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Alec


Ich sitze mit Magnus auf einem runden Tisch. Unsere Hände ineinander verschränkt und in der anderen einen warmen Kaffee. Unsere Blicke sind durch die offene Glastür nach draußen auf das offene Meer gerichtet, das durch die regelmäßigen Wellen ein beruhigendes Geräusch erzeugen. Die angenehme Meeresbrise kommt mit einem erfrischenden Windstoß durch die offene Tür und lässt mich leicht lächeln. Niemals hätte ich mir diese Situation erträumen lassen. Mit meinem festen Freund am Meer, während wir dem Wasser lauschen, wie es gegen Felsen kracht und den flauschigen Wolken beim Vorbeischweben zusehen. Ich versuche den Moment einzufangen, sodass ich ihn jederzeit wieder aufrufen kann, wenn es mir schlecht geht, denn dieser Moment ist sehr kostbar. Auch wenn wir weder draußen, noch in den Sonnenstrahlen sitzen können – ich zumindest nicht – ist Magnus' vorbereitetes Frühstück sehr schön.
„In dem Buch 'Alle sieben Wellen', das mir Jace geschenkt hat, um uns die freudige Nachricht zu überbringen.", finde ich meine Stimme in der angenehmen Stille, lasse meinen Blick jedoch weiterhin auf das weite Meer gerichtet, während ich merke, wie mich Magnus neugierig betrachtet. „In dem Buch wird von einer Geschichte erzählt. Von der siebenten Welle. Alle ihre sechs Vorgänger sollen berechenbar und ausgewogen sein. Sie bauen einander auf und bringen keine Überraschung wird geschrieben. Aber die siebente Welle ist unberechenbar, manchmal bricht sie aus, denn für sie gibt es kein vorher oder nachher, nur das Jetzt. Danach ist alles anders, aber niemand weiß, ob gut oder schlecht."
Ich drehe mein Gesicht zu Magnus, der mich mit unergründlichem Blick mustert.

„Du musst dir keine Sorgen vor der Zukunft machen, Alexander.", flüstert er schließlich und drückt einmal meine Hand, bevor er mit dem Daumen über meinen Handrücken streicht. „Mache ich nicht. ... Vielleicht ein wenig, aber nicht mehr als für gewöhnlich.", schüttele ich leicht den Kopf, sehe wieder auf das offene Meer und beobachte die Wellen. „Aber ich hätte gerne, dass dieser Moment unvergänglich wäre. Dass wir für immer hier in dieser schützenden Blase leben, in der es nur uns gibt." Mein Blick wandert zu unseren verschränkten Händen, bis er wieder in Magnus' Gesicht wandert. Ein leichtes Lächeln umspielt seine weichen Lippen, weswegen ich meine Augenbrauen verwirrt zusammenziehe. „Ich wäre auch gerne auf ewig mit dir hier, aber ich weiß auch, dass das nicht geht. Deine Familie braucht dich auch.", erklärt er schmunzelnd, doch ich schüttele ein weiteres Mal meinen Kopf. „Du bist meine Familie." Sofort bereue ich, was ich gesagt habe. Ich höre mich wie ein trotziges Kind an, während Magnus und ich uns erst seit zwei Monaten kennen. Doch Magnus' sanfter Blick lässt all meine Zweifel verfliegen. „Du bist süß. Aber das meine ich ernst. Isabelle braucht dich, Maryse braucht dich sowieso und auch Jace und seine rothaarige Freundin. Leider kann ich dich nicht ganz als Mein beanspruchen." Magnus rührt seinen Kaffee mit einem kleinen silbernen Löffel um und trinkt einen Schluck, bevor er seine dezent glitzernde Tasse wieder auf dem Getränkeuntersetzer abstellt.
„Clary? Ich denke nicht, dass es sie stören würde, wenn wir hier bleiben. Wobei sie womöglich ebenfalls hierher mit Jace in den Urlaub fahren will.", überlege ich, wobei mir natürlich bewusst ist, dass er recht hat.

„Aber wenn ich ... eventuell zu dir ziehen würde ... könnten wir immer zusammen sein.", murmele ich unsicher, während ich mit einem der sich gelösten Fransen des Tischläufers spiele. „Alexander, wir sollten nichts überstürzen und ich denke auch nicht, dass du das wirklich möchtest. Von deinen Vertrauenspersonen wegzuziehen. Von deinem Zuhause, indem du aufgewachsen bist. Du würdest dich nicht wohl fühlen." Auch wenn Magnus nicht böse oder gemein klingt – im Gegenteil, sogar sehr sanft und liebevoll – kann ich meinen Blick nicht anheben. Natürlich ist eine Zurückweisung nicht das schönste, aber er hat recht. Er kennt mich mittlerweile schon sehr gut. Dafür wäre ich noch nicht bereit. Ich vertraue Magnus und eine Woche mit ihm zu verbringen, ist wunderschön und entspannend und so vieles mehr, aber irgendwann würde ich meine Familie vermissen. Ich würde meine gewohnte Umgebung vermissen. Den gewohnten Geruch, die gewohnte Atmosphäre, das gewohnte Quietschen der Badezimmertür, durch die ich Izzy in der Früh immer wecke, meine gewohnten vier Wände, mein Bücherregal. Ich bin ein zu starkes Mutterkind, um so früh auszuziehen und mit meinem Freund in die weite Welt zu ziehen. Nach einer Zeit würde ich mich in seiner Wohnung fremd fühlen. Wenn ich alleine wäre, würde ich mich nicht trauen etwas anzufassen oder umzustellen. Es ist ganz einfach Magnus' Wohnung. Aber für die Zukunft wäre es bestimmt ein schöner Gedanke.
Ergeben nicke ich und hebe meinen Blick wieder, um in Magnus' leuchtende und liebevolle Augen zu sehen, welche mich direkt wieder ein wenig lächeln lassen.
„Aber dafür kann ich dir etwas anderes geben." Magnus lässt meine Hand los und hinterlässt eisige Kälte – was womöglich ein wenig übertrieben ist. Verwirrt sehe ich ihm nach, wie er in seinem seidenen Morgenmantel in unserem Schlafzimmer verschwindet. Und noch immer verwirrt sehe ich ihn an, als er zurück kommt und sich wieder gegenüber von mir niederlässt.

„Warum gibst du mir den Schlüssel für das Ferienhaus?", frage ich verständnislos, nachdem Magnus mir einen silbernen Schlüssel neben meinen bekrümelten Teller gelegt hat. Er verschränkt unsere Hände wieder ineinander, während ich den silbernen Gegenstand in meine andere Hand nehme. „Das ist nicht der Schlüssel für das Ferienhaus, Alexander.", wirft mir mein Gegenüber belustigt vor. „Das ist der Schlüssel zu meiner Wohnung. Auch wenn wir nicht zusammen wohnen, bist du jederzeit herzlich bei mir willkommen. Falls du einmal raus musst oder Sehnsucht nach deinem hübschen, fürsorglichen Freund hast."
Verblüfft sehe ich zu ihm auf. „Ich darf jederzeit in deine Wohnung?"
„Natürlich.", stimmt mir Magnus mit samtiger Stimme zu, während mir ganz warm ums Herz wird. „Vielleicht nicht tagsüber, aber nachts jederzeit.", hängt er an. Resigniert nicke ich ein weiteres Mal. Natürlich nicht tagsüber. Was wenn jemals etwas mit ihm ist und ich kann nicht zu ihm? Kann ihm nicht helfen, kann nicht bei ihm sein? Nur weil die Sonne scheint. Das würde ich mir nie verzeihen, auch wenn Magnus es vermutlich sofort machen würde, weil ich keine andere Möglichkeit hätte.
Ich schiebe diese negativen Gedanken zur Seite und stehe auf, um um den Tisch herum zu gehen, ohne jedoch Magnus' Hand loszulassen. Ich knie mich vor ihn und ziehe ihn in eine feste Umarmung. Bald löse ich mich wieder von ihm und vereine unsere Lippen zu einem gefühlvollen Kuss, während ich sein Gesicht in meine Hände nehme. „Danke, Magnus. Danke, dass es dich gibt und du mich gefunden hast.", flüstere ich leicht außer Atem und lehne meine Stirn an seine. „Ich denke, das war nicht meine Absicht, aber darüber bin ich ebenfalls sehr froh, Liebling.", lächelt er mild.
„Habe ich dir schon gesagt, dass ich dich sehr gerne habe? Sehr sehr gerne?", frage ich schmunzelnd. Im Moment kann ich mein Glück kaum glauben. Jemand der nicht durch dasselbe Blut verpflichtet oder meinen Eltern gezwungen wurde, mag mich. Liebt mich. „Wie könnte ich das jemals vergessen, Alexander?"

Mondscheinkrankheit (german Malec ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt