v i e r u n d d r e i ß i g

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~ He was alone. The past was dead, the future was unimaginable. ~

Dracos Sicht:

„Was ist los mit dir?", fragt mich Blaise nun schon zum dritten Mal an diesem Morgen. Wir liegen rücklings auf unseren Himmelbetten im Schlafsaal der Slytherins. Crabbe und Goyle sind nicht anwesend.

„Nichts", brumme ich bloß, ebenfalls zum dritten Mal, und bin froh, dass er die aufgestauten Tränen in meinen Augen nicht sehen und den ziehenden Schmerz in meinem Körper nicht spüren kann. Plötzlich setzt er sich auf.

„Draco. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass mit dir etwas nicht stimmt." Blaise besitzt um einiges mehr an Intelligenz als meine anderen beiden Mitbewohner und eigentlich ist er auch der Typ Mensch, mit dem ich über alles reden kann. Nur über das hier nicht.

Ich kann ihm nicht von dem brennenden Mal auf meinem linken Unterarm erzählen.

Ich kann ihm auch nichts über das Verschwindekabinett und den Auftrag des dunklen Lords sagen. Er würde nicht verstehen, dass ich Dinge zu tun habe, die weder ihm noch mir gefallen.

Und schon gar nicht kann ich ihm davon erzählen, dass die Gerüchte wahr sind. Ich darf Katie ihm gegenüber nicht im Ansatz erwähnen. Das Mädchen, das mich vollständig in ihren Bann gezogen hat und mich nicht mehr loszulassen scheint, und in dessen Blutlinie nicht eine weitere magische Person zu finden ist. Auch das würde er nicht verstehen. Wie kann ein Malfoy auch Gefühle für eine Muggelgeborene entwickeln? Und vielleicht würde er dann sogar meinen Plan gutheißen, sie - wie soll ich es sagen? - loszuwerden... Nicht, dass ich das wollen würde, aber habe ich eine Wahl? Alle anderen Szenarien habe ich bereits durchgespielt und es gibt keine Alternative. Sie ist in Gefahr, wenn die falschen Leute von unserer Beziehung erfahren würden - der dunkle Lord würde sie ohne mit der Wimper zu zucken töten und mich gleich mit - und das hätte mir viel eher auffallen müssen. Vor allem aber würde Katie mir vermutlich niemals das verzeihen, was ich in der kommenden Zeit tun muss. Es ist also besser, wenn wir das beenden, was niemals hätte angefangen werden dürfen.

Jetzt setze auch ich mich auf und schwinge meine Beine aus dem Bett. „Lass mich in Ruhe, Blaise."

Bevor er noch etwas sagen kann, verschwinde ich mit einem ohrenbetäubenden Türknallen aus unserem Schlafzimmer. Tief durchatmend mache ich mich auf den Weg in den Raum der Wünsche. Ich muss dringend dieses Kabinett in Ordnung bringen. Hier liegt meine oberste Priorität.

Doch kaum bin ich in den Raum eingetreten, erwartet mich dort schon jemand. Sie sieht erleichtert auf und rutscht von dem Tisch, auf dem sie eben noch gesessen und nachgedacht hat. „Draco, ich hatte gehofft, dich hier zu treffen... wir müssen-..."

„Verschwinde von hier", unterbreche ich sie bloß knurrend und mit einem heftigen Herzschmerz. Zielstrebig steuere ich auf das Verschwindekabinett zu, ohne sie eines Blickes zu würdigen.

„Draco, was soll das?" Ich bekomme nicht mit, dass sie mir folgt und plötzlich direkt hinter mir steht. Als sie sanft ihre warme Hand auf meine Schulter legt, zucke ich unter ihrer Berührung zusammen.

„Ich habe gesagt, verschwinde von hier", setze ich noch einmal nach. Sie versucht, mich dazu zu bringen, mich ihr zuzuwenden, aber ich rühre mich keinen Zentimeter. Ich kann ihr nicht in die Augen sehen - diese wunderschönen braunen Augen, die gerade vermutlich voller Schmerz sind. Doch genauso wenig kann ich in so einer Art und Weise mit ihr umgehen, aber ihr wird es leichter fallen, mich loszulassen, wenn sie mich hasst.

„Sieh mich an! Was ist los mit dir? Gestern noch hast du mir gesagt, du würdest mich in deinem Leben brauchen und ich habe dir geglaubt." Ihre Stimme ist nun härter als zuvor und versetzt mir einen weiteren Stich.

„Es war nicht gelogen. Aber wir sollten der Realität endlich ins Auge sehen: Wir können nicht zusammen sein", rede ich eindringlich auf sie ein. Ich muss jedoch wenig überzeugend klingen, schließlich glaube ich mir ja selbst kein einziges Wort von dem, was ich da sage.

„Was redest du da? Das hat uns in den letzten Monaten doch auch herzlich wenig gekümmert. Was ist passiert? Harry und die anderen erzählen nichts weiter, dafür habe ich gesorgt. Also was ist dein Problem? Ich weiß, dass wir nicht so weiter machen können wie bisher, aber..." Ihre Verzweiflung ist kaum zu überhören und es tut so weh, mich nicht einfach umdrehen und sie in den Arm nehmen zu können.

„Es ist nicht nur Potter. Es sind viel größere Dinge. Dinge, die uns aus vollem Halse anschreien, dass aus uns nichts werden kann. Wir hätten es von Anfang an wissen müssen", hauche ich und hoffe fast, sie hätte mich nicht verstanden. Zu sagen, dass wir es hätten lassen sollen, bringe ich nicht übers Herz. Es wäre nach Strich und Faden gelogen.

„Größere Dinge? Du meinst den dunklen Lord... deinen Auftrag. Draco, rede mit mir! Was ist da los? Was verlangt er von dir?" Und jetzt tue ich es endlich - ich drehe mich langsam um und sehe direkt in ihr wunderschönes Gesicht, in dem sich so viel Schmerz widerspiegelt, dass es mir fast das Herz bricht.

„Es gibt Dinge, die du nicht wissen darfst. Dinge, die getan werden müssen, obwohl man sie nicht gutheißt. Du wirst mich sowieso hassen, Katie, also je eher desto besser. Und jetzt verschwinde, es gibt nichts, was du tun könntest!", fahre ich sie an und die ersten Tränen rinnen über ihre Wangen. Ich versuche, möglichst kalt zu klingen, aber sie muss merken, dass es mir misslingt.

„Nein, nein, nein! Draco, nein! Ich lasse dich nicht allein und vor allem werde ich dich doch nicht einfach hassen!"

„Du musst. Es ist deine einzige Chance, glücklich zu werden. Ohne mich. Und jetzt lass mich endlich in Ruhe!" Ich will mich wieder wegdrehen, aber sie hält mich energisch davon ab.

„Nein! Ich werde uns nicht einfach so aufgeben... ich werde dich nicht einfach aufgeben! Das kannst du vergessen", bringt sie unter tausenden Schluchzern hervor. Auch ich kann einzelne Tränen schon lange nicht mehr aufhalten.

„Geh!", krächze ich nur noch und werfe einen letzten, entschuldigenden Blick in ihr tränenfeuchtes Gesicht mit den schmerzerfüllten Augen, dann drehe ich mich endgültig um. Sie redet weiterhin flehend und schluchzend auf mich ein, doch als ich nicht nachgebe, gibt sie sich schlussendlich fürs Erste geschlagen.

„Ich werde dich nicht aufgeben... niemals... vergiss das nie", flüstert sie zum Abschied und in ihrer Stimme finden sich weder Hass noch Wut. Das ist nicht gut... sie soll mich hassen und nicht sowas. Daraufhin höre ich, wie sich ihre Schritte entfernen und nur Sekunden später stehe ich allein und verlassen im Raum der Wünsche und atme durch. Es ist unser Raum der Wünsche. Jeder Quadratmeter innerhalb dieser vier Wände erinnert mich an das Mädchen, dem ich gerade in einem verzweifelten Plan das Herz brechen musste. Und warum? Weil ich dazu verdammt bin, böse zu sein. Weil mich andere zu dem Monster zwingen, das alle in mir sehen.

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Forbidden - A Draco Malfoy Fan FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt