittlerweile tiefe, dunkle Schatten. Und, weil mir negative Gefühle - von denen ich zur Zeit jede Menge verspüre - stets auf den Magen schlagen, bekomme ich seit Monaten kaum noch etwas Essbares herunter. Und doch sitze ich hier jeden Tag im Unterricht, um mich abzulenken, und hoffe und bete für ein halbwegs gutes Ende unserer Geschichte.

„So, letztes Mal haben wir uns mit den Literaturepochen der Muggel auseinandergesetzt. Hierbei ist uns eine Sache aufgefallen: Das zentrale Thema vieler Werke ist, genau wie in der Zaubererwelt, die Liebe und die Sehnsucht. Wie dieses Thema behandelt wird, ist epochenabhängig. Entweder ganz sachlich, wie etwa zur Zeit der Aufklärung, oder mit großen Gefühlen, wie im Sturm und Drang. Eure Hausaufgabe war es demnach, einen Aufsatz über genau dieses Thema, Liebe und Sehnsucht, zu verfassen. Ich weiß, dass dies sehr persönlich und intim werden kann, aber vielleicht traut sich ja dennoch jemand, seine Arbeit vorzustellen." Professor Burbage, unsere Muggelkundelehrerin, blickt aufmunternd in die Runde. Die Hausaufgabe war in meiner jetzigen Situation wirklich leicht. Ich habe vier Seiten Pergament zusammenbekommen, die ich aber nie im Leben vor der Klasse vorlesen würde.

Ich löse meinen Blick nun von dem Papier vor mir und, als ich sehe, wer - neben Hermine - der Einzige ist, der sich meldet, fallen mir beinahe die Augen aus dem Kopf.

„Mister Malfoy, sehr gerne. Ich habe lange nichts mehr von Ihnen gehört und bin gespannt auf Ihren Beitrag. Bitte hört alle aufmerksam und respektvoll zu."

Bevor Draco anfängt, vorzulesen, räuspert er sich. Und was dann kommt, verschlägt uns wohl allen den Atem.

Alle Welt spricht davon. Es gibt kaum ein Buch oder eine Geschichte, die nicht davon handelt. Sehnsucht und Liebe. Während die Muggel sie Romeo und Julia nannten, kennen die Zauberer sie unter anderem Namen. Aber doch ist das Thema stets präsent. Es geht sogar soweit, dass die Liebe das einzig Erstrebenswerte in diesem Leben zu sein scheint. Und jene, die ohne sie leben müssen oder ohne sie leben wollen, seien bedauernswert. Eine Einstellung, die man mir stets versucht hat, zweifelhaft zu machen. Wer braucht schon Liebe, wenn er Macht haben kann? Meine Antwort heutzutage darauf? Jeder. Jeder braucht sie. Beinahe siebzehn Jahre mussten ins Land ziehen, damit ich es begreife. Aber wer einmal vor seiner Julia gestanden hat, der wird obiges Zitat nie wieder in Frage stellen wollen. Die Romanautoren haben recht. Julia ist jene Person, die man für den Rest seines Lebens ansehen könnte. Und man würde nie genug von ihr bekommen. Doch, wie auch in den bekanntesten Büchern dieser Welt, erhält nicht jede Liebesgeschichte ihr Happy End. Aber wie erklärt man der Liebe seines Lebens, dass man sie nicht mehr sehen darf? Obwohl man sich nichts sehnlicher wünscht als das. Wenn man ihr nicht mehr das sagen kann, was man gerne sagen möchte? Weil es immer noch Menschen gibt, die Macht der Liebe vorziehen. Die so sehr in alten Denkmustern feststecken, dass es ihnen nicht gelingt, über den Tellerrand zu blicken und die Schönheit zu erkennen, die das Leben mit sich bringt, wenn man sie nur zulässt. Ich habe aufgehört, Leute dafür zu verurteilen, in wen sie sich verlieben, als ich es selbst getan habe. Hals über Kopf in die Julia, die so ziemlich das Gegenteil von dem ist, was andere erwarten. Dass das hier nicht gut enden kann, haben wir wohl beide geahnt. Und dennoch haben wir uns darauf eingelassen, weil das, was zwei Menschen miteinander verbindet, wohl die seltsamste aller Wissenschaften bleibt. Und obwohl ich mich so sehr nach dem Licht und der Sonne sehne, zur der mich meine Julia mit einer Leichtigkeit geführt hat, die mir zuvor vollkommen unbekannt war, sind mir die Hände mit der grausamsten Dunkelheit gebunden. Bevor das Ende nun zum Greifen nah ist, muss meine Julia noch zwei Dinge wissen. Es wird keine Entschuldigung dieser Welt geben, die ausreicht, denn ich werde mir niemals verzeihen, dich enttäuschen zu müssen. Und trotzdem möchte ich dir danken. Für alles."

