23. Kapitel

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Alec:

Nachdem Madox, Bennet durch einen Kopfschuss zum Fall gebracht hatte, konnte ich endlich wieder aufatmen. 

Ich hatte sie schon vor mir gesehen. Wie Evelyns schwacher Körper wie bei einem durchgeschnittenen Bindfaden zu Boden sinkt und all ihr Leben durch eine Kugel genommen wird.

Ich hätte es mir nie verzeihen können, auch wenn ich mein bestes getan habe sie zu beschützen. 

Ich wischte einmal meine Hände an der Hose ab und hob meine Waffen vom Boden auf, um sie zurück in den Gürtel zu stecken.

Hätte Evelyn nicht geschossen, hätte ich niemals mit nur zwei Magazinen durchhalten können. Das Gefühl machte sich in mir breit, dass ich ihr etwas schuldete. Sie hatte quasi mein Leben gerettet und ihres fast geopfert, dabei sollte es genau umgedreht sein.

Ich fuhr mir mit meiner Hand durch die Haare als auch schon Madox auf mich zu kam. Ich wiederum fokussierte Evelyn, die immer noch an Ort und Stelle stand, als wüsste sie nicht wie ihre Beine funktionierten.

„Evelyn?" Ich ging auf sie zu, jedoch wirkte sie wie ersteinert. „Evelyn, alles okay?", mit schnellen Schritten war ich fast bei ihr, als auf einmal ihre Knie einknickten und sie zu Boden viel. Ich wollte sie vor dem Sturz bewahren, aber ich war nicht schnell genug bei ihr.

Ich kniete mich zu ihr nieder und setzte meine Finger an ihren Puls, der glücklicherweise im Takt war.

„Wir müssen sie nach Blessingten bringen", Madox stand mittlerweile neben mir und nickte. „Luce, Alistair, ihr bleibt hier und kümmert euch um die Männer, Alexander und ich werden in der Weile schon mal ins Quartier fahren", wie auch sonst gingen alle seinen Befehlen nach und keiner dachte auch nur nach, einen Einwand zu stellen.

Ich schob meine Hände unter Evelyns zarten Körper und hob sie hoch. Ich hörte sie leise atmen und ich drückte sie leicht an mich. Es wirkte als wäre all ihre Körperwärme aus ihr gewichen und ihr leichtes zittern bestätigte mir, dass sie ziemlich unterkühlt sein musste.

Madox hielt mir die Tür seines Wagens auf und ich setzte mich mit Evelyn in den Armen auf den Rücksitzt. Luce und Alistair werden mit meinem Auto zurückfahren müssen, welches mitlehrweile einer Schrottkiste glich. Ich hoffte für ihr Glück, das sie überhaupt noch fahrtüchtig war.

Madox zog sich in den Wagen und startete den Motor. Hier drinnen war es recht warm und ich zog meine Jacke aus, um sie über Evelyns Körper zu legen. Haar Strähnen waren ihr ins Gesicht gefallen und ich versuchte sie ein wenig zurecht zu legen, als ich mich auf einmal beobachtet fühlte. Mein Blick viel in den Rückspiegel und traf den von Madox. 

Seine dunklen Augen, welche tief in ihren Hüllen lagen, blickten mich ausdruckslos an. Ich erwiderte ebenfalls seinen Gefühlskalten Blick und wollte ihm am liebsten an den Kopf werfen er solle mich nicht so anglotzen. Aber das konnte ich nicht so einfach, er war mein Tutor für rund drei Jahre gewesen und mein Respekt ihm gegenüber, war höher als zu jener anderen Person. Früher war er mein Vorbild, so etwas wie eine Vaterfigur für mich. Er hatte mir beigebracht zu kämpfen, schießen, Gefühle zu unterdrücken und zu töten, aber trotzdem ruhig schlafen zu können.

Keine andere Person hätte mich das besser lehren können, aber trotzdem verlor es nach Jahren den Reiz immer seinen Befehlen nach gehen zu müssen. Er hatte die Kontrolle über mich, wenn er wollte das ich litt, dann verletzte er mich entweder körperlich oder  innerlich. Wenn er stolz auf mich war, verspürte ich nichts weiteres als pure Freude. Meine Letzten Jahre bestanden also nur daraus, zu fühlen was Madox mir vermittelte.

Damit hatte es jedoch ein Ende und er schickte mich in den Außendienst. Evelyn ist nun mein fünfter Job und noch nie hatte ich solchen Spaß und Glück verspürt, als wie in der letzten Woche.

Auch wenn ich sie immer wieder weg von mir stoßen musste, und mir keinerlei Gefühle um sie und für sie erlauben durfte, sieht sie mich immer wieder so an, als wäre ich etwas Besonderes, liebenswürdiges und interessantes. Etwas was ich nie vorher zu spüren bekam, liegt ganz alleine in ihrem Blick und in ihrer Weise wie sie mich behandelt.

Ich blickte auf sie runter und fuhr mit dem Handrücken über ihre Wange. Sie fühlte sich weich an und schon ein bisschen wärmer. Ihre zarten, rosafarbenen Lippen waren leicht geöffnete und ihr Augenlied zuckte immer zu. Ich war ganz damit beschäftig ihre Gesichtszüge zu studieren als Madox sich räusperte und ich aufblickte, wobei ich alle Zärtlichkeit in meinem Gesicht verbannte.

„Also Alexander, erzähl doch mal. Wie kam es dazu das ich mich ein Mädchen anrufen musste, um mich meiner Arbeit zu entziehen damit ich dir dein Arsch rette?" Er sagte es ganz ohne seine Miene zu verziehen, oder jeglichen Sarkasmus in der Stimme.
„Ich weiß auch nicht, hättest du zählen können würdest du dir deine Antwort auch selber beantworten können", gab ich tonlos wieder und sah wie sich sein Blick im Rückspiegel ärgerlich verzog. Ich hatte keine Lust mich mit ihm zu unterhalten, ihm erklären zu müssen, warum ich seit langen mal wieder um Hilfe fragen musste. Ich hasste es nach Hilfe zu bettelt, fast so sehr wie mich Madox unterwerfen zu müssen.

„Du hast dich kein bisschen verändert Alexander", gab er nur wieder und ich fragte mich, ob er nun enttäuscht war oder es einfach eine Feststellung war, die er preisgeben wollte, um mich zu ermahnen Respekt gegenüber meinem ehemaligen Tutor zu zeigen.

Als ich nicht zu antworten schien, wollte Madox mich wohl immer noch nicht in ruhe lassen. „Also, sag mir doch wie du zu dem Mädchen stehst, welches du gerade in den Armen hältst als wäre es ein Goldbarren", an seiner Stimmlage konnte ich aus machen, dass es ihn wirklich interessierte, er es aber hinter einer beiläufige frage zu vertuschen schien. 

Ich hielt einmal kurz die Luft an, um nachzudenken und ließ sie dann etwas lauter wieder entweichen. „Ich soll auf sie aufpassen, schließlich ist sie die Tochter des Couriers. Ich denke Mr Wellington würde mich persönlich in die Hölle schicken, wenn ihr etwas passieren würde", auf meine plausible Antwort schien Madox keinerlei Einwände zu zeigen und nickte bloß, ohne mir weitere Anerkennung zu zeigen, was ich nur gutheißen konnte. 

Ich war in den letzten Wochen froh darüber gewesen, ihm und anderen Personal des Unternehmens zu entfliehen, ihm jetzt wiederum wieder um mich zu haben, erfreute mich in keinster Weise. 


Big Darkness and Little SunshineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt