16. Kapitel

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Der Schlaf tat mir gut und ich wachte erholsam auf. Das Sonnenlicht schien durch meine Fenster, wodurch ich feststellte, dass ich wohl etwas länger geschlafen haben muss. Ich blickte auf mein Handy, dass elf Uhr anzeigte. Keine Nachricht oder Anruf von Cally war zu sehen und ich beruhigte mich, indem ich mir ins Gewissen rief, sie seie gewiss noch am Schlafen. Sicherlich ist sie erst spät schlafen gegangen, schließlich gehen solche Partys bis in den frühen Morgen hinein.

Ich stand auf und stellte mich unter die Dusche und die Erinnerungen an Gestern Nacht kehrten zurück. Meine Gedanken schienen über Nacht etwas klarer geworden zu sein und meine Gefühle waren kein allzu großen Chaos mehr, jedoch immer noch schwer zuzuordnen. Mir war jetzt bewusst, dass ich Alec nicht mehr als einen Misstrauischen, düsteren Bodyguard ansah, sondern vielmehr als einen Mysteriösen, gutaussehenden Jungen, der eine sanfte und liebevolle Art hatte, die jedoch nur selten zum Vorscheinen kam. Jedoch war es genau diese Seite an ihm, die mich so in den Bann zog und meine Nackenhaare stellten sich auf, als mir die Bilder zurück in den Kopf gerufen wurden, als er nur Zentimeter von mir entfernt stand und es nur einen Funken gebraucht hätte, dass wir uns geküsst hätten.

Seine Angst, seinen Job somit zu verlieren konnte ich nachvollziehen, jedoch schmerzte es trotzdem diese Abfuhr zu erhalten. Noch nie hatte sich ein Junge mir gegenüber verweigert mich zu küssen. Im Gegenteil, ich war es sonst immer die Abstand schuf, damit derjenige verstand das ich nichts von ihm will. Aber bei Alec war das ganz anders. Alles an ihn schien so anziehend zu sein, dass egal was er tat, mein Herz zum Rasen brachte.

Ich putze mir noch die Zähne und wickelte mir ein Handtuch um den Körper, als ich aus dem Badezimmer ging. Ich würde jetzt nicht länger über Alec und meine Gefühle über ihn nachdenken, nahm ich mir vor. Ich ging Richtung Zimmer und war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkte das jemand vor mir stand und rannte somit fast in Alec rein. „Sind wir heute ein wenig unaufmerksam", neckte er mich und ich zog mein Handtuch noch ein wenig enger, aus Angst es würde mir runterrutschen. Das war ja ein guter Start in den Tag. Kaum hatte ich beschlossen meine Gefühle für Alec zu unterdrücken, begegnete ich ihm halb nackt. „Ich war bloß in Gedanken", murmelte ich und wollte schnellstens in mein Zimmer. Alec machte einen Schritt zur Seite und in schnellen Tempo ging ich an ihm vorbei, wobei ich ein leises Lachen hinter mir vernahm.

Als ich endlich sicher in meinem Zimmer angekommen war, zog ich mir eine Jeans und ein etwas enger anliegendes Oberteil an, mit ein wenig Ausschnitt. Ich Wurf erneut einen Blick auf mein Handy, aber von Cally erschien immer noch keine Nachricht. Ich endschied mich, sie nun auf eigene Faust anzurufen und wählte ihre Nummer. Ich rief sie insgesamt fünfmal an, jedoch ging sie nicht ein einziges Mal dran. Mit bekümmerter Miene ging ich die Treppe herunter und machte mir Frühstück. „Alles in Ordnung?" Hörte ich es auf einmal neben mir und ich fuhr zusammen. Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich gar nicht wahrgenommen hatte, dass jemand zweites ins Esszimmer reingekommen ist.

„Cally hat sich noch nicht bei mir gemeldet und es ist schon fast Mittag", erklärte ich ihm und eine Sorgenfalte bildete sich auf meiner Stirn.

„Sie wird sich schon bei dir melden, sicherlich schläft sie noch", versuchte mich Alec zu beruhigen, aber es half nicht so ganz. „Wenn du willst können wir zu ihr fahren", sagte er etwas unsicher und blickte auf seine Uhr an seinem Handgelenk. „Das würdest du für mich tuen?" Fragte ich etwas zu erstaunt und Alec sah mich Stirnrunzeln an. „Ja", gab er nur zurück und mit leicht erstauntem Gesichtsausdruck, nickte ich paarmal. „Na dann, lass uns losfahren".

Ich aß noch kurz meine Brotscheibe zu Ende und gemeinsam zogen wir uns eine Jacke über und setzten uns in sein Auto. Bei Tageslicht konnte ich nun sein Auto viel besser unter die Lupe nehmen und musterte jeden Winkel. Es war sehr aufgeräumt und nur eine leere Red Bull Dose stand in einem Getränkehalter auf der Mittelkonsole. Ich kenne mich nicht genug mit Autos aus, um zu bestimmen was für ein BMW dieser hier ist, aber er wirkte recht legere und sicherlich war er auch nicht geradewegs günstig gewesen. Alec startete ohne ein Wort den Wagen und führ die Landstraße entlang, bis wir auf den Highway abbogen. Ich musterte ihn von der Seite und erblickte zwei leichte Augenringe, die seine hübsche Haut bedeckten. „Wie viel Schläfst du eigentlich so in der Nacht?" Platze es auch schon aus mir heraus und ich ermahnte mich, dass ich heute nicht so neugierig sein sollte. „Genug, um über den Tag zu kommen", entgegnete er nur etwas kühl und ich fragte mich, wie viel das wohl war, zwang mich wiederrum ihn nicht zu fragen. Es schien ganz so, als würde er nicht in plauder Stimmung sein. So fuhren wir die restliche Zeit schweigend nebeneinanderher, bis es mir zu öde wurde und ich das Radio anstellte. Ich fand kein wirklich passenden Sender und stoppte einfach bei einem Lied, welches an hörbar war. Da Alec recht schnell fuhr, brauchten wir nicht allzu lange bis wir am Haus von Samanthas Schwester angekommen waren. Alles wirkte so still und leer, nur haufenweise leere Becher lagen auf der Wiese herum. Ich stieg aus und vernahm keinerlei laute Geräusche, bis auf den Wind, der mit den Ästen der Bäume spielte und Laub der vom Boden aufgewirbelt wurde. Ich hörte eine Autotür zu knallen und Alec stellte sich neben mich und blickte ebenfalls aufs großzügige Anwesend. „Willst du mit reinkommen oder soll ich alleine gehen?" Er blickte mich von der Seite an und ich war froh, dass er mir dieses Mal die Wahl ließ. Ich würde ohnehin rein gehen, egal ob er es mir verbieten würde oder nicht. „Ich komme mit", sagte ich nur und ging voraus. 

Die Tür war nicht abgeschlossen und als wir hineintraten, wimmelte es nur von leeren Getränken Dosen, Chaos und Jugendlichen, die auf dem Boden lagen, oder sich den Kopf hielten und genervt dreinblickten. Wir drängelten uns um sie herum und ich versuchte auf keinen, der am bodenliegenden zu stoßen.

Wir gingen eine breite Wendeltreppe hinauf und standen in einen langen Flur mit eddlichen Zimmern. „Wow, dann können wir wohl mal mit suchen anfangen", dachte ich laut vor mir her und blickte den Gang entlang, um zu schätzen wie viele Zimmer sich hier befanden. „Oh nein, das kannst du vergessen", gab auf einmal Alec neben mir wieder und lachte sarkastisch auf. „Ich werde doch nicht diese ganzen Zimmer abklappern und irgendwelche Jugendlichen bei ihrem morgendlichen Techtelmechtel stören", er setzte sich auf die oberste Treppenstufe und machte eine Handbewegung, dass ich anfangen sollte. Ich seufzte laut auf. „Vielen Dank für deine Hilfe", und mit diesen Worten fing ich an,  jede einzelne Tür mit einem Klopfen abzuklappern, um „Cally, bist du da drin?" Zu fragen. Nachdem ich alle Zimmer erfolglos durchkämmt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zu Alec, als sich eine Zimmertür öffnete und lachend ein junges Mädchen hinaustrat. Es war Amanda und als sie mich sah, blickte sie verwundert rein. „Evelyn? Cally meinte du wärst gestern Abend gefahren", irritiert musterte sie mich und fragte sich sicherlich in Gedanken warum ich so frisch gemacht aussah und nicht wie sie, völlig zerstreut und mit Haaren, die einem Vogelnest ähnelten.

„Bin ich auch, aber ich suche Cally. Ich kann sie nicht erreichen, hast du sie hier irgendwo gesehen?" Fragte ich hoffnungsvoll. „Ja, sie ist vor einer halben Stunde mit diesem einen Jungen abgedüst, ähh Jason hieß er glaub ich", ich seufzte erneut und raufte mir die Haare. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Ich hatte nun die Schnauze voll. Soll sie doch gucken, wie sie nachhause kommt, sie hätte mich schon längst anrufen können. Verärgert bedanke ich mich bei Amanda und ging den Flur entlang, als erneut eine Tür neben mir aufging und ich ein bekanntes Gesicht erblickte.

Big Darkness and Little SunshineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt