„Dürfte ich Ihnen ihr Gepäck abnehmen, Sir?“L brauchte ganze zwei Sekunden, bevor er registrierte, dass mit dieser Frage er selbst gemeint war.
„Ja, bitte. Vielen Dank.“ brachte er schließlich etwas überrascht hervor und händigte dem übertrieben edel aussehenden Hotelangestellten seine Reisetasche (oder was davon nach dem Pudelangriff noch übrig war) aus. Dieser musterte das zerfetzte Gepäcksstück kurz mit gerunzelter Stirn, fixierte es aber ohne ein weiteres Wort an einem Gepäckwagen. Watari wurde ebenfalls von seiner beträchtlichen Last befreit und begab sich anschließend zusammen mit L zur Rezeption.Der junge Detektiv sah sich staunend in der Eingangshalle des Hotels um. Sie bestand aus einer gigantischen Glaskuppel mit mehreren großen runden Lampen, die an langen Drähten von der Decke hingen. Der Rest des Raumes war relativ leer und in schlichten Farben gehalten, nur vereinzelte Möbelkonfigurationen baten einige Sitzgelegenheiten an. Ein geschwungener Tresen mit mehreren Angestellten und zahlreichen Computern stellte offenbar die Rezeption dar, wie L herausfand.Seine Aufmerksamkeit wurde unwillkürlich von einem der golden gefärbten Gepäckwägen auf sich gelenkt und er musste sich wirklich zusammenreißen, nicht mit einem davon durch die Gegend zu fahren und ‚Wuhuuu‘ zu schreien.
Nachdem Watari eingecheckt hatte, begaben sie sich zu einem Fahrstuhl, der für L ebenfalls völlig unbekannt war. Er klammerte sich die ganze Fahrt lang an einer der Haltestangen fest und taumelte beim Aussteigen gegen seinen Mentor, der ihm einen warnenden Blick zuwarf, da der Hotelangestellte ebenfalls mit dem Gepäck zusammen bei ihnen im Abteil stand.Schließlich standen sie endlich vor ihrer Zimmertür. Nummer 405. Nachdem der Angestellte die Tür aufgeschlossen hatte, traten Watari und L in die reservierte Suite. Lawliet fielen beinahe die Augen aus dem Kopf.Ein riesiger offen gestalteter Raum mit zwei abgegrenzten Schlafzimmern und zwei kleinen Bädern in hellen Farbtönen erwartete die Gäste. Die Möbel waren von edel aussehenden gold-beigen Stoffen bezogen und die ausgedehnte Glasfront wurde von schweren samtenen Vorhängen verdeckt. Inmitten jedes Schlafzimmers stand ein King-Size Bett, sowie ein ausklappbarer Flachbildfernseher und ein Schreibtisch aus hübschem hellem Holz. Das Zentrum des luxuriösen Raumes stellte eine überdimensionale Couch mit unzähligen Kissen und einem kleinen Beistelltisch dar, auf dem sich ein Tablett mit Obst und einer Flasche Sekt befand.
Nachdem der Angestellte sich höflich verabschiedet hatte, packte Watari schon einmal den Großteil des Gepäcks aus, während L immer noch die Möbel und die atemberaubende Aussicht über Paris bewunderte.
„Watari?“ fragte er schließlich.
„Nenn mich in der Öffentlichkeit bitte von nun an Quillish.“ kam es gedämpft aus einem der Schlafzimmer, in dem der alte Erfinder gerade die Einkaufstüten sortierte.
„Was genau bezahlte ich für eine Nacht in dieser Einrichtung?“ erkundigte L sich misstrauisch.
„Genieß es, solange es geht.“ war die vielsagende Antwort und Lawliet begann ungeniert, die Minibar zu leeren. Dann würde das die Rechnung auch nicht mehr dramatisch beeinflussen...„Ryuzaki? Zieh dich bitte um, wir müssen heute Abend auf einer wichtigen Veranstaltung erscheinen.“ rief der Ältere nach einer Weile aus dem Nebenzimmer. L verschluckte sich beinahe an einem soeben angeknabberten Müsliriegel und hustete einige Minuten unkontrolliert, bevor er ungläubig zurückrief:
„Heute schon?!“„Beeil dich, wir können uns keine Verspätung leisten und es wird eine ganze Weile dauern bis wir dich halbwegs gesellschaftstauglich hergerichtet haben.“ erwiderte der betagte Erfinder kurz angebunden.
„Vielen Dank auch.“ murrte L bitter und raufte sich die zerzauste Mähne. Zugegeben, gesellschaftstauglich sah er wirklich nicht aus.…
Als der junge Detektiv nach etwa fünf Minuten wieder aus dem Badezimmer heraustrat, musste Watari sich ein Lachen verkneifen. Theoretisch würde der Anzug perfekt passen. Er hat die richtige Länge und ist weder zu eng, noch zu locker. Ryuzaki aber hatte das Hemd völlig verzerrt zugeknöpft und dieses hing auch noch halb aus der dunklen Hose. L würgte aufgrund der viel zu engen Krawatte um seinen Hals und versuchte krampfhaft, diese zu lockern ohne sich dabei selbst zu strangulieren.„Ich helfe dir.“ bot der Erfinder schmunzelnd an und L warf ihm einen tödlichen Blick zu, der in etwas bedeutete ‚Warum tust du mir das eigentlich an!? ‘
Nach einigen Minuten saß der Anzug geradezu perfekt, obwohl er etwas zu locker an dem dünnen Detektiv herunterhing. Watari war ziemlich sicher, dass der Wuschelkopf das ganz passabel alleine hingekriegt hätte und sich nur vor der Veranstaltung hatte drücken wollen.Das mit dem Krawattenknoten war allerdings etwas anderes, aber bald war auch diese an ihrem Platz und Lawliet sah überraschend gut in den neuen Sachen aus.
„Deine Haare.“ bemerkte Wammy stirnrunzelnd.
„Was ist damit?“ erkundigte L sich alarmiert und trat bereits einen Schritt zurück.„Sie sind nicht das, was man als gepflegt bezeichnen würde.“ erklärte Quillish. L heulte gequält, wehrte sich allerdings nicht, als sein Vormund ihn ins Badezimmer zog und mit etwas Haargel die Frisur des Schwarzhaarigen in eine akzeptable Form brachte.„War’s das?“ schnauzte der junge Detektiv missmutig.
„Nicht ganz, du brauchst noch Socken und Schuhe.“
„Ich kann über den Aspekt mit den Schuhen nachdenken, aber das Tragen von Socken ist in meinen Augen keineswegs notwendig.“
„Du kannst dich noch den ganzen Tag wie ein Uniprofessor rausreden, an der Tatsache, dass du Socken tragen wirst, ändert das nicht das Geringste.“Wenig später gingen ein sichtlich schlecht gelaunter Meisterdetektiv, sowie ein formell gekleideter Erfinder und Waisenhausleiter in Richtung der Rezeptionshalle.
„Ryuzaki, ich würde es sehr begrüßen, wenn du deine Körperhaltung etwas verbessern könntest.“ kam es von Watari.
„Und ich würde es sehr begrüßen, etwas Kuchen zu meiner freien Verfügeng zu haben, aber das Leben ist grausam und ungerecht.“ murmelte L mit belegter Stimme und starrte traurig an die hohe Decke. Quillish verspürte den hartnäckigen Drang, sich mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen.
„Ach ja, und du wirst den restlichen Abend auf deinem Hintern sitzend verbringen. Ich habe weder die Zeit noch die Geduld, dich ständig zu ermahnen, also benimm dich einmal in deinem Leben nicht wie ein Kleinkind, sondern wie eine halbwegs angepasste Persönlichkeit.“ wies der alte Mann seinen Schützling bestimmt an.
„Ich muss so sitzen, Quillish. Wenn nicht dann sinkt meine Fähigkeit logische Schlussfolgerungen…“
„Wenn du nicht normal sitzt, wirst du deine logischen Fähigkeiten durch einen Schlag mit meinem Gehstock verlieren!“ zischte Watari sichtlich angespannt.
„Du hast einen Gehstock?“ fragte der schwarzhaarige Sturkopf neugierig.
„Warum habe ich dich noch gleich mitgenommen?“ seufzte der Ältere.
„Das frage ich mich auch!“ kam es bissig zurück und die beiden schwiegen eine Weile.Als sie den Speisesaal des Hotel betraten, empfing sie eine hell erleuchtete Halle voller edel gekleideter Gäste und einigen eilig herumwuselnden Kellnern mit Tabletts, sowie einer großen Tanzfläche in der Mitte des offenen Raumes und mehreren langen Tischen. Alles war in goldenes Licht getaucht und etwas klassische Musik hallte durch den hübsch dekorierten Saal.L schluckte schwer und selbst Watari wurde etwas nervös, immerhin traf er hier einige seiner wichtigsten Geschäftspartner. Das konnte ja noch heiter werden!
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L's Geschichte (Death Note)
FanfictionIn dieser Geschichte geht es um die Vergangenheit von "L. Lawliet". Ich hoffe es gefällt euch.