Mein Herz klopft mir bis zum Hals, während ich jede Silbe, die er sagt, tief in mir aufnehme und sie festhalte. Tränen laufen über meine Wangen, die ich ständig versuche, zitternd wegzuwischen. Ich gehe davon aus, dass er mich anspricht. Meine Sitznachbarin hält mich bestimmt für verrückt.

„Wow. Vielen Dank, dass Sie das mit uns geteilt haben. Normalerweise sammle ich vorgelesene Hausaufgaben gerne ein, aber das hier sollten Sie wohl nicht mir abgeben." Professor Burbage schluckt schwer, dann fährt sie mit ihrem Unterricht fort. „Miss Granger, wollten Sie auch noch vorlesen?"

Hermine nickt eifrig und beginnt. Ich schaffe es nicht, ihr zuzuhören. Meine Gedanken drehen sich bloß darum, was Draco mir damit sagen will. Seine Worte waren wunderschön und bestätigen mich darin, dass seine Abfuhr nichts weiter als pure Verzweiflung war. Er hat kein Wort davon ernstgemeint. Und doch macht mir sein Aufsatz zum heutigen Zeitpunkt auch einfach große Angst. Dunkelheit? Enttäuschung? Davon hat er schon vor einigen Monaten geredet, aber erst jetzt nehme ich es wirklich ernst.

Dass ich jedoch so zeitnah erfahren werde, was es damit auf sich hat, hätte ich wiederum keineswegs erwartet.

Als ich am Abend desselben Tages in meinen Schlafsaal im Ravenclawturm zurückkehre, liegt auf meinem Bett ein an mich adressierter Briefumschlag. Ich zittere, als ich ihn vorsichtig öffne.

Darin befindet sich Dracos Aufsatz mit drei wichtigen Änderungen. In der ersten Zeile stehen die Worte Liebe Katie, in der letzten Zeile verabschiedet er sich mit In Liebe, dein Draco, und der Name Julia wurde im gesamten Text durch meinen ersetzt.

Noch bin ich darüber etwas verwirrt. Doch noch in derselben Nacht wird vieles klar. Noch in derselben Nacht beginnt der Anfang vom Ende.

Noch in derselben Nacht verschwindet Draco. Spurlos und ohne baldige Wiederkehr. Als Erklärung und Abschied bleibt mir vorerst nur sein Aufsatz.

Noch in derselben Nacht wird Professor Dumbledore hier in Hogwarts ermordet. Von Harry erfahre ich später, dass dies ursprünglich Dracos Aufgabe gewesen und, dass Professor Snape aufgrund dessen Versagens eingesprungen sei. Hiermit hat dann wohl die erwähnte Entschuldigung zu tun.

Noch in derselben Nacht liegt das Schloss tief unter den schwarzen Kräften gefangen, die das dunkle Mal am Himmel ausstrahlt. Wir alle spüren sie bis in die letzte Faser unserer Körper.

Noch in derselben Nacht werden hunderte Zauberstäbe gen Himmel gerichtet, um für einen Moment die Dunkelheit zu vertreiben. Die dunkle Magie, die dunklen Taten vor unseren Augen, die Dunkelheit, die diese Nacht mit sich brachte und die Dunkelheit aus unseren Herzen.

Und spätestens seit dieser Nacht, ist nichts mehr, wie es einmal war.

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Forbidden - A Draco Malfoy Fan FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt