Kapitel 24. Kalt

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„Ryuzaki! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, allein und ohne Handy wegzufahren!“ schimpfte Watari den bis vor kurzem noch an der Schwelle des Todes stehenden L.
„Ich konnte ja nicht ahnen, dass mir jemand den Lungenflügel perforiert.“ murmelte dieser etwas eingeschnappt. „Außerdem habe ich dir gesagt, wohin ich gehe.“
„Von einem dreistündigen Spaziergang war niemals die Rede! Wie konnten die dich eigentlich finden?“ fragte Quillish aufgebracht.L hustete nur als Antwort, wobei sein ganzer Körper sich vor Schmerzen zusammenkrampfte und er hektisch nach Luft schnappte.

„Das tut so verdammt weh…“ brachte der junge Detektiv zwischen den einzelnen Hustenanfällen hervor und er schüttelte sich, als könnte das die Qualen irgendwie lindern.
„Wenn du deine Schuhe angezogen hättest, hätte ich dich wenigstens orten können! Jetzt musste ich erst halb Winchester abfahren!“ zeterte der alte Mann weiter und L erstarrte.
„Du hast meine Schuhe mit einem Sender ausgestattet!? Kein Wunder, dass ich die Dinger immer so unbequem finde!“
„Reine Vorsichtsmaßnahme.“ erwiderte Watari kurz angebunden und L verdrehte die Augen. Dann konzentrierte er sich aber wieder aufs Wesentliche und erklärte:
„Einer der Männer hat einen gewissen Coil erwähnt und dass er diesem das Geld bald überweisen müsse.“

Watari runzelte die Stirn und schien angestrengt zu überlegen.
„Coil…doch nicht etwa Erald Coil? Das ist einer der besten Detektive der Welt.“
„Nun, sieht so aus als wollte er seine Konkurrenz aus dem Weg räumen…“ murmelte Lawliet mit einem schwachen Lächeln. 
„Aber er hat mich wohl unterschätzt. Nur zwei Männer auf Motorrädern zu schicken, zeugt nicht unbedingt von herausragenden geistigen Fähigkeiten. Meine Schlussfolgerung lautete: Erald Coil wurde von einer Bande Straßengangster dazu angestiftet, meinen Aufenthaltsort herauszufinden, hatte aber nichts mit der versuchten  Entführung selbst zu tun. Ich habe aber dennoch Bedenken, was die Sicherheit von Wammy’s House betrifft. Ich muss mich bei Gelegenheit mit diesem Coil unterhalten, oder er wird noch dafür sorgen, dass ich vorzeitig ins Gras beiße.“
„Du wirst nicht umsonst als bester Detektiv bezeichnet, aber du wirst dich erst mit Coil unterhalten, wenn du nicht mehr alle zwei Stunden künstlich beatmet werden musst!“ wies sein Mentor ihn streng an.

L schnaubte und ließ sich frustriert zurück in die Kissen des Krankenhausbettes fallen. Wie er es hasste, abhängig und eingeschränkt zu werden! Er konnte ja nicht einmal richtig sprechen, sondern nur dieses heisere Krächzen hervorwürgen, das sich alles andere als gesund anhörte. Fast sehnte er sich nach ein paar beruhigenden Worten von Madigan, aber die hielt im Wammy’s die Stellung.
„Du solltest meinen Ausweis auftreiben, Watari. Ich habe keine Lust auf Probleme mit der Polizei.“ bemerkte der Detektiv und zuckte bei dem Versuch, nach der dampfenden Tasse auf dem Nachtisch zu greifen, vor Schmerz zusammen. Seine Vaterfigur wandte sich bereits der Tür zu um Ls Anweisungen Folge zu leisten. Plötzlich fiel dem Schwarzhaarigen noch ein weiteres Thema ein, dass er dringend loswerden musste.

„Watari?“
„Ja, Ryuzaki?“
„Stört es dich…wenn ich noch kurz mit dir rede?“ fragte L zögernd. Sein Tonfall hatte sich von selbstsicher und genervt zu betrübt und resigniert verändert, was von dem alten Engländer natürlich nicht unbemerkt blieb.
„Was ist denn los?“ erkundigte Wammy sich sofort.
„Ich…ich habe mit Nina Silver gesprochen und…sie kannte meine Mutter.“ begann er langsam und suchte nach den richtigen Worten. 
„Sie ist vor sechzehn Jahren bei meiner Geburt verblutet.“ stieß er dann hervor. Seine bleichen Hände umklammerten das Bettlaken fester und er ignorierte das verräterische Brennen in seinen Augenwinkeln.
„Es ist meine Schuld, dass sie tot ist.“ fügte er dann etwas zittrig hinzu.Watari runzelte ungläubig die Stirn.
„Was redest du da für einen Unsinn, Ryuzaki! Keiner ist an so etwas schuld!“ versuchte er den Jugendlichen zu überzeugen. L stieß nur einen leisen Seufzer aus und senkte niedergeschlagen den Blick.

L's Geschichte (Death Note) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt