25. Kapitel

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Nachdem ich mich ein wenig wieder eingekriegt habe und mein Lachen einstellen konnte, klopfte es an der Zimmertür und kaum merklich sah ich Alec zusammen Zucken.
Er fuhr sich ein paar mal durch seine Haare und Sätze wieder seinen distanzierten, kälteren Blick auf, welcher mich jedes Mal aufs Neue von ihm stieß und mir einen Schauer über den Rücken jagte.

Wie konnte ein Mensch seine Emotionen nur so gut unter Kontrolle haben und beherrschen. Mir sieht man meistens an wie ich mich fühlte, nur mit konzentration und lügen überdeckte ich manchmal wie ich mich wirklich fühlte.
Mit schnellen Schritten war Alec bei der Tür angekommen und öffnete sie mit einen Schwung, dahinter stand ein hochgewachser Mann mit dunkel blonden Haaren, die wiederum so kurz geschnitten waren, dass sie nur noch kleine Stoppeln bildeten, die seine helle Kopfhaut bedeckten. 

Er könnte ein Holzfäller sein, ging es mir durch den Kopf, seine Arme waren noch viel breiter als die von Alec und er müsste sich ducken um den Türrahmen zu Alecs Zimmer zu durchqueren.
Auch er hatte Tattos die seinen Oberarm bedeckten, nur das es viel schlichtere Muster waren, vergleichbar mit Flammen. Sein Blick flog an Alec vorbei in meine Richtung und er musterte mich für einen kurzen unangenehmen Moment.

Ich hatte mich mittlerweile aufrecht auf Alecs Bettkante hingesetzt und man konnte nichts mehr von unserem kurzen Ausrutscher erkennen.
Was auch immer das eben war, es war wunderbar und ich spürte immer noch die Schmetterlinge die wild in meinem Bauch umher flogen. 

Der Blick vom Holzfäller Typen landete wieder auf Alec, er schien meine Anwesenheit wohl nicht weiter für interessant zu halten. 

„Mach dich auf den Weg in den Konferenz Raum, wir haben was zu besprechen", sagte er mit reservierter Stimme und seine grauen Augen huschten noch einmal zu mir und ohne auf Alecs Antwort zu warten machte er sich wieder auf den Weg.

„Wer war das?" Fragte ich sobald der Mann verschwunden war. Ich wollte wissen mit wem mein Vater arbeitete und wer sich hier aufhielt. Allgemein war ich der Ansicht viel zu wenig über all die Geschehnisse zu wissen die sich hier tümmelten.

„Das war Madox" Gab Alec nur kurz von sich und öffnete seine Schranktür um sich eine Jacke raus zu ziehen.

„Geht es vielleicht noch ein wenig Präziser?" Ich mochte es nicht wenn er so abweisend war. Es gab mir das Gefühl unerwünscht zu sein, vielleicht war ich das auch, aber so wie er eben war zeigte mir das er mich wohl doch nicht so nervig und fatal fand wie ich dachte.

Er zog sich die Jacke über und richtete den Kragen der sich mit seinem Pullover darunter verfangen hatte. „Er ist Abteilungsleiter und hat in diesem Quartier das sagen. Er war mal mein Tutor um noch präziser zu sein" Er sah kurz zu mir rüber und seine Mundwinkel hoben sich wieder ein wenig.

„Und du magst ihn nicht?" Ich legte meinen Kopf ein wenig schief und musterte ihn. Mir war aufgefallen wie verkrampft er gegenüber Madox war und wie abweisend er durch ihn wieder wurde. Wie als hätte er... Angst oder so. Aber Alec und Ansgt waren für mich wie zwei Pole die sich abstießen.

„Wie kommst du darauf" er sah mich etwas skeptisch an und ich zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, hatte irgendwie so gewirkt" Alec war nun fertig sein Outfit zu richten und verschränkte nun die Arme vor seiner Brust. 

„Aha, hat also so gewirkt. Dann muss ich wohl mal was an meiner Einstellung ändern" er sah mich durch seine dunklen Augen an und schien kurz zu überlegen, „Naja vielleicht hast du nicht so unrecht. Wie auch immer, ich muss los, versprich du mir hier zu bleiben und keine Dummheiten zu machen." Alec sah mich nun wieder mit seiner ernsten Miene an und ich musste lachen. 

„Wer bist du? Mein Dad?" Irgendwas daran schien ihn zu amüsieren, aber ohne genauer zu werden verabschiedete er sich und verschwand durch die Tür.

Ich ließ mich zurück aufs Bett sinken und blickte hoch zur weißen Decke. Wie konnte sich mein Leben in diesen wenigen Tagen nur so sehr verändern? Noch vor kurzem war alles so... normal, wie immer, und jetzt war alles anders, aber einerseits mochte ich diese Aufregung und Erfahrung, es brachte mal etwas neues ich meine sonst so triste Welt.

Ich setzte mich wieder auf und blickte durch den Raum. Wo war eigentlich mein Handy? Ich ging in das kleine Badezimmer, aber auch dort war keine Spur davon.

Ich seufzte. Am liebsten würde ich jetzt Cally schreiben. Oder sie anrufen und von den gestriegen Tag erzählen, ich wollte allgemein mit irgendjemanden über Gestern reden. Ich hatte immer noch so viele ungeklärte Fragen.  

Ich fühlte mich auf einmal so allein und eingeängt in diesem Zimmer und wusste das ich meine tiefen Gedanken nicht länger zurück halten konnte. Außerdem hatte ich Hunger.
Ich zog die Zimmertür auf und ignorierte was Alec mir gesagt hatte. Er durfte mir nichts vorschreiben.

Hinter der Tür erstreckte sich ein kurzer Flur mit weiteren Türen. Im vorbeigehen zählte ich insgesamt fünf Türen, alle waren aus Holz und kaum unterscheidbar. 

Am Ende des Flures öffnete ich eine Glastür die in ein Kleines Treppenhaus führte. Eine Wendeltreppe bahnte sich nach oben und eine Tür führe weiter in der unteren Etage weiter.
Ich blickte mich um, sah aber wiederum niemand weiteres und entschied mich erstmal durch die Tür zu gehen, welche viel schwerer aussah als sie war.

Dahinter lag eine Eingangshalle, die im Gegensatz zum schwach beleuchteten Flur, so erhellt vom Tageslicht war, welches durch die riesige Glasfront schien.

Die große Halle war überall ausgestattet mit Sitzmöglichkeiten, Stehtischen und sogar einer kleinen Bar, welche jedoch wie stillgelegt an der gegenüberliegenden Wand lag.

Ich stand immer noch in der Tür und überlegte schnell umzudrehen. Denn im Gegensatz zu eben, tümmelten sich hier einige Leute die ich alle auf dem ersten Blick nicht erkannte. Meines Glückes bemerkte mich wiederum niemand, da alle ihr Ziel hatten und von einem Punkt zum anderen in schnellen Schritten huschten oder in tiefen Gesprächen an den runden Tischen vertieft waren.

„Hey, bist du nicht das Mädchen von gestrigen Vorfall?" Ich zuckte erschrocken zusammen, da ich den jungen Mann nicht kommen gesehen hatte der auf einmal neben mir stand.

Er hatte dunkles Haar und seine Augen lagen tief in ihren Hüllen. Seine Augen machten den Anschein als würde eine Art Schleier sie bedecken, welcher darauf hinweist das er schon vieles schlimmes mit ansehen musste. Dies machte sein Aussehen auf eine Art älter als er eigentlich seien musste, da seine Stimme noch recht Jung klang, kaum älter als ich.

Ich kannte weder seinen Namen noch kam der junge Mann mir in jeglicher Art bekannt vor. Er schien meinen verwirrten Gesichtsausdruck zu bemerkten und räusperte sich kurz. 

„Entschuldige, du wirst dich kaum mehr an mich erinnern, du bist kaum nach dem wir angekommen sind in Ohnmacht gefallen. Ich bin Alistair" Er reichte mir seine Hand und ich nahm sie entgegen, brachte jedoch kein höfliches Lächeln wie er auf meine Lippen.

Tatsächlich habe ich in Gestern nicht mehr bemerkt, aber er ließ mich nun wieder Bilder hervor rufen die ich eigentlich zu verdrängen versuchte.

„Ich bin Evelyn. Gibt es hier vielleicht irgendwo etwas zu essen, ich habe seit gestern nichts mehr gegessen" mein Magen gab mir dies schon seit geraumer Zeit zu erkennen. 

Alistair sah mich noch kurz an, als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen oder irgendwie aus mir schlau zu werden, löste sich wiederum dann auch schnell wieder von meinem Gesicht und brachte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle. 

„Ich hab gerade Mittagspause, also wenn du willst kannst du mich begleiten und ich gucke ob du was zu essen bekommst" ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht verließ es aber genau so schnell wieder. 

Na toll, waren denn alle hier so emotionslos. Abgesehen von seinem etwas merkwürdigen Auftreten finde ich Alistair sehr höflich und bedankte mich für deinen Vorschlag und folgte ihm. Vielleicht würde sich ja die ein oder andere Situation ergeben wo ich ihn einer meiner tausend Fragen stellen könnte. Ich brauchte endlich jemand der mir Antworten liefern konnte und nicht andauernd auswich.

Big Darkness and Little SunshineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt