5. Kapitel

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Ich war froh als meine Mutter mich am nächsten Vormittag anrief, nachdem ich mit einem Kater erwacht bin. Ihre Stimme mal wieder zu hören, nach der ich mich seit Tagen sehne, tat gut. 

Das Gefühl von Einsamkeit verschwand zwar nicht ganz, lies aber ein klein wenig nach als sie mir erzählte, sie würde in knapp einer Woche mit meinem Vater zusammen nachhause kommen. Wir redeten mehrere Stunden, da ich sie immer wieder etwas fragte, damit sie nicht auflegte. Ihre Stimme brach in mir Wände und am liebsten hätte ich angefangen zu weinen, so sehr vermisste ich sie. Ich riss mich aber zusammen und konzentrierte mich auf unser Gespräch. Sie erzählte mir, dass sie seit dem Vorfall in Las Vegas, sofort abgereist ist und nun wie ich, unter Aufsicht bei verwanden in Deutschland untergekommen ist, da dies die schnellstmögliche und sicherste Variante war. Sie fragte mich wie es mir ging und ich erzählte ihr, dass ich mit Cally essen war und wir viel Spaß hatten. Den Spaß mit dem Alkohol ließ ich natürlich aus, auch wenn meine Mutter dies nicht mit so einem Kritischen Blick, wie mein Vater betrachtete. 

Als sie Schluss endlich auflegen musste, um beim Mittagessen mit vorzubereiten, legte ich schweren Herzen auf. Ich hielt das Telefon noch eine Weile Gedanken verloren in der Hand und blickte an die gegenüber liegende Wand, bis Alec mich aus meinem kleinen Tagtraum riss. „Du siehst traurig aus", stellte er fest und ich rückte schnell meine Fassade zurecht. 

Ich wollte es ihm nicht gönnen, meine Verletzlichkeit zu erkennen und drehte ihm den Rücken zu, um das Telefon auf den Tisch zu legen. Ich strich mir flüchtig unter den Augen entlang, um sicher zu stellen das mir keine Träne endwichen ist, welches nicht der Fall war. Das Telefon blinkte erneut auf und zeigte an, dass in der Weile wo ich mit meiner Mutter telefoniert hatte, Cally acht mal versucht hatte anzurufen. Ich entschied mich sie später zurück zu rufen, ich hatte jetzt keine Kraft mehr dazu. Ich drehte mich wieder zu Alec um. 

„Mir geht's gut", versicherte ich ihm und wollte an ihm vorbei gehen, als er meinen Arm festhielt. Unter seiner Berührung setzte mein Herz für einen kurzen Moment aus, um dann doppelt so schnell weiter zu schlagen.

„Soweit ich weiß hast du heute noch nichts gegessen, vielleicht würde es nach einem Abend wie gestern gut tun etwas im Magen zu haben", sagte er mit unerwartet weicher Stimme. Er hatte recht, dachte ich, auch wenn ich nicht ganz verstand warum es ihn interessierte, ob ich schon eine Mahlzeit an diesem Tag hatte oder nicht. Auf einmal ertönte ein Laut der mich hochschrecken ließ, bis ich den Ton unseren Bewegungsmelder zuordnen konnte. Jetzt guckte auch Alec wachsam umher und lies meinen Arm los. „Bleib du hier, ich geh nachgucken wer da ist", in wenigen Schritten hatte er die Tür erreicht und war verschwunden. 

Ich hatte keine große Angst, da dieser Melder selbst anging, wenn ein etwas größeres Tier sich in unseren Garten bewegte. Meine Lippen verzogen sich zu einem Schmunzeln, bei der Vorstellung Alecs Gesicht zu sehen, wenn er auf einen Waschbären trifft, anstatt auf irgendeinen Einbrecher.

Ich öffnete die Tiefkühlschublade und zog eine Pizza hinaus die ich im Backofen erwärmte. Solange ich darauf wartete das sie fertig ist, setzte ich mich auf den Küchentresen und stütze meinen Kopf in die Hände. Obwohl ich bis halb zwölf geschlafen hatte, schien ich doch etwas müde zu sein.

Die Küchentür ging wieder auf und ich erschrak abermals. „Irgendjemand hat sich in deinem Garten rumgetrieben, ich werde das weitergeben müssen", er fischte ein Handy aus der Hosentasche und fing an darauf herum zu tippen. Adrenalin schoss in mir hoch. Jemand war im Garten gewesen? Aber warum? Hatte ich meinen Vater doch unterschätzt und Menschen waren wirklich darauf aus mir und meiner Mutter etwas anzutun? 

 Bei diesem Gedanken wurde mir ganz schlecht und mit Sicherheit saß ich gerade kreidebleich da. Ich blickte zu Alec, der mit ernster Miene jemanden zu erreichen zu versuchen. Er hatte mir den Rücken zu gewandt und stellte sich vor die Glasfront, die zur Straße hinzeigte.

Der Wecker klingelte, um mir Bescheid zu geben das meine Pizza fertig war, aber dieses Mal war es Alec der sich erschreckte. Er drehte sich zu mir um und ich lachte in mich hinein und gab ihm nur ein entschuldigendes Grinsen zurück. Mir war, als würde ich ein kleinen Funken Belustigung in seinen Augen sehen, aber dann kniff er leicht die Augen zusammen, blickte mich wieder grimmig an und drehte sich um.

Ich ging mit meiner Pizza nach oben, um Alec nicht beim Telefonat zu stören und machte es mir in meinem Bett gemütlich.

Konnte es wirklich sein das jemand versuchte in dieses Haus zu kommen? Auf einmal war ich ein wenig froh nicht alleine in diesem großen Haus zu sein, sondern jemanden bei mir zu haben, auch wenn es nicht meine erste Wahl wäre.

Ich kramte in meinem Bett herum, bis ich mein Handy fand und Cally anrief. Sie nahm schon beim zweiten Klingeln ab und meckerte mich mit keiner allzu großen boshaft an. Ich erklärte ihr den Grund und wie der gestrige Abend noch zu ende ging. Sie seufzte verliebt als ich ihr erzählte, dass Alec mir noch ein Aspirin aufs Zimmer gebracht hatte und ich verdrehte die Augen. Ich wollte nicht länger darüber reden und wechselte das Thema, so, dass sie wieder die Oberhand des Gespräches übernahm. So ging es bis zum Abend hin und ich merkte, wie ich immer müder wurde.

„Evelyn! Hallo? Bist du noch dran?" Callys kreischen schreckte mich wieder hoch. „Oh, tut mir leid ich war kurz eingenickt", gestand ich und hörte ein genervtes Stöhnen von der anderen Leitung. „Na gut, ich habe dich für heute auch genug gequält. Geh schlafen", ich dankte ihr und wünschte ihr noch eine Gute Nacht, obwohl es gerade mal sieben Uhr war.

Mein Schlaf überkam mich schneller als sonst.

Big Darkness and Little SunshineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt