Einatmen…ausatmen…tief einatmen…ausatmen…‘, dachte L während er genau das ausführte. Er stand auf einer großen Rasenfläche vor einem einschüchternd wirkenden steinernen Gebäude mit großen bunten Glasfenstern und wartete auf Watari. Der eisige Wind zerzauste seine widerspenstigen Haare nur noch mehr und er umklammerte fest den dunkelblauen Wollschal, den sein neuer Vormund ihm freundlicherweise um die schmalen Schultern gelegt hatte. Es fiel ihm verdammt schwer, seine Nervosität zu verbergen und außerdem hatte der Junge etwas Angst vor diesem Tag. Dennoch wanderte sein Blick neugierig durch die Gegend.
Eine riesige Eiche mit einer Schaukel, die auf einem tiefer gelegenen Ast hing und leicht hin und her schwang, zog Ls Aufmerksamkeit auf sich. Aus der Entfernung konnte Lawliet nur vage die magere Gestalt auf der Schaukel erkennen.Es war ein Mädchen, einige Jahre älter als L selbst. Sie hatte gelockte dunkelrote Haare und war zierlich gebaut. Ihr dürrer Körper wurde nur von einem viel zu großen ebenfalls tiefrotem T-Shirt umhüllt und sie war barfuß. Eigentlich war sie sehr hübsch, wie der Schwarzhaarige feststellte, aber ihre Augen waren von einer schwarzen Augenbinde verdeckt. Musste sie nicht furchtbar frieren?
Neugierig schlich L auf die Fremde zu, bis er einige Meter entfernt anhielt und sie aufmerksam musterte.
„Ich weiß, dass du da bist.“, erklang plötzlich eine helle Stimme und L erstarrte vor Schreck.
„Wie kannst du mich denn sehen?“, fragte er sie vorsichtig. Das Mädchen reagierte zuerst gar nicht, dann stieß sie ein gurgelndes Kichern aus.
„Ich muss dich nicht sehen, Idiot. Ich kann dich hören.“ Erstaunt hob L eine Augenbraue.
„Wieso sind deine Augen verbunden?“
„Das willst du nicht wissen.“, erwiderte sie kühl und L lief es eiskalt den Rücken hinunter. Dieses Mädchen hatte eine ziemlich beunruhigende Ausstrahlung, aber seine Neugier war wie immer stärker.
„Ich will es wissen!“, murmelte er beleidigt und ging noch zwei Schritte auf das Mädchen zu. Diese erhob sich langsam und ihre bloßen Zehen gruben sich in den kalten Erdboden.
„Ist dir nicht kalt?“, fragte er und ignorierte die Tatsache, dass er ebenfalls seine Schuhe am Eingangstor abgestreift hatte. Die Dinger waren einfach unbequem!Das Mädchen lachte wieder bitter, dann schüttelte sie den Kopf und ihre roten Locken wirbelten um ihr schmales blasses Gesicht.
„Wie heißt du?“, erkundigte er sich.
„Du fragst zu viel, Kleiner.“, entgegnete sie scharf.
„Das hör ich oft...Ich bin L.“
„Schön für dich.“
„Jetzt musst du mir deinen Namen sagen.“, half er nach.
„Ich muss nichts, außer sterben, und das hat noch Zeit.“, kam es bissig zurück.
„Ich wohne von heute an hier. Weißt du ob die anderen Kinder nett sind?“
„Teils teils.“, erwiderte sie, nun wieder lächelnd. L fand sie ziemlich komisch, aber neugierig war er trotzdem, also fragte er die Rothaarige weiter aus.
„Warum trägst du die Augenbinde?“
„Hatten wir das nicht schon…? Na gut, da du offenbar nicht gewillt bist, mich in Ruhe zu lassen.“ Sie zuckte mit den schmalen Schultern und grinste dann wieder.
„Ich bin Akane, dreizehn Jahre alt und Waise. Zu einem Viertel bin ich Engländerin, stamme aber eigentlich aus Japan. Ich bin hier, weil meine Mutter es für nötig hielt, meinen verdammten Vater in London zu besuchen und dann bei einem scheiß Flugzeugabsturz abzukratzen. Ich habe überlebt…mehr oder weniger.“ Ls Augen weiteten sich und er blinzelte.
„F…Flugzeug?“, wiederholte er fragend. Akane seufzte schwer.
„Mann, bist du in nem Loch aufgewachsen oder was?“
„So ähnlich…“
„Du bist ja echt merkwürdig.“, meinte sie dann einfach. ‚Das sagt die Richtige‘, dachte L, schwieg aber.Bedächtig setzte das Mädchen einen Fuß vor den anderen und kam dann direkt vor dem Jungen zu stehen.
„Du willst wissen, was unter der Augenbinde ist…?“, gurrte sie und beugte sich noch weiter vor. L erschauderte und wich instinktiv zurück, als Akane jäh das schwarze Tuch von ihrem Gesicht riss.Ihre Augen bestanden nur aus zwei leeren Höhlen und ihre linke Schläfe war von einer hässlichen Narbe bedeckt. L schrie entsetzt auf und Akane stieß ein gellendes Lachen aus. Der Schwarzhaarige fiel nach hinten und starrte wie betäubt ins entstellte Gesicht des Mädchens. Hastig rappelte er sich auf und rannte fluchtartig in Richtung Tor.
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L's Geschichte (Death Note)
Fiksi PenggemarIn dieser Geschichte geht es um die Vergangenheit von "L. Lawliet". Ich hoffe es gefällt euch.