12. Dezember

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Als ich von meinem Einzeltraining auf dem geheimen See nach Hause komme, bin ich ziemlich geschafft und möchte mich eigentlich nur noch in mein Bett legen, um zu schlafen. Niko hatte heute keine Zeit, weil Isa, seine eigentliche Eiskunstlaufpartnerin, unbedingt mit ihm trainieren wollte. Als ich in die Einfahrt zur Villa Kunterbunt einbiege sehe ich ein Auto in der Einfahrt stehen, welches weder meins, noch das meiner Mutter ist.

„Uuh, wow. Wem gehört denn dieser heiße Schlitten?", sage ich leise und streiche mit dem linken Zeigefinger über die Motorhaube des schwarzen Audi RS 3 Sportback. Der Schnee hat sich schon in einer leichten Schicht darauf abgesetzt, was bedeutet, dass die Person anscheinend schon länger hier sein muss.

„Eyy, der ist noch nicht abbezahlt", höre ich Leos Stimme von der Veranda aus sagen und sehe auf, wobei mir eine Schneeflocke, die vorher noch an meinen Wimpern hing, ins Auge rutscht.

Sehr komisch blinzelnd zucke ich vom Auto weg und versuche das tränende Auge auszublenden. „Äh, was machst du hier", frage ich, ohne auf ihn einzugehen, „und warum kannst du dir so ein tolles Auto leisten?"

Leo wirft sich seine Winterjacke über die Schultern und kommt die Stufen der Veranda heruntergeschritten. „Äh, ich habe mit deiner Mutter gemeinsam geübt?"

„Aha", sage ich leise und atme hörbar aus, bevor er direkt vor mir steht.

Seine Augenbrauen ziehen sich leicht zusammen und das Lächeln, welches er zuvor noch im Gesicht hatte, verschwindet leicht, als er die Mundwinkel fallen lässt. „Ist irgendwas?"

„Ja, ja natürlich", starte ich einen kläglichen Versuch und weiche seinem Blick aus, indem ich wieder das Auto betrachte, „Warum sollte nicht alles in Ordnung sein?"

Leo kneift seine Augen zusammen und dreht seinen Kopf ein wenig zur Seite, um wieder in meinem Blickfeld zu erscheinen. „Du wirkst etwas distanziert", kommt es langsam von ihm, „und das eigentlich schon, seit ich dir mitgeteilt habe, dass ich deine Mutter auf dem Flügel begleiten werde, wenn du bei der Gala auftrittst. Ist das ein Problem für dich?"

„Öhm-", beginne ich und stecke meine Hände in die Jackentaschen, damit er nicht sehen kann, wie ich sie zu Fäusten balle. Eigentlich könnte ich jetzt direkt damit rausrücken und ihm sagen, wie unfassbar beschissen es ist, wenn deine eigene Mutter gemeinsam mit deinem Exfreund, mit dem du dich gut verstehst, bei dem ersten großen Auftritt seit dem Unfall, auftritt. Kurz schüttele ich den Kopf, um diesen Gedanken zu verwerfen.

„Callie? Leo? Da seid ihr ja", ruft Tante Gab aus der Tür, während ich gerade Luft hole, um zu antworten. „Wir werden in einer Stunde Essen, okay? Ich hoffe ihr habt viel Hunger."

„Oh ja", rufe ich zurück und drehe mich dann wieder zu Leo, „weißt du, dass sie deinetwegen fast den ganzen Laden leergekauft hat?

Mit einem schelmischen Lächeln sieht Leo mich an, die angespannte Situation ist wie weggeblasen. „Nicht wirklich oder? Sieh mich an, ich sehe viel besser aus, als zu der Zeit, als wir noch zusammen waren und so viel ungesunde Dinge in mich reingestopft habe."

Die Schultern zuckend mache ich einen Schritt auf ihn zu und pieke ihm in den Bauch, welcher trotz der dicken Winterjacke und dem Pullover, den er darunter trägt, ziemlich fest ist. „Manche Trennungen haben anscheinend sogar etwas Gutes", lache ich und er stimmt mit ein, wobei er mich nicht aus den Augen lässt.

Seine grünen Augen funkeln, als er so direkt auf mich hinuntersieht und anhand seines Gesichtsausdrucks, der Art wie er sich mit seinen schneeweißen Zähnen auf die Unterlippe beißt, weiß ich, dass er gleich eine vollkommen verrückte Idee raushauen wird.

„Willst du mal damit fahren?", sagt er mit einem Seitenblick auf das Auto und

grinst mich dabei total begeistert an, während die Schneeflocken, die auf seinen kleinen braunen Löckchen gelandet sind, ihn einfach nur irre wirken lassen, „du darfst sogar ans Steuer."

Crystal Christmas - Adventskalender 2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt