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Alec


„Da wir gerade dabei sind ... kann ich dir auch meine Geschichte erzählen.", flüstere ich nach einiger Zeit und rappele mich etwas auf. Unsicher sammele ich meine Gedanken und Erinnerungsfetzen zusammen, doch trotz dessen fällt es mir schwer über dieses Thema zu sprechen. Magnus nimmt meine Hand und sieht mich mitfühlend an, wodurch ich mich etwas bestärkt fühle. Unsicher räuspere ich mich und beginne: „Mit fünfzehn Jahren habe ich versucht, mir das Leben zu nehmen." Ich rede nicht drum herum und sage direkt, was Sache ist. Neugierig hebe ich meinen Kopf, um seine Reaktion abzuwarten, doch sein liebevoller Ausdruck bleibt. Bloß Schock und Sorge drängen sich in seine Mimik. „Ich weiß natürlich nicht, was die Zukunft bringt, aber ich verspreche, bei dir zu bleiben. Es war damals einfach ... leichter. Als Jugendlicher denkt man viel über das Leben nach und mir ist bewusst geworden, dass meine Familie für immer meinetwegen leiden wird. Mein Vater ist bereits gegangen und hat sich das gar nicht erst angetan. Irgendwo verstehe ich ihn. Er wollte ein normales Leben, ohne eingesperrt zu leben oder sich um mich zu kümmern." Ich wende den Blick ab und sehe auf meine mit Magnus verschränkten Finger. „Vielleicht würde es jetzt jedem besser gehen, hätte mich meine Mutter nicht gefunden.", flüstere ich leise und spüre sofort, wie Magnus heftig den Kopf schüttelt. „Nein, sag sowas nicht. Das stimmt nicht. Wir hätten uns nicht getroffen und ich bin mir sicher, ohne dich wäre mein Leben monoton und öde. Aber das weißt du, Liebling. Behalte dir das bitte für immer im Kopf. Du wirst nie wieder alleine sein und du fällst auch sicher niemandem zur Last." Er legt mir seine warmen Finger an die Wange. Ich schließe meine Augen und schmiege mein Gesicht in seine weiche Hand, die mir Geborgenheit schenkt.

Den nächsten Tag bleiben wir morgens etwas länger im Bett, um Zärtlichkeiten miteinander auszutauschen und die Nähe und Wärme des anderen wahrzunehmen und zu genießen. Anschließend haben wir uns eine wärmende Dusche gegönnt und uns entspannt auf die Couch gelegt. Etwas geredet, etwas Brettspiele gesehen, etwas Ferngesehen.
Irgendwann hat Magnus beschlossen, dass er noch ein wenig an die frische Luft geht und da es heute ein paar Grad mehr am Thermometer anzeigt, hat er sich seine Badehose angezogen und ist ins Meer gelaufen. Selbstverständlich hat er mich davor gefragt, ob es für mich auch ok ist, wenn er mich für einen Augenblick alleine lässt, doch natürlich habe ich zugestimmt. Schließlich ist es kein Nachteil für mich, im Gegenteil, es ist ein Vorteil. So kann ich mich nämlich drinnen im Kühlen auf den kleinen runden Esstisch setzen und durch die offene Glastür nach draußen sehen. Ich sehe ihm dabei zu, wie er draußen herumläuft, im Meer schwimmt, eine Liege aufbaut – absolut keinen Schimmer, woher er die hat, aber es ist so – und sich sonnt. Dabei habe ich genügend Zeit, jeden Zentimeter seines Körpers mit hungrigen Augen zu inspizieren. Auch wenn er Meter von mir entfernt ist, sehe ich seine karamellfarbene Haut, die durch die Bestrahlung der Sonne, golden schimmert. Gerade steht er auf einem Badetuch und turnt irgendwelche Bewegungen – ich vermute Yoga. Dabei kommen besonders seine Muskeln wunderbar zur Geltung und ich lecke mir über die trockenen Lippen. Doch in der Sekunde beendet er seine Übungen und schüttelt den Sand aus dem Handtuch, bevor er es zusammengefaltet auf der Liege ablegt. Er dreht sich zu mir und schenkt mir ein strahlendes Lächeln, das ich natürlich sofort erwidere.

Er dreht sich um und läuft in das seichte Wasser, das er dabei von sich spritzt. Auf einmal lässt er sich nieder und taucht unter, um wenige Sekunden später wieder aufzutauchen und seine Haare nach hinten zu streichen. Meiner Meinung nach steht ihm diese Frisur unglaublich gut und dementsprechend läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Wie gerne ich ihm Gesellschaft leisten würde. So gerne würde ich mit ihm im Sand liegen oder Sandburgen bauen, vor allem wäre ich in dem Moment gerade gerne bei ihm. Was ich wohl machen würde?
Während ich meine Gedanken abdriften und meiner Fantasie freien Lauf lasse, bemerke ich nicht, wie Magnus ein weiteres Mal unter Wasser taucht. Als ich mich wieder zusammenreiße und zu ihm sehen will, kann ich ihn nicht entdecken. Womöglich wollte er einen kleinen Spaziergang machen? Aber er hätte mir das doch mitgeteilt und so schnell kann er nicht weggegangen sein. Langsam klappe ich das Buch, das vor mir liegt, zusammen und erhebe ich mich, um meinen Blick über den menschenleeren Strand schweifen zu lassen, doch nach wie vor kann ich ihn nicht auffindbar machen. Meine Sicht wird zwar durch den riesigen Felsen zu meiner rechten eingeschränkt, doch dort kann er sowieso nicht sein. Meines Wissens befinden sich dort nur noch Felsen und kein Fleck Strand, auf welchem er sich niederlassen könnte
Was, wenn er noch unter Wasser ist? Kann er solange die Luft anhalten? Mein Blick schweift nach oben, in den wolkenlosen blauen Himmel. Die Sonne scheint. Nicht einmal wenig. Wird von keiner Wolke verdeckt und ist auch noch nicht nur halb sichtbar. Trotzdem denke ich nicht lange darüber nach und stürme aus der sicheren Hütte, um mich der Gefahr auszusetzen. Als ich unten am Strand ankomme, bleibe ich verblüfft stehen und sehe auf meine Arme. Die Sonnenstrahlen auf meiner Haut fühlen sich ungewöhnlich an, aber warm. Ich streiche mit der Fingerspitze zögernd über meine erhitzte Haut und betrachte sie erstaunt.

Mondscheinkrankheit (german Malec ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt