21. Dezember

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Die Vorbereitungen für die Spendengala laufen auf Hochtouren und schon seit den frühen Morgenstunden sind wir dabei, die Stände aufzubauen, welche zur Verpflegung der Zuschauer dienen sollen, welche sich zahlreich angemeldet haben.

Trotz dessen, dass alles so schön dekoriert ist, die Lichter von den Häusern alles hell beleuchten und mehrere Leute seit einer Woche daran arbeiten eine perfekte Eisfläche für Nikos und meine Kür zu machen, hält sich meine Laune ziemlich in Grenzen, als ich missmutig den Schnee festklopfe, welcher für die Tribüne zu einer Treppe gebaut wird.

Nachdem ich gestern im Kinderheim die Weihnachtsgeschichte vorgelesen hatte, war ich noch zum Training zu Niko gefahren und hatte dort mit ihm die Kür geprobt, die ich zwar im Kopf verinnerlicht hatte, jedoch anscheinend praktisch gar nicht umsetzen konnte.

Mehrfach war ich hingeflogen, was normalerweise kein Problem wäre, wenn nicht schon in drei Tagen die Aufführung wäre und ich sie mittlerweile ohne Probleme können müsste. Sogar die Hebungen mit der nötigen Körperspannung und Präzision hatte ich wieder drauf, doch der zweifache Lutz funktionierte einfach nicht, so sehr ich es auch versuchte.

Jederzeit hätte ich einfach den Flip machen können, welcher genau gleich funktionierte, doch der kleine Unterschied, dass der Lutz auf dem hinteren und äußeren Teil der Kufe abgesprungen wurde, sodass wenn man abspringt, die Kante in die andere Richtung geht, als in die, in welche abgesprungen wird.

Niko meinte zu mir, dass ich einfach den Flip springen solle, aber das kleine bisschen Stolz und Eiskunstläuferinnenherz in mir, weigerte sich, den Lutz wegzulassen. Auch, wenn kaum einer der Anwesenden den Unterschied überhaupt sehen würde. Ich wollte es einfach.

Zu meinem großen Übel hatten Nikos Eltern, Hana und Gou, Niko vom Training abgeholt, da sie Essen gehen wollten, und trotz der Tatsache, dass ich ja offensichtlich wieder mit Niko gemeinsam trainierte, war Gou nicht sonderlich begeistert mich zu sehen.

Ich weiß nicht, was in dem Moment, als er mich mit einem abfälligen Blick ansah, in mich gefahren war, doch ich hatte mich vor ihn gestellt und gefragt, warum er mir nicht ins Gesicht sagen könne, wenn er ein Problem mit mir hätte.

Seine dunklen Augen, die Niko definitiv von ihm geerbt hatte, sahen aus wie zwei schwarze Löcher und als er mich scharf ansah, versuchte ich nicht vor Angst wegzulaufen.

„Mein Sohn heißt Niko", sagte er mit eisiger Stimme, während Hana mich nur mit weit aufgerissenen Augen ansah, „und Niko bedeutet Eroberer der Nation."

Leicht zog ich meine Augenbrauen zusammen und sah Niko dabei zu, wie er beschwichtigend seinem Vater einen Arm um die Schulter legte. „Dad, wir sollten wirklich-",begann er, doch Gou zerrte sich von ihm los und kam einen Schritt auf mich zu.

„Du hast ihn zur Lachnummer der Nation gemacht. Nur du alleine." Seine Stimme klang bedrohlich und mein Körper fühlte sich ganz komisch an, so geladen war ich in dem Moment. Adrenalin pumpte in meine Venen und mein Herz pochte so laut und schnell, dass ich das Blut in meinen Ohren rauschen hören konnte. Ich hatte Niko zur Lachnummer der Nation gemacht?

„Dad", sagte Niko wieder und versuchte sich zwischen seinen Vater und mich zu stellen, wobei er mit seinem Rücken in meine Richtung stand, um seinen Vater genau fokussieren zu können.

„Nichts Dad. Dieses Mädchen hat dich wieder an den Anfang deiner Karriere gebracht. Wir haben so viel Zeit und Geld in dich und deine Ausbildung investiert, aber obwohl sie ohne dich niemals so berühmt geworden wäre, hat sie es dir wie gedankt, mein Sohn?" Sein Blick schweift zwischen Niko und mir hin und her. „Wie hat sie es dir gedankt?"

Schweigen.

„Sie hat dich hängen lassen, nachdem sie diesen lächerlichen Unfall hatte. Was sind diese paar Verletzungen schon gewesen? Nach zwei, drei Monaten wärt ihr wieder voll im Rennen gewesen, ja sogar auf dem Weg zu Olympia, aber nein. Die junge Dame zog es lieber vor sich zu verstecken und kein Sterbenswörtchen mehr darüber zu verlieren, wo sie hätte auffindbar sein können. Und nun steht ihr hier", sein Arm schweifte über die große Eisfläche des Sees, welche in der kalten Luft vor sich hin glitzerte und die zerkratzen Spuren, welche wir hinterlassen hatten, waren deutlich in der sonst so glatten Eisfläche zu erkennen, „und übt für eine lächerliche Spendengala, die dir auch den Ruhm, den du verdient hättest, nicht wieder einbringen wird."

Crystal Christmas - Adventskalender 2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt