"Linda wach auf", Flo schüttelt mich leicht und ich drehe mich verschlafen weg. Mein Kopf fühlt sich wie eine überdimensionale Abrissbirne an, die Sonne scheint mir in Gesicht und ich lasse mich zurück auf den Rücken fallen.
"Du musst aufstehen", drängelt er weiter. Er sitzt auf der Bettkante und streicht über meine Hand.
"Herr Gott, wie spät ist es?", frage ich gereizt.
"Halb zehn, dein Telefon klingelt ununterbrochen."
Ich hole tief Luft, setze mich auf, wische einmal kurz über die Augen und stehe auf. Es ist Sonntag, was kann denn bitte so wichtig sein, das, dass Handy schon wieder anfängt zu klingeln. Ich ziehe es aus der Clutch, haufenweise Anrufe von Steffi, Toni und meiner Mutter. Meine Mutter!
"Was gibt es denn so dringendes, ich bin doch nachher im Büro?!", frage ich Steffi.
"Wo steckst du? Ich versuche, seit Stunden dich zu erreichen! In die Bar vom Dark Rose wurde eingebrochen und alles, wirklich alles ist kurz und klein geschlagen. Carsten und ich warten auf dich und bitte ruf deine Mutter an, die macht sich schreckliche Sorgen. Schaffst du es, in dreißig Minuten hier zu sein?"
"Ja", krächze ich und lege auf. Ich halte mein Smartphone in der Hand und starre ins Leere. Mein Mund fühlt sich staubtrocken an, das kann doch nicht mir passiert sein?! Flo lehnt mit einem Glas Orangensaft an der Küchenzeile und sieht mich traurig an.
"Ich muss sofort nach Hause, fährst du mich?"
"Natürlich."
Ich schlüpfe schnell in das Kleid, steige im Wohnzimmer in die High Heels, stecke mein Handy in die Clutch und warte bis Flo die Schlüssel in die Hosentasche gesteckt hat. Schweigend fahren wir in die Garage und ein paar Minuten später, parkt er vor unserem Eingangstor.
"Danke", sage ich monoton und will aussteigen, doch er hält mich am Arm fest.
"Kann ich dir helfen?"
"Nein, ich muss mir selbst ein Bild über die Situation verschaffen", ich entziehe ihm den Arm und steige aus.
"Linda", ruft er mir hinterher.
"Scheiße Flo, nicht jetzt! Ich melde mich, wenn ich Zeit habe", ich gebe den Code am Eingangsbereich ein und renne den Weg zum Haupteingang hoch. Ich will gerade klingeln, als meine Mutter mir die Tür öffnet.
"Da bist du ja mein Kind, wo warst du denn?", fragt sie voller Fürsorge.
"Ich habe bei Flo übernachtet", erschrocken sieht sie mich genauer an und hält mich an den Schultern fest.
"Das ist nichts Schlimmes, ich habe keine Zeit."
"Iss wenigstens eine Kleinigkeit, ich weiß Bescheid, was passiert ist", sagt sie besorgt.
"Kaffee und ein Käsebrötchen, aber ich dusche erst", seit mein Vater tot ist, hat sie mich nie wieder in den Arm genommen, aber in diesem Moment, schließt sie mich fest in eine mütterliche Umarmung. Ich löse mich und gehe hoch in mein Zimmer, was penibel aufgeräumt ist. Schnell öffne ich ein Fenster, weil mich ein Gefühl des Erstickens überfällt. Wütend reiße ich den Reißverschluss im Rücken auf und schleudere alle Sachen von mir. Im Bad stütze ich beide Hände auf den Waschtisch und betrachte mich im Spiegel. Verschmiertes Make-Up, blasse Haut und müde Augen. Vorsichtig löse ich den Verband und zum Vorschein kommt ein zehn Zentimeter langer Schnitt. Ich wende den Blick ab und stelle mich unter die Dusche. Wie ferngesteuert wasche ich mich und gehe anschließend ins Ankleidezimmer, ziehe mich an und verklebe die Verletzung neu, zum Haare föhnen fehlt mir die Kraft, so dass ich sie schnell zu einem Zopf binde.
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Dark Rose Band 1 ~ Du und ich ~
RomanceLinda Heinrichs ist Chefin vom Edelbordell Dark Rose. Sie führt ein schillerndes Leben im Schein des Frankfurter Rotlichtviertels. Das Geschäft mit gekaufter Liebe, Lust, Leidenschaft und den verbunden Illusionen, bietet keinen Platz für Prinzessi...