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Alec


Nachdem ich meine Verabredung mit meinem Lieblingsthema vollgetextet habe – natürlich ohne das Ende zu verraten – verstumme ich plötzlich und merke, dass Magnus die ganze Zeit über nichts gesagt hat. „Du darfst gerne weitersprechen. Du hast eine sehr angenehme Stimme, Alec. Ich höre dir gerne zu.", lächelt er mich liebevoll an, während er seinen Kopf auf seinen Händen abgestützt hat und mich verträumt betrachtet. Ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht schießt – ein ebenfalls ungewohntes Gefühl. „Ist Alexander dein voller Name? Darf ich dich so nennen? Das liegt mir mehr.", fragt er plötzlich, was mich die Schultern leicht zucken lässt. „Wenn du es so lieber magst.", nicke ich mit dem Kopf.
„Soll ich dich nach Hause bringen? Es ist schon spät.", murmelt er schließlich, nachdem wir uns ungewöhnlich lange in die Augen gesehen haben. Ich lasse meinen Blick hinunter zu meiner Armbanduhr wandern. 22:30. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist.

„Ich denke, das schaffe ich alleine. Danke.", lehne ich ab. Schließlich habe ich meiner Mutter versprochen, dass ich mit ihm in der Öffentlichkeit bleibe. „Bist du sicher? Es ist gruselig draußen.", versucht er mich zu überreden und langsam bekomme ich das Gefühl, dass er derjenige ist, der Angst hat. „Soll ich dich begleiten?", schmunzele ich schließlich, während Magnus zögernd nickt. Auch wenn er schätzungsweise ein paar Jahre älter ist als ich, finde ich niedlich, dass er trotzdem Angst im Dunkeln hat. Das trifft bei mir nicht zu. Ich bin mit der Dunkelheit aufgewachsen, mir macht sie nichts aus.
Wir bezahlen die Rechnung getrennt und verlassen schließlich das kleine gemütliche Café an der Ecke, um Richtung Park zu spazieren.
Als wir bei der Bank ankommen, auf der wir gestern ein 'anregendes Gespräch' hatten, beschließen wir, uns dort kurz niederzulassen.

„Wirst du es lesen?", frage ich und sehe unsicher auf das Buch, das auf meinem Schoß liegt. „Wenn ich dich dann noch einmal sehen darf.", schmunzelt Magnus, was mich überrascht aufsehen lässt. „Ich dachte, es würde um das Buch gehen.", gebe ich erstickt zu. „Es ist offensichtlich etwas, das dir viel bedeutet, also möchte ich mich ebenfalls damit beschäftigen. Und weiters können wir doch sehen, was passiert.", lächelt er und lehnt sich souverän zurück.
„Ich denke nicht, dass ich an einer Freundschaft interessiert bin.", murmele ich zurückhaltend. Ich will ihn nicht verletzen, aber mir reichen die Menschen, die momentan in meinem Leben sind aus. Ich brauche keine Veränderung und bin mir auch fast sicher, dass Magnus nichts mit mir zu tun haben will, wenn er mehr über mich wüsste.
„Oh, ich auch nicht.", lächelt er, während er seinen Blick zufrieden durch den Park schweifen lässt. „Ok. Also ich kann dir das Buch leihen, wenn du willst und du gibst es mir dann in dem Zustand wieder zurück.", mache ich schließlich klar und halte es ihm zögernd hin. Der merkwürdige Mann nimmt es vorsichtig und streicht wie ich gestern über die Vorderseite des Umschlags.
„Das weiß ich sehr zu schätzen, Alexander. Danke. Ich werde sehr gut damit umgehen, um es dir bald wieder so zurückzugeben.", versichert er mir achtsam, während sich unsere Blicke wie schon am Vortag ineinander verhaken.

Ein angenehmes Gefühl drängt sich in meinem Körper auf und der Wunsch ihn zu berühren wird stärker. Ich kann es mir nicht erklären, schließlich ist es bei Jace ganz anders, eher das Gegenteil. Doch vielleicht ist jede Freundschaft anders, so viele verschiedene hatte ich letztendlich noch nicht.
„Möchtest du vielleicht, dass wir uns täglich verabreden, damit ich es dir beweisen kann?", findet Magnus seine leise belegte Stimme, ohne dass wir den Augenkontakt unterbrechen. „Ich denke, ich vertraue dir.", erwidere ich eben so gedämpft. „Bist du dir sicher?"
„Nein."
„Morgen, gleiche Uhrzeit, gleicher Ort?"
Ich nicke.

Auf dem Weg nach Hause, nachdem wir uns verabschiedet haben, überlege ich. Es ist nicht so, dass ich Magnus nicht vertraue. Ich bin mir sicher, er beschädigt das Buch nicht. Aber ich wollte ihn wiedersehen. Bei ihm habe ich das Gefühl normal zu sein. Bei ihm fühle ich mich wohl und sicher.

„Alec.", schmeißt sich meine kleine Schwester in meine Arme, als ich durch die Tür herein komme. „Wo warst du? Gehst du nicht normalerweise erst jetzt los?", fragt sie neugierig, während sie mich wieder aus ihrer erdrückenden Umarmung entlässt. „Ich habe mich mit jemandem getroffen, Iz.", antworte ich leicht genervt. Schließlich bin ich erwachsen und darf machen, was und wann ich es will. Ich hänge meinen Mantel auf und ziehe meine Schuhe aus, um sie ordentlich auf die Seite zu stellen. „Mit Jace? Warum ist er nicht mitgekommen? Wie geht es Clary? Hat er schon Probleme mit der Uni?", lacht meine Schwester, während sie mir ins Wohnzimmer folgt, wo mich meine Mutter belustigt ansieht. „Ich weiß es nicht, Izzy. Ich habe mich nicht mit Jace getroffen und nichts von ihm gehört.", erkläre ich und verschwinde kurz in die Küche, um mir das Essen von heute Mittag noch einmal zu wärmen.
„Nicht mit Jace? Mit wem dann? Komm schon, Alec. Ich muss dir immer alles aus der Nase ziehen.", beschwert sich die kleine Schwarzhaarige, was mich lachen lässt. „Du kannst es auch einfach gleich lassen. Es war nichts Wichtiges, sonst würdest du es erfahren. Mom, darf ich oben essen?", wende ich mich schließlich an meine Mutter, welche bloß abwesend nickt.

Ich gehe mit dem Teller in meiner Hand die Treppen hinauf, als Izzy plötzlich wieder neben mir ist. „Hast du jemanden kennengelernt? Habt ihr euch geküsst?", hebt und senkt sie ihre Augenbraue, doch ich ignoriere sie. „Ich habe nur jemandem mein Buch gezeigt und es ihm geborgt.", erkläre ich simpel und setze mich, in meinem Zimmer angekommen, zu meinen Schreibtisch. „Du gibst niemandem dein Buch. War es dein Lieblingsbuch? Ich durfte es nie auch nur ansehen und jetzt borgst du es jemand Fremden?", verschränkt sie ihre Arme gereizt vor der Brust. „Er ist um einiges vertrauenswürdiger.", werfe ich ein und widme mich meinem Essen. „Wie heißt er? Wie sieht er aus? Wie lange geht das schon mit euch?"
„Isabelle, bitte beruhige dich jetzt. Ich habe mich heute das erste Mal mit Magnus getroffen. Wirklich nicht erwähnenswert. Er interessiert sich für das Buch und ich habe es ihm geborgt, damit er es sich nicht kaufen muss.", stütze ich mich auf dem weißen Tisch ab und sehe sie wartend an. „Ich will ihn kennenlernen. Ich bin mir sicher, wir würden uns blendend verstehen.", redet sie sich heraus. „Nein, Izzy.", beende ich das Thema und stopfe mir den Mund mit Reis.

Mondscheinkrankheit (german Malec ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt