„Was machst du da, Lawli?“ erkundigte sich der mittlerweile Elfjährige Beyond neugierig.
„Ich kümmere mich um diesen Coil.“ kam es monoton zurück.
„Seit vier Stunden?“ fragte B ungläubig.
„Seit zwei Tagen und elf Stunden, aber mit gelegentlichen Pausen. Der Kerl ist schwerer aufzuspüren als ich dachte und ich weiß nicht wie viel Zeit mir noch bleibt.“ erklärte L erschöpft, während er sich eine Gabel Erdbeerkuchen in den Mund schob.
„Und was machst du, wenn du ihn hast?“
„Darüber mach ich mir Gedanken wenn es so weit ist.“ antwortete der Ältere mit vollem Mund und gleich darauf musste eine weitere Portion Torte ihr Leben lassen.
„Oh.“…
Nach fünf weiteren Tagen hatte L sowohl Erald Coils als auch Deneuves Detektivcode in seinen Besitz gebracht. Lawliet fühlte sich etwas schuldig, dass er zu solch drastischen Mitteln wie Erpressung hatte greifen müssen, aber das Leben der Waisenkinder im Wammy’s House durfte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Der Nachteil der Sache war, dass L sich nun mit allen Fällen der drei Meisterdetektive auseinandersetzen musste, was seine ohnehin kaum vorhandene Freizeit drastisch einschränkte. Als er wieder einmal völlig übermüdet vor seinen drei Computermonitoren kauerte und Unmengen an überzuckertem Kaffee konsumierte, klopfte es plötzlich an der Tür
„Ja?“
„Ryuzaki.“ murmelte eine sanfte Stimme.
„Was gibt es, Watari?“ fragte der junge Detektiv etwas heiser.
„Du übernimmst dich. Du musst an deine körperlichen Grenzen denken.“ erklärte der Erfinder bestimmt.
„Verbrechen kennt auch keine Grenzen.“ bemerkte L leise.
„Du schon.“ kam es streng zurück.L dachte nach…Grenzen. Natürlich! Ein Limit! Das war es! Er durfte sich nicht mehr mit den kleinen unbedeutenden Fällen befassen. Er brauchte eine Grenze…
Mindestens zehn Todesopfer…oder eine Million Schaden! Ja, das würde passen.
„Danke, Watari.“ sagte er mit einem zufriedenen Lächeln und wandte sich anschließend wieder den Monitoren zu. Jetzt würde es hoffentlich wieder etwas anspruchsvoller werden!…
‚So ist das nicht gemeint gewesen‘ dachte Watari resigniert, als er die langen hell erleuchteten Flure entlangschritt und auf Rogers Büro zuging.
„Roger?“
„Watari.“ kam es überrascht zurück.
„Ich muss für eine Weile verreisen.“ kam der Erfinder sofort auf den Punkt.
„Sorg bitte dafür, dass die Kinder fleißig lernen und Mello Near nicht umbringt…“
„Wohin geht es diesmal?“ erkundigte Roger sich.
„Wie du weißt habe ich mehrere Waisenhäuser finanziert und meine Erfindungen wurden in letzter Zeit ebenfalls stark vernachlässigt. In Paris findet außerdem demnächst ein wichtiges geschäftliches Treffen statt. Es könnte längere Zeit in Anspruch nehmen. Ach ja, und L wird mich begleiten.“
Roger verschluckte sich beinahe an seinem Ingwertee.
„Was?! Wieso?“
„Weil er das Grundstück nie verlässt und außerdem noch kaum etwas von der Welt gesehen hat. Wozu spricht er so viele Fremdsprachen, wenn er nie die Möglichkeit hat, diese anzuwenden?“
„So gesehen…aber was ist mit den anderen Kindern. Sie werden eifersüchtig sein.“ gab der Verwalter zu bedenken.
„Mag sein, aber sie werden es überstehen.“ winkte Wammy ab.
„Um sie mache ich mir dabei auch keine Sorgen.“ kam es düster zurück. Watari runzelte die Stirn.
„Nun ja, L wird damit zurechtkommen. Und Frankreich wird ihm sicher gefallen…immerhin ist er zu einem Teil Franzose.“
„Du bist der Boss.“ seufzte Roger schicksalsergeben und erhob sich dann ächzend.
„Bis bald, alter Freund.“ Die beiden umarmten sich flüchtig und Watari marschierte wieder zu L und Beyonds Zimmer, dass dieser sich in Zukunft mit A teilen würde.
…L spürte zum ersten Mal seit langem wieder so etwas wie Vorfreude. Auch wenn ihm der Großteil der Waisen giftige und unverhohlen eifersüchtige Blicke hinterherwarfen, ging er für seine Verhältnisse kerzengerade und mit hoch erhobenem Kopf auf die schwarze Limousine zu, die vor dem steinernen Gebäude parkte. Plötzlich wurde er herumgerissen und starrte in zwei wütende rot blitzende Augen, die ihn anstarrten wie eine potentielle Mahlzeit.
„DU!“ fauchte B und stupste seinen Freund mit einem Finger in die Seite.
„B…Ich…“
„Spar dir deine Entschuldigungen! Wieso hast du dich nicht von mir und A verabschiedet!“ keifte der Elfjährige ungehalten.
„Ich wollte es nicht noch schwerer machen…“ entschuldigte L sich und tätschelte seinem Adoptivbruder liebevoll den Kopf. Der tränenreiche Abschied von Madigan hatte ihm schon gereicht, so etwas konnte er nicht noch einmal mitansehen. Es war doch nicht für immer, verdammt!
„Du wirst mir fehlen…und A genauso.“ gab er dann zu, während wie auf ein Stichwort A auf ihn zuraste und ihn stürmisch in die Arme schloss. Linda stand ebenfalls neben ihren Freunden und winkte dem jungen Detektiv zum Abschied zu. Sogar Mello und Near verabschiedeten sich kurz respektvoll. Wahrscheinlich waren die zwei die einzigen, die ihn nicht für einen totalen Freak hielten, oder sie waren irgendwie Ls wahrer Identität auf die Schliche gekommen.‚Also gibt es Leute, denen es etwas ausmacht, wenn ich gehe…‘ dachte L erfreut. Nachdem er es geschafft hatte, sein Bein von dem klammernden B zu befreien, kletterte er auf den Rücksitz der Limousine und kauerte sich in seiner üblichen Sitzposition hin, wobei das Anschnallen sich allerdings als eher kompliziert herausstellte. Als der Wuschelkopf schließlich noch einmal den Kopf aus dem Fenster streckte, um A, B, Linda, Near, Madigan und Mello zuzuwinken, traf ihn unerwartet ein scharfkantiger Gegenstand an der Schläfe, der ihn nach hinten umwarf. Ein stechender Schmerz tobte augenblicklich durch seinen Schädel und er hatte Mühe, sich wieder aufzusetzen.Ein lautes „Getroffen!“ schallte ihm von draußen entgegen.
‚So viel dazu…‘ dachte er bitter. Der junge Detektiv kramte den spitzen Stein unter dem Sitz hervor und warf ihn achtlos aus der Limousine, während Watari ihm ein Tuch reichte, mit dem er sich das Blut von der aufgeplatzten Haut an seiner Stirn tupfte.Das Auto setzte sich in Bewegung und L wurde schwindelig.
„Scheiß Stein…“ grummelte der Jugendliche beleidigt, während das Blut aus der Wunde weiterhin in das Tuch einsickerte und dieses rot färbte. L stellte sich gerade vor, wie Beyond denjenigen, der den Stein geworfen hatte, mit Marmelade einschmierte und anschließend einen passenden Ameisenhaufen suchte, was mit 99%iger Wahrscheinlichkeit auch passiert war.
,Und die Leute halten MICH für verrückt…‘Geradezu gierig saugte er jedes Detail der ungewohnten Umgebung auf wie ein Schwamm und prägte sich wichtige Landschaftsmerkmale genau ein. Nach einiger Zeit erreichten die beiden den Flughafen und Ls Herz setzte erneut vor Aufregung einen Schlag aus.
„Wir werden dir noch neue Anziehsachen besorgen müssen…“ kam es gerade von Watari, der seinen Schützling aufmerksam im Rückspiegel beobachtete. Der betagte Erfinder konnte ihm ansehen, wie nervös er war, obwohl jede andere Person nur mäßiges Interesse aus seinem Blick hätte lesen können.
„Weshalb?“ murmelte L abwesend.
„Wir werden uns auch in der Öffentlichkeit aufhalten und ich will vermeiden, dass du irgendwie auffällst oder dich unangemessen verhältst.“ erklärte Quillish.
„Also das komplette Gegenteil von dem, was ich jetzt tue?“ fragte Lawliet ihn mit einem schwachen Lächeln.
„Ja, in etwa.“ kam es kühl zurück. L war klar, dass Watari seine Art sich zu kleiden, sowie seine Gewohnheit, jeden Arbeitsplatz in absolutes Chaos zu verwandeln, nicht gerade wertschätzte. Trotzdem war er etwas beleidigt.
„Na schön, dann kaufen wir eben diese Klamotten.“ schmollte der junge Detektiv und Watari hielt schmunzelnd den Wagen an.
„Hier lang, dein Gepäck holen wir später.“ ordnete er an und L folgte ihm etwas widerwillig. Er spürte irgendwie, dass dieser Tag noch anstrengend werden würde…...
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L's Geschichte (Death Note)
FanfictionIn dieser Geschichte geht es um die Vergangenheit von "L. Lawliet". Ich hoffe es gefällt euch.