4. Dezember

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Mit meinen kalten Fingern versuche ich die Kapuze meines fast bodenlangen Wintermantels weiter in mein Gesicht zu schieben. Der Wind zerrt an meiner Kleidung und schiebt mich die Einkaufsstraße herunter. Trotz der Vorweihnachtszeit ist erstaunlich wenig los, was mich aber nicht wirklich stört. So habe ich wenigstens meine Ruhe, um mir ein paar Kleidungsstücke zu kaufen, welche ich für die nächsten Tage hier definitiv benötigen werde, da ich nicht jeden Tag in dem gemütlichen Jogginganzug verbringen kann.

Wieder denke ich an den vorherigen Tag, an welchem Niko und ich an unserem früheren, geheimen Platz waren, um dort für die Kür zu üben. Schon jetzt weiß ich, dass die Zeit ziemlich knapp werden wird, wenn man die Tatsache beachtet, dass ich seit zwei Jahren nicht mehr auf Schlittschuhen unterwegs war und wir nur noch zwanzig Tage zur Verfügung haben.

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„Wie wäre es, wenn du erst einmal deine Schlittschuhe anziehen wirst? Und dann sehen wir weiter", kam es nach minutenlangem Schweigen von ihm, in welchen ich mich neben ihn auf meine große Sporttasche hatte sinken lassen.

Leicht seufzend atmete ich aus und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. So lange hatten wir gemeinsam auf dem Eis gestanden, viele Preise gewonnen und jetzt fühlte er sich so fern an. Als wären wir zwei Fremde.

„Okay." Erwartungsvoll sah ich ihn an, bis er seinen Kopf zu mir drehte und fragend eine Augenbraue hochzog. „Du sitzt auf meiner Tasche."

„Oh, ja. Natürlich", lachte er und zog mich mit sich nach oben. „Soll ich sie dir binden, oder weißt du noch wie das geht?"

Kopfschüttelnd zog ich den Reißverschluss meiner großen Sporttasche auf und holte meine alten Schlittschuhe heraus. Das Leder war noch immer strahlend weiß, was daran liegen konnte, das meine Mutter sie in einer Schutzhülle aufbewahrt hatte und ich sie nicht allzu lange vor meinem Unfall gekauft hatte.

Ich setzte mich wieder auf die Tasche und zog die rosa Soakers von den Kufen. „Das ist jetzt nichts, was man irgendwie verlernen könnte."

Niko stützte die Hände in die Hüften. „Sicher?"

„Sicher", sagte ich grimmig, während ich meine Boots auszog und meine Füße in die Schlittschuhe steckte. „Du brauchst mich auch nicht so mit Argusaugen beobachten."

„Na gut." Seine Stimme klang leicht beleidigt und ich sah ihm kurz hinterher, wie er wieder auf das Eis schritt und ein begann paar Runden zu fahren.

Ich tippte mit den Hacken der Kufen auf den Boden, sodass meine Ferse an die richtige Stelle rutschte und zog die Schnürsenkel Reihe für Reihe fester. Gerade als ich die beiden Schlaufen der fertig gebundenen Schleife befestigte, stoppte Niko vor mir, sodass mir etwas des Eisschnees genau ins Gesicht spritzte.

„Eyy", beschwerte ich mich und stand langsam auf. Das Gefühl wieder in Schlittschuhen zu sein war wirklich komisch, aber doch irgendwie so, als wäre ich nie in einem anderen Schuhwerk unterwegs gewesen.

Niko lachte und hielt mir die Hand entgegen, damit ich zu ihm auf die Eisfläche kommen konnte, doch ich schüttelte den Kopf. „Komm schon", sagte er und nickte mit dem Kinn in Richtung des Eises, „kitzelt es dich nicht in den Füßen?"

„Ich bin nicht aufgewärmt."

Die Stirn runzelnd, stellte er sich neben mich in den Schnee und zog mich an der Hand, welche er noch immer fest in seiner Behandschuhten hielt, nach unten in eine Kniebeuge. „Gut, dann machen wir davon jetzt 50."

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„Callie?", werde ich von einer sehr tiefen Stimme aus den Gedanken gerissen und noch bevor ich etwas erwidern kann, werden ich von zwei starken Armen in eine Umarmung gezogen.

Crystal Christmas - Adventskalender 2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